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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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unaussprechlich. Was sollten sie tun? Sie hatten dem Sprecher versprochen, nicht mehr gegeneinander Krieg zu führen, doch wie sonst konnten sie Kriegmachers Stamm bestrafen und den Menschen zeigen, daß die Pequeninos deren gewalttätigen Akt verabscheuten? Krieg war die einzige Antwort. Alle Brüder eines jeden Stammes mußten Kriegmachers Wald angreifen und alle Bäume fällen, bis auf die, von denen bekannt war, daß sie gegen Kriegmachers Plan gesprochen hatten.
    Und ihr Mutterbaum? Diese Redeschlacht tobte noch: ob es ausreichte, alle Brüder und mitschuldigen Vaterbäume in Kriegmachers Wald zu töten, oder ob sie auch den Mutterbaum fällen sollten, damit Kriegmachers Saat nie wieder Wurzeln schlagen konnte. Damit würde Kriegmacher lange genug leben, um die Vernichtung seines Stammes zu beobachten, und dann würden sie ihn verbrennen, die schrecklichste aller Hinrichtungsformen und die einzige Gelegenheit, bei der die Pequeninos jemals in einem Wald Feuer benutzten.
    Miro hörte das alles, wollte sprechen, wollte sagen: Welchen Sinn hat das jetzt noch? Doch er wußte, daß er die Pequeninos nicht aufhalten konnte. Sie waren jetzt zu wütend, zum Teil, weil sie um Quim trauerten, zu einem großen Teil aber auch, weil sie sich schämten. Kriegmacher hatte sie alle beschämt, indem er den Vertrag gebrochen hatte. Die Menschen würden den Pequeninos nie wieder vertrauen, außer sie vernichteten Kriegmacher und seinen Stamm völlig.
    Die Entscheidung wurde getroffen. Morgen früh würden alle Brüder zu Kriegmachers Wald aufbrechen. Es würde viele Tage dauern, bis sie sich alle versammelt hatten, denn an dieser Unternehmung mußten alle Wälder der Welt gemeinsam teilnehmen. Wenn sie bereit waren und Kriegmachers Wald umzingelt hatten, würden sie ihn so gründlich zerstören, daß niemand vermuten konnte, daß sich dort einmal ein Wald befunden hatte.
    Die Menschen würden es sehen. Ihre Satelliten würden ihnen zeigen, wie die Pequeninos mit Vertragsbrechern und feigen Mördern umgingen. Dann würden die Menschen den Pequeninos wieder vertrauen. Dann konnten die Pequeninos wieder in der Gegenwart eines Menschen ohne Scham die Köpfe heben.
    Allmählich begriff Miro, daß sie ihn nicht einfach ihre Gespräche und Entscheidungen mithören ließen. Sie sorgten dafür, daß er alles hörte und verstand, was sie taten. Sie erwarten von mir, daß ich die Stadt darüber informiere. Sie erwarten von mir, daß ich den Menschen von Lusitania genau erkläre, wie die Pequeninos Quims Mörder bestrafen wollen.
    Begreifen sie nicht, daß ich jetzt hier ein Fremder bin? Wer von den Menschen Lusitanias würde schon auf mich hören – auf einen verkrüppelten Jungen aus der Vergangenheit, dessen Sprache so langsam und schwer zu verstehen ist? Ich habe keinen Einfluß auf andere Menschen. Ich habe kaum Einfluß auf meinen eigenen Körper.
    Dennoch war es Miros Pflicht. Er erhob sich langsam, entknotete sich von seinem Platz zwischen Menschs Wurzeln. Er würde es versuchen. Er würde zu Bischof Peregrino gehen und ihm sagen, was die Pequeninos vorhatten. Bischof Peregrino würde die Nachricht verbreiten, und dann konnten sich die Menschen in dem Wissen besser fühlen, daß Tausende unschuldiger Pequeninokinder als Vergeltung für den Tod eines einzigen Menschen sterben würden. Was sind schließlich schon Pequenino-Babys? Nur Würmer, die im dunklen Bauch eines Mutterbaums leben. Es würde diesen Menschen niemals in den Sinn kommen, daß es kaum einen moralischen Unterschied zwischen diesem Massenmord an Pequeninobabies und König Herodes' Massenmord an Neugeborenen zur Zeit von Jesu Geburt gab. Sie hatten es nur auf Gerechtigkeit abgesehen. Was ist schon im Vergleich dazu die vollständige Auslöschung eines Pequeninostammes?
     
    Grego: Ich stehe in der Mitte des Rasenvierecks, die Menge wachsam um mich herum, jeder von ihnen mit einem straffen, unsichtbaren Draht mit mir verbunden, so daß mein Wille ihr Wille ist, mein Mund ihre Worte spricht, ihre Herzen in meinem Rhythmus schlagen. Ich habe so etwas noch nie zuvor empfunden, diese Art von Leben, Teil einer solchen Gruppe zu sein, und nicht nur Teil davon, sondern auch der Geist, der Mittelpunkt, so daß mein Selbst sie alle umschließt, Hunderte von ihnen, und meine Wut ihre Wut ist, ihre Hände meine Hände sind, ihre Augen nur sehen, was ich ihnen zeige.
    Diese Musik, diese Kadenz: Anrufung, Antwort, Anrufung, Antwort.
    »Der Bischof sagt, daß wir um Gerechtigkeit

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