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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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Geschichte über einen Bruder, der kleine Mütter an den Ort trug, an dem der Himmel aufriß und die Sterne zu Boden fielen. Obwohl sich Miro in Gedanken mit den Erkenntnissen des Tages beschäftigte – Janes Herkunft, Gregos und Olhados Idee von der Reise durch Gedankenkraft –, stellte er fest, daß er aus irgendeinem Grund Pflanzers Worten Aufmerksamkeit schenkte. Und als die Geschichte ihr Ende fand, mußte Miro nachfragen.
    »Wie alt ist diese Geschichte?«
    »Alt«, flüsterte Pflanzer. »Du hast zugehört?«
    »Bis zum Schluß.« Es stellte kein Problem dar, ausführlich mit Pflanzer zu sprechen. Entweder wurde er mit Miros langsamer Sprache nicht ungeduldig, oder seine Aufnahmefähigkeit war auf die Stufe von Miros schleppenden Worten gesunken. Pflanzer ließ Miro jedenfalls aussprechen und antwortete dann, als habe er aufmerksam zugehört. »Habe ich dich richtig verstanden, als du gesagt hast, dieser Himmelzerreißer habe kleine Mütter mit sich getragen?«
    »Das stimmt«, flüsterte Pflanzer.
    »Aber er ging nicht zum Vaterbaum.«
    »Nein. Er hatte einfach kleine Mütter auf seinen Wanderungen dabei. Ich habe diese Geschichte vor Jahren gehört. Bevor ich die menschliche Wissenschaft kennenlernte.«
    »Weißt du, wie das für mich klingt? Diese Geschichte stammt vielleicht aus einer Zeit, als ihr noch keine kleinen Mütter zum Vaterbaum getragen habt. Als die kleinen Mütter noch nicht ihre Nahrung aus dem saftigen Inneren des Mutterbaums leckten. Statt dessen hingen sie an Vorsprüngen am Unterleib der Männer, bis die Kinder groß genug waren, um hervorzukommen und ihren Platz an den Zitzen der Mütter einzunehmen.«
    »Deshalb habe ich dir das Lied gesungen«, sagte Pflanzer. »Ich habe darüber nachgedacht, wie es vielleicht gewesen ist, falls wir intelligent waren, bevor die Descolada kam. Und schließlich fiel mir dieser Teil der Geschichte von Himmelzerreißers Krieg ein.«
    »Er ging zu dem Ort, wo der Himmel aufriß.«
    »Die Descolada muß irgendwie hierher gekommen sein, nicht wahr?«
    »Wie alt ist diese Geschichte?«
    »Himmelzerreißers Krieg fand vor neunundzwanzig Generationen statt. Unser Wald ist nicht so alt. Aber es wurden uns Lieder und Geschichten von unserem Vater-Wald überliefert.«
    »Aber der Teil mit dem Himmel und den Sternen könnte viel alter sein, nicht wahr?«
    »Sehr alt. Der Vaterbaum Himmelzerreißer starb vor langer Zeit. Er war wahrscheinlich schon sehr alt, als der Krieg stattfand.«
    »Hältst du es für möglich, daß es sich dabei um eine Erinnerung des Pequenino handelt, die die Descolada als erster entdeckte? Daß sie mit einem Sternenschiff hierher gebracht wurde und er eine Art Fähre gesehen hat?«
    »Deshalb habe ich das Lied gesungen.«
    »Wenn das stimmt, wart ihr schon vor der Descolada eindeutig intelligent.«
    »Jetzt sind alle weg«, sagte Pflanzer.
    »Was ist weg? Ich verstehe nicht.«
    »Unsere Gene aus dieser Zeit. Wir können nicht einmal Vermutungen anstellen, was die Descolada uns nahm und wegwarf.«
    Das stimmte. Vielleicht enthielt jeder Descolada-Virus den kompletten genetischen Code jeder einheimischen Lebensform Lusitanias in sich, doch dabei handelte es sich lediglich um den genetischen Code von heute, in seinem von der Descolada beherrschten Zustand. Wie der Code ausgesehen hatte, bevor die Descolada kam, konnte nicht mehr rekonstruiert oder wiederhergestellt werden.
    »Trotzdem eine faszinierende Möglichkeit«, sagte Miro. »Wenn ihr schon vor dem Virus Sprache, Lieder und Geschichten gehabt habt…« Und obwohl er wußte, daß er es eigentlich nicht tun sollte, fügte er hinzu: »Vielleicht mußt du jetzt nicht mehr die Unabhängigkeit der Pequenino-Intelligenz beweisen.«
    »Noch ein Versuch, das Schweinchen zu retten«, sagte Pflanzer.
    Eine Stimme erklang über den Lautsprecher. Eine Stimme von draußen.
    »Du kannst jetzt herauskommen.« Es war Ela. Sie sollte während Miros Schicht eigentlich schlafen.
    »Meine Schicht ist erst in drei Stunden vorüber«, erwiderte Miro.
    »Jemand löst dich ab.«
    »Dann soll er einen anderen Anzug nehmen.«
    »Ich brauche dich hier draußen, Miro.« Elas Stimme machte jeden Widerspruch unmöglich. Und sie war die leitende Wissenschaftlerin dieses Experiments.
    Als er ein paar Minuten später herauskam, begriff er sofort, was passiert war. Quara stand mit eisigem Blick dort, und Ela war mindestens genauso wütend. Sie hatten sich offensichtlich wieder gestritten, doch das war keine

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