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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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nicht funktionieren. Valentine war zum Schluß gekommen, daß sie bei Plikt so gut funktionierte, weil es sich bei ihrer Wortlosigkeit nicht um vollständige Nonkommunikation handelte. Ihr ruhiger, durchdringender Blick war in sich selbst ein beredsamer Ausdruck der Skepsis. Wenn ein Schüler mit diesem steten, starren Blick konfrontiert wurde, ergab er sich bald seiner eigenen Unsicherheit. Jeder Zweifel, den der Schüler erfolgreich zur Seite geschoben und ignoriert hatte, drängte sich nun an die Oberfläche, und der Schüler mußte daraufhin in sich selbst die Gründe für Plikts anscheinenden Zweifel entdecken.
    Valentines Älteste, Syfte, hatte diese einseitigen Konfrontationen ›in die Sonne starren‹ genannt. Und nun waren Ender und Miro an der Reihe, sich im Wettstreit mit diesem alles sehenden Auge und dem nichts sagenden Mund zu blenden. Valentine wollte über ihr Unbehagen lachen, sie beruhigen. Und sie wollte Plikt einen sanften Klaps geben und ihr sagen, nicht zu schwierig zu sein.
    Doch statt dessen ging Valentine zur Tür des Gebäudes und zog sie auf. Es gab keinen Riegel, nur einen Griff, und die Tür ließ sich problemlos öffnen. Sie hielt sie auf, während Ender auf die Knie fiel und hindurchkroch. Plikt folgte ihm augenblicklich. Dann seufzte Miro und sank langsam auf die Knie. Sein Kriechen wirkte unbeholfener als sein Gehen – er vollzog jede Arm- oder Beinbewegung einzeln, als müsse er jeweils eine Sekunde darüber nachdenken, was er zu tun habe. Endlich war er hindurch, und Valentine bückte sich und watschelte im Entengang durch die Tür. Sie war die kleinste und mußte nicht kriechen.
    Innen kam das einzige Licht von der Türöffnung. Der Raum war unmöbliert, der Boden schmutzig. Erst als sich Valentines Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie ausmachen, daß der dunkelste Schatten ein Tunnel war, der tiefer in die Erde führte.
    »Die Tunnel sind nicht beleuchtet«, sagte Ender. »Sie wird mich führen. Ihr müßt einander an den Händen festhalten. Valentine, du gehst als letzte, einverstanden?«
    »Können wir aufrecht hinabgehen?« fragte Miro. Die Frage war eindeutig wichtig für ihn.
    »Ja«, sagte Ender. »Deshalb hat sie diesen Eingang gewählt.«
    Sie gaben sich die Hände; Plikt nahm Enders Hand, Miro ging zwischen den beiden Frauen. Ender führte sie ein paar Schritte den Tunnel hinab. Er war steil, und die tiefe Dunkelheit war entmutigend. Doch Ender blieb stehen, bevor die Dunkelheit absolut wurde.
    »Worauf warten wir?« fragte Valentine.
    »Auf unseren Führer«, entgegnete Ender.
    In diesem Augenblick traf der Führer ein. In der Dunkelheit konnte Valentine kaum den schwarzen Arm mit nur einem Finger und Daumen ausmachen, der an Enders Hand zerrte. Ender schloß augenblicklich die linke Hand um den Finger; der schwarze Daumen schloß sich wie eine Zange über seiner Hand. Valentine versuchte, den Krabbler zu sehen, zu dem der Arm gehörte, doch sie konnte nur einen kindgroßen Schatten ausmachen und vielleicht den leichten Schimmer von Licht, das von einem Rückenschild reflektiert wurde.
    Ihre Vorstellungskraft lieferte alles, was fehlte, und gegen ihren Willen erschauderte sie.
    Miro murmelte etwas auf Portugiesisch. Also zeigte auch bei ihm die Anwesenheit des Krabblers Wirkung. Plikt jedoch blieb stumm, und Valentine konnte nicht sagen, ob sie zitterte oder völlig unbeeindruckt war. Dann machte Miro einen schlurfenden Schritt nach vorn, zerrte an Valentines Hand und führte sie in die Dunkelheit.
     
    Ender wußte, wie schwer den anderen dieser Weg fallen würde. Bislang hatten nur er, Novinha und Ela jemals die Schwarmkönigin besucht, und Novinha war nie zu ihr zurückgekehrt. Die Dunkelheit war zu entnervend; sie mußten sich endlos ohne die Hilfe der Augen hinabbewegen und wußten nur aufgrund leiser Geräusche, daß Leben und Bewegung um sie herum war.
    »Dürfen wir sprechen?« fragte Valentine. Ihre Stimme klang sehr schrill.
    »Das ist eine gute Idee«, sagte Ender. » Sie werdet ihr nicht stören. Sie bemerken Geräusche kaum.«
    Miro sagte etwas. Ender stellte fest, daß man ihn noch schwerer verstehen konnte, wenn man nicht von seinen Lippen ablesen konnte.
    »Was?« fragte Ender.
    »Wir beide wollen wissen, wie weit es noch ist«, sagte Valentine.
    »Keine Ahnung«, sagte Ender. »Von hier aus jedenfalls nicht. Und sie könnte fast überall dort unten sein. Es gibt Dutzende von Kinderstuben. Aber keine Angst. Ich bin mir ziemlich sicher,

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