Xenozid
verhindern, daß die Descolada sie tötet.«
»Natürlich«, sagte Pflanzer. »Natürlich würden sie das. Wie ich jeden von ihnen töten würde, um mein Volk zu schützen.«
»Also hast du keinen Streit mit mir.«
»Doch. Ohne das, was du weißt, werden sich die Menschen und Pequeninos schließlich töten. Sie haben keine Wahl. Solange die Descolada nicht gezähmt werden kann, wird sie schließlich die Menschheit töten, oder die Menschheit muß sie vernichten – und uns mit ihr.«
»Sie werden sie niemals vernichten«, sagte Quara.
»Weil du es nicht zuläßt.«
»Genausowenig, wie ich zulassen würde, daß sie euch vernichten. Vernunftbegabtes Leben ist nun mal vernunftbegabtes Leben.«
»Nein«, sagte Pflanzer. »Mit Ramännern kann man leben. Aber mit Varelse kann es keine Verständigung geben. Nur Krieg.«
»Das ist Unsinn!« sagte Quara. Dann führte sie die gleichen Argumente an wie im Gespräch mit Miro.
Als sie fertig war, herrschte einen Augenblick lang Stille.
»Unterhalten sie sich noch?« flüsterte Ela den Leuten zu, die die Sichtmonitore überwachten. Miro hörte keine Antwort – wahrscheinlich hatte jemand den Kopf geschüttelt.
»Quara«, flüsterte Pflanzer.
»Ich bin noch hier«, erwiderte sie. Der streitsüchtige Tonfall war wieder aus ihrer Stimme gewichen. Ihre grausame moralische Korrektheit hatte ihr keine Freude bereitet.
»Nicht deshalb weigerst du dich, uns zu helfen«, sagte er.
»Doch.«
»Du würdest mir sofort helfen, wenn du dich damit nicht deiner Familie beugen müßtest.«
»Das ist nicht wahr!« rief sie.
»Du bist dir nur so sicher, recht zu haben, weil sie sich so sicher sind, daß du dich irrst.«
»Ich habe recht!«
»Wann hast du jemanden gesehen, der keine Zweifel hatte, ob er recht hat?«
»Ich habe Zweifel«, flüsterte Quara.
»Höre auf deine Zweifel«, sagte Pflanzer. »Rette mein Volk. Und deins.«
»Wer bin ich, daß ich zwischen der Descolada und unserem Volk entscheiden kann?«
»Genau«, sagte Pflanzer. »Wer bist du, daß du so eine Entscheidung treffen kannst?«
»Ich treffe keine Entscheidung«, sagte sie. »Ich halte sie zurück.«
»Du weißt, was die Descolada bewerkstelligen kann. Du weißt, was sie bewerkstelligen wird. Indem du eine Entscheidung zurückhältst, triffst du eine.«
»Es ist keine Entscheidung. Es ist keine Tat.«
»Ist es kein Mord, wenn du einen Mord nicht verhinderst, den du leicht verhindern könntest?«
»Wolltest du mich deshalb sprechen? Als eine weitere Person, die mir sagt, was ich zu tun habe?«
»Ich habe das Recht dazu.«
»Weil du es auf dich genommen hast, ein Märtyrer zu werden und zu sterben?«
»Ich habe noch nicht den Verstand verloren«, sagte Pflanzer.
»Genau. Du hast deine Auffassung bewiesen. Jetzt können sie dir die Descolada injizieren und dich retten.«
»Nein.«
»Warum nicht? Bist du so sicher, daß du recht hast?«
»Über mein eigenes Leben kann ich entscheiden. Ich bin nicht wie du – ich treffe nicht die Entscheidung, daß andere sterben müssen.«
»Wenn die Menschheit stirbt, werde ich mit ihr sterben«, sagte Quara.
»Weißt du, warum ich sterben will?« sagte Pflanzer.
»Warum?«
»Damit ich nicht zusehen muß, wie Menschen und Pequeninos wieder einander töten.«
Quara senkte den Kopf.
»Du und Grego – ihr seid beide gleich.«
Tränen tropften auf die Sichtscheibe des Helms. »Das ist eine Lüge.«
»Beide weigert ihr euch, auf andere zu hören. Ihr wißt alles besser. Und wenn ihr fertig seid, sind viele unschuldige Geschöpfe tot.«
Sie stand auf, als wolle sie gehen. »Dann stirb doch«, sagte sie. »Warum sollte ich um dich weinen, wenn ich eine Mörderin bin?« Doch sie machte keinen Schritt. Sie will nicht gehen, dachte Miro.
»Verrate es ihnen«, sagte Pflanzer.
Sie schüttelte den Kopf, so heftig, daß Tränen aus ihren Augen flogen und ihr Visier benetzten. Wenn sie so weitermachten, konnte sie bald nichts mehr sehen.
»Wenn du sagst, was du weißt, sind alle klüger. Wenn du es geheimhältst, sind alle verloren.«
»Wenn ich es sage, wird die Descolada sterben!«
»Soll sie doch sterben!« schrie Pflanzer.
Der Gefühlsausbruch hatte ihn ungeheuerlich angestrengt. Einen Augenblick lang spielten die Laborinstrumente verrückt. Ela fluchte unterdrückt, während sie die Monitore überprüfte.
»Solche Gefühle soll ich dir also entgegenbringen?« fragte Quara.
»Du bringst mir diese Gefühle entgegen«, flüsterte Pflanzer. »Soll er doch
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