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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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sich gefragt, ob…
    Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen; er hatte seine Arbeit zu erledigen. Er führte den mit großen Augen staunenden Jungen langsam durch die glänzenden Korridore der Brücke. »Fürs erste ist es genug, wenn du eine grobe Vorstellung von der Aufteilung der Räumlichkeiten bekommst«, sagte er. »Die Brücke ist ein hundert Meter langer Zylinder. Dieser Korridor verläuft mittschiffs um die Brücke. Das Innere ist in drei Räume aufgeteilt – eine große Kammer in der Mitte und zwei kleinere Kammern an den Enden. Wir vermuten, daß die beiden letzteren früher einmal Steuerstände gewesen sind, vielleicht auch Lagerräume; wie du siehst, scheint die Brücke ein Teil des ursprünglichen Schiffes gewesen zu sein…«
    Sie kamen zu einer der beiden kleinen Kammern, die mit Büchern, Papierstapeln und Gegenständen vielerlei Größe und Gestalt vollgepackt war. Zwei Wissenschaftler saßen da, konzentriert vornübergebeugt und eingehüllt in Staub. Nead sah Rees aus klaren braunen Augen an. »Wie wird dieser Raum jetzt genutzt?«
    »Das ist die Bücherei«, sagte Rees leise. »Die Brücke ist der sicherste Ort auf dem Floß, am besten geschützt gegen die Witterung und Unfälle; deshalb bewahren wir unsere Aufzeichnungen hier auf. Wir archivieren so viele, wie wir können: Ein Exemplar jedes wichtigen Werkes und einige der mysteriöseren Erbstücke aus der Vergangenheit…«
    Sie gingen weiter den Korridor entlang und kamen zu einer flachen, in den Fußboden eingelassenen Treppe. Dann stiegen sie zu einer in die innere Wand eingelassenen Tür hinab, die zur Zentrale der Brücke führte. Rees wollte den Jungen zunächst ermahnen, vorsichtig zu gehen – entschied sich dann aber mit einem Anflug bösartigen Humors, es nicht zu tun.
    Nead machte vier oder fünf Schritte nach unten – und kippte dann mit rudernden Armen nach vorn. Er fiel jedoch nicht um, sondern hüpfte statt dessen wie ein Ping-Pong-Ball den Treppenschacht hinunter und schlug einen langsamen Purzelbaum. Es war, als wäre er in eine unsichtbare Flüssigkeit gefallen.
    Rees grinste breit.
    Nead tastete keuchend nach der Wand. Mit gegen das Metall gepreßten Handflächen rappelte er sich auf und kletterte wieder die Treppe herauf.
    »Bei den Boneys«, fluchte er, »was ist das da unten?«
    »Keine Angst, es ist harmlos«, sagte Rees. »Mich hat’s beim erstenmal auch erwischt. Nead, du bist jetzt ein Wissenschaftler. Denk darüber nach. Was ist geschehen, als du diese Stufen hinuntergestiegen bist?«
    Der Junge starrte ihn entgeistert an.
    Rees seufzte. »Du hast doch die Ebene des Decks durchquert, nicht wahr? Das Metall des Decks ist für die Schwerkraft auf dem Floß verantwortlich. Also gibt es hier, im Zentrum des Floßes – und überhaupt auf seiner Mittelebene – keine Schwerkraft. Verstehst du? Du bist in eine Zone der Schwerelosigkeit geraten.«
    Nead sperrte den Mund auf – dann schloß er ihn wieder und schaute verwirrt drein.
    »Du wirst dich daran gewöhnen«, sagte Rees beiläufig. »Und vielleicht wirst du es mit der Zeit sogar verstehen. Komm weiter.«
    Er führte den Jungen durch die Tür in die mittlere Kammer und spürte Befriedigung, als er Nead nach Luft schnappen hörte.
    Sie betraten einen etwa fünfzig Meter durchmessenden Raum. Der Boden war überwiegend durchsichtig, ein großes Fenster, das einen schwindelerregenden Blick in die Tiefen des Nebels eröffnete. Übermannsgroße, schmale Maschinen waren um das Fenster gruppiert. Für Neads ungeschulten Blick, dachte Rees, mußten sich die Maschinen ausnehmen wie riesige, unwirkliche Insekten, die mit Linsen und Antennen besetzt waren und in den endlosen Weltraum hineinspähten. In dem Raum roch es unverkennbar nach Ozon und Schmieröl; sanft summten Servomotoren.
    In dieser Schicht arbeiteten vielleicht ein Dutzend Wissenschaftler in der mittleren Kammer; sie gingen zwischen den Maschinen hin und her, regelten sie nach und machten sich Notizen. Und da die Oberfläche des Floßes ungefähr in Hüfthöhe über dem gläsernen Boden verlief, schaukelten die Wissenschaftler in der Luft wie Boote in einem unsichtbaren Teich, wobei ihre Schwerpunkte sich für jeweils zwei, drei Sekunden über respektive unter der Zone der Schwerelosigkeit befanden. Rees, der die Szene so betrachtete, als sähe er sie zum erstenmal, mußte wieder ein Grinsen unterdrücken. Ein kleiner, rundlicher Mann hatte sich eben, als sei es völlig normal, auf den Kopf

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