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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht. Sein Blick glitt über das Fenster, das sich unmittelbar neben Buchanans Gesicht befand. Er sah jetzt, dass es den Schuss doch nicht gänzlich unbeschadet überstanden hatte: In dem gut fingerdicken Glas war ein haarfeiner Riss erschienen. Noch während er hinsah, wurde er länger und begann dünne Verästelungen zu entwickeln. Ein paar Tropfen einer zähen, schwach leuchtenden grünen Flüssigkeit quollen heraus und liefen am Glas hinab.
    »Nein, das wissen Sie nicht!«, fuhr Buchanan erregt fort. Seine Stimme zitterte immer stärker, doch das Gewehr in seinen Händen bewegte sich keinen Millimeter. »Sie hätten beinahe etwas zerstört, das älter als die gesamte Menschheit ist und tausendmal wertvoller! Und nur, weil Sie zu dumm sind, es zu verstehen!«
    »Dann erklären Sie es mir«, sagte Coppelstone nervös. Der Riss im Glas war breiter geworden. Die wenigen Tropfen hatten sich zu einem beständigen Rieseln entwickelt, das dicht neben Buchanans Schulter an der Wand hinablief. Er bemühte sich, nicht zu auffällig hinzusehen, damit Buchanan nicht aufmerksam wurde. Wenn der Sheriff nur einmal nach oben blickte, war alles aus.
    Dann bemerkte er noch etwas: Aus der Tiefe des grün leuchtenden Ozeans näherte sich eine bleiche, schlängelnde Gestalt. In Farbe und Größe glich sie den meisten anderen Wurmkreaturen, aber sie hatte Arme, Beine und ein Gesicht mit einem einzelnen, verzweifelten Auge.
    Er musste wohl doch auffälliger hingesehen haben, als er meinte, denn Buchanan runzelte plötzlich die Stirn, wandte den Kopf und machte ein überraschtes Gesicht. Morrison verschwand blitzartig; so schnell, dass Coppelstone nicht einmal sicher war, ob Buchanan ihn überhaupt gesehen hatte.
    »Na, so was!«, sagte Buchanan. Er streckte die linke Hand aus, wie um das Glas zu berühren, tat es aber dann doch nicht. Seine andere Hand hielt noch immer das Gewehr, und es zielte weiter unverrückbar auf Coppelstones Gesicht.
    »Kein schlechter Versuch«, sagte er anerkennend. »Der Reverend hatte recht: Sie sind ein gefährlicher Mann, Mister Coppelstone. Aber ich muss Sie enttäuschen: Dieses Glas hält eine Menge mehr aus als einen Gewehrschuss. Wir werden es später reparieren. Und jetzt …«
    Aus der Tiefe des Tanks schoss ein weißer Blitz heran. Morrison bewegte sich so schnell, dass Coppelstone ihn tatsächlich nur noch als verschwommenen Schemen erkennen konnte, und prallte mit solcher Wucht gegen das Glas, dass ihm der Zusammenstoß auf der Stelle den Schädel zertrümmern musste.
    Das Glas zerbrach nicht unter dem Anprall, doch der Riss wurde breiter, und ein feiner Sprühregen der ätzenden Flüssigkeit schoss heraus und traf Buchanans Gesicht. Buchanan schrie auf, ließ sein Gewehr fallen und taumelte einen halben Schritt zur Seite. Sein linker Fuß stieß ins Leere. Er schrie erneut und noch lauter, ruderte eine halbe Sekunde lang verzweifelt mit den Armen und kippte dann rücklings ins Leere. Einen Moment später hörten seine Schreie mit dem Geräusch eines dumpfen Aufpralls auf.
    Coppelstone sah schaudernd in die Tiefe, konnte aber nichts erkennen. Reeves und die anderen mussten die Flammen nahezu erstickt haben, denn der Feuerschein wurde immer schwächer; er erkannte nur Schwärze unter sich. Langsam wandte er sich wieder dem Fenster zu und versuchte irgendetwas dahinter auszumachen. Er sah aber nur treibende grüne Schlieren. Von Morrison war nichts mehr zu sehen. Er musste tot sein. Coppelstone betete , dass er tot war.
    Der Riss im Glas war nicht breiter geworden, doch der feine Sprühregen hatte sich zu einem doppelt fingerdicken Sturzbach entwickelt, der sich zischend in die Tiefe ergoss. Coppelstone überlegte einen Moment, ob er die Scheibe vollends einschlagen sollte, entschied sich aber fast sofort dagegen. Er hatte kein geeignetes Werkzeug, und ein solcher Versuch würde ihn nur aufhalten, ohne ernst zu nehmenden Schaden anzurichten. Er bildete sich keine Sekunde ein, Reeves mit einer eingeschlagenen Fensterscheibe aufhalten zu können. So rasch er konnte, eilte er hinab. Er erreichte das Ende der Treppe unbehelligt, musste aber mit einem vorsichtigen Schritt über die brodelnde Pfütze hinwegtreten, die sich mittlerweile dort angesammelt hatte.
    Und er sah sich beinahe augenblicklich mit dem nächsten Problem konfrontiert. Der Lärm und die Schüsse mussten gehört worden sein, denn er vernahm aufgeregte Stimmen, die draußen vor dem Silo durcheinanderriefen und -schrien, und jemand

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