Xenozid
beten werden, doch ist das genug?«
»Nein!«
»Die Pequeninos sagen, daß sie den Wald vernichten werden, der meinen Bruder ermordet hat, doch glauben wir ihnen?«
»Nein!«
Sie vervollständigen meine Rede; wenn ich innehalten muß, um einzuatmen, rufen sie für mich, so daß meine Stimme niemals verstummt, sondern sich aus den Kehlen von fünfhundert Männern und Frauen erhebt. Der Bischof kam zu mir, voller Frieden und Geduld. Der Bürgermeister kam zu mir, mit seinen Warnungen vor der Polizei und einem Aufruhr und seinen Andeutungen, mich zu verhaften. Valentine kam zu mir, ganz eiskalter Intellekt, und sprach von meiner Verantwortung. Sie alle kennen meine Macht, Macht, von der ich nie wußte, daß ich sie hatte, Macht, die erst begann, als ich ihnen nicht mehr gehorchte und schließlich die Worte, die in meinem Herzen waren, zu den Leuten selbst sprach. Wahrheit ist meine Macht. Ich hörte auf, die Leute zu täuschen, und gab ihnen die Wahrheit, und nun sehe ich, was aus mir geworden ist, was aus uns allen geworden ist.
»Wenn jemand die Schweine für den Mord an Quim bestrafen sollte, dann wir. Ein Menschenleben sollte von Menschenhand gerächt werden! Sie behaupten, die Strafe für die Mörder sei der Tod – doch nur wir haben das Recht, den Henker zu ernennen! Wir müssen sicherstellen, daß die Strafe vollzogen wird!«
»Ja! Ja!«
»Sie ließen meinen Bruder in den Qualen der Descolada sterben! Sie sahen zu, wie sein Körper von innen verbrannte! Nun werden wir diesen Wald niederbrennen!«
»Verbrannt sie! Feuer! Feuer!«
Sieh, wie sie Streichhölzer anzünden, wie sie Grasbüschel ausreißen und sie anzünden. Die Flamme, die wir gemeinsam anzünden werden!
»Morgen werden wir zu einer Strafexpedition aufbrechen…«
»Heute abend! Heute abend! Sofort!«
»Morgen… wir können heute abend nicht gehen… wir müssen Wasser und Vorräte besorgen…«
»Jetzt! Heute abend! Verbrennt sie!«
»Ich sage euch, wir kommen in einer Nacht nicht dorthin, es ist Hunderte von Kilometern entfernt, wir brauchen Tage für diese Strecke…!«
»Die Schweinchen sind direkt hinter dem Zaun…«
»Nicht die, die Quim getötet haben…«
»Alle Schweinchen sind mörderische kleine Mistkerle!«
»Das sind doch die, die Libo getötet haben, oder?«
»Sie haben Pipo und Libo getötet!«
»Verbrennt sie heute abend!«
»Verbrennt sie alle!«
»Lusitania für uns, nicht für Tiere!«
Sind sie verrückt? Wie können sie glauben, er würde sie diese Schweinchen töten lassen – sie hatten nichts getan. »Es ist Kriegmacher! Kriegmacher und seinen Wald müssen wir bestrafen!«
»Bestraft sie!«
»Tötet die Schweinchen!«
»Verbrennt sie!«
»Feuer!«
Ein kurzes Schweigen. Eine Gelegenheit. Laß dir die richtigen Worte einfallen. Laß dir etwas einfallen, das sie zurückholt. Sie entgleiten dir. Sie waren Teil meines Körpers, sie waren Teil meines Selbst, doch nun entgleiten sie mir, eine Zuckung, und ich habe die Kontrolle verloren, falls ich sie jemals gehabt haben sollte. Was kann ich in diesem Sekundenbruchteil des Schweigens sagen, das sie wieder zur Vernunft bringen wird?
Zu lange. Grego fiel nichts ein, wartete zu lange. Die Stimme eines Kindes erfüllte die kurze Stille, die Stimme eines Jungen, der noch nicht im Mannesalter war, genau die Art von Stimme, die den schwelenden heiligen Zorn in den Herzen zum Ausbruch bringen, sie zu unwiderruflichen Taten anstacheln konnte. Rief das Kind: »Für Quim und Christus!«
»Quim und Christus! Quim und Christus!«
»Nein!« rief Grego. »Wartet! Das dürft ihr nicht!«
Sie rempeln ihn an, reißen ihn zu Boden. Er ist auf allen vieren, jemand tritt auf seine Hand. Wo ist der Stuhl, auf dem er stand? Hier ist er, halte dich daran fest, damit sie dich nicht niedertrampeln, sie werden mich umbringen, wenn ich nicht aufstehe, ich muß mit ihnen, aufstehen und mit ihnen gehen, mit ihnen laufen, oder sie werden mich niedertrampeln.
Und dann waren sie weg, an ihm vorbei, brüllend, schreiend. Sie hielten winzige Flammen hoch, riefen »Feuer!« und »Verbrennen!« und »Quim und Christus!« und ergossen sich wie ein Lavastrom von dem Platz zum Wald, der auf dem nicht allzu weiten Hügel auf sie wartete.
»Gott im Himmel, was tun sie?«
Es war Valentine. Grego kniete neben dem Stuhl, stützte sich darauf ab, und sie stand neben ihm und beobachtete sie, wie sie sich von diesem alten, leeren Krater entfernten, an dem das Feuer in Brand gesetzt worden
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