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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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drein.
    »…ich meine, die letzten tausend Schichten.« Und das stimmte; Rees konnte die ständigen Sticheleien, Witze und Sadismen, mit denen Doav und seinesgleichen ihn während der Arbeitszeit ärgerten, durchaus ertragen… aber trotzdem wäre er liebend gerne davon verschont geblieben. Und seit dem Zwischenfall im Theater war ihm bewußt, daß ein Verhalten, wie Doav es an den Tag legte, viel Schmerz und Leiden auf dem Floß verursachte; und vielleicht noch viel mehr verursachen würde.
    Der Synthowein war jetzt wie Blut, der ihm zu Kopf stieg.
    »Kadett, wenn wir etwas zu regeln haben…«
    Doav fixierte ihn mit einem verächtlichen Blick. »Nicht hier. Aber bald. O ja, sehr bald sogar.« Er wandte sich ab und verschwand in der Menge.
    Jaen packte Rees’ Arm, so hart, daß er zurückzuckte. »Mußt du aus jedem kleinen Zwischenfall einen großen Auftritt machen? Komm, laß uns einen trinken.« Sie stapfte auf die Bar zu.
    »Hallo, Rees.«
    Rees blieb stehen und ließ Jaen vor sich in die Menge eintauchen, die die Bar belagerte. Ein schlaksiger junger Mann mit pomadigen Haaren stand vor ihm. Er trug die schwarzen Schulterstücke eines Mitarbeiters des Infrastrukturbereichs und sah Rees mit kalter Abschätzigkeit an.
    Rees stöhnte. »Gover, ich glaube, diese Schicht ist wirklich nicht eine von meinen besten.«
    »Was?«
    »Schon gut. Ich hatte dich zuletzt kurz nach meiner Ankunft gesehen.«
    »Ja, das ist aber auch nicht sehr verwunderlich.« Gover schlug mit der Hand leicht auf Rees’ Schulterstücke. »Wir verkehren nämlich in verschiedenen Kreisen, nicht wahr?«
    Rees, der noch durch den Zwischenfall mit Doav auf hundertachtzig war, betrachtete Gover so gelassen wie eben möglich. Da waren immer noch dieselben scharfen Züge, der verdrossene, grimmige Blick – aber Gover wirkte jetzt gefestigter und selbstsicherer als früher.
    »Machst du also noch immer den Knecht für diese alten Knacker in den Labors, was?«
    »Auf so etwas antworte ich nicht, Gover.«
    »Ach nein?« Gover rieb mit dem Handrücken über die Nasenlöcher. »Als ich dich in dieser Spielzeuguniform gesehen habe, habe ich mich gefragt, wie du dich jetzt wohl fühlst. Ich wette, du hast per Saldo nicht einmal eine Schicht gearbeitet – richtig gearbeitet –, seit du hergekommen bist. Es würde mich interessieren, was die anderen Ratten jetzt von dir halten würden. Was meinst du?«
    Rees fühlte wieder, wie ihm das Blut in die Wangen stieg; der Synthowein schien zu Essig zu werden. Verwirrung keimte in ihm auf. Wollte er mit seinem Zorn gegen Gover nur vermeiden, der Wahrheit ins Auge sehen zu müssen, daß er zum Verräter an seiner Heimat geworden war…?
    »Was willst du, Gover?«
    Gover trat näher zu Rees heran. Sein Mundgeruch stieg zusammen mit dem Bukett des Weins in Rees’ Nase. »Hör zu, Minenratte, ob du es glaubst oder nicht, aber ich will dir einen Gefallen tun.«
    »Was für einen Gefallen?«
    »Die Verhältnisse hier beginnen sich zu ändern«, orakelte Gover. »Verstehst du, was ich damit sagen will? Die Dinge hier werden nicht immer so bleiben, wie sie sind.« Er blickte Rees an und wollte offenbar nicht weiterreden.
    Rees runzelte die Stirn. »Wovon sprichst du? Von den Unzufriedenen?«
    »So werden sie von einigen genannt. Andere nennen sie die Gerechtigkeitssucher.«
    Der Lärm der Feiernden schien vor Rees zurückzuweichen; es war, als ob Gover und er auf einem eigenen Floß irgendwo in der Luft schwebten. »Gover, ich war in jener Schicht im Theater des Lichts. War das etwa Gerechtigkeit?«
    Govers Augen verengten sich. »Rees, du siehst selbst, wie die Elite des Floßes den Rest von uns niederhält – und wie ihr obszönes Wirtschaftssystem den Rest der menschlichen Bevölkerung des Nebels verelenden läßt. Die Zeit ist nahe, wo sie dafür werden büßen müssen.«
    Rees starrte ihn an. »Du gehörst doch selbst zur Elite, oder?«
    Gover biß sich auf die Lippe. »Ja, schon. Schau, Rees, ich gehe ein Risiko damit ein, daß ich so offen mit dir spreche. Und wenn du mich verrätst, werde ich bestreiten, daß dieses Gespräch jemals stattgefunden hat.«
    »Was willst du von mir?«
    »Gute Männer setzen sich für unsere Sache ein. Zum Beispiel Decker, Pallis…«
    Rees lachte schallend. Decker – der hünenhafte Infrastrukturmitarbeiter, dem er bei seiner ersten Ankunft auf dem Floß begegnet war – das konnte er noch glauben. Aber Pallis? »Komm schon, Gover.«
    Gover blieb ungerührt. »Verdammt, Rees, du

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