Xperten - Der Paradoppelgänger
Verlassen des Landes gezwungen werden würden und nicht mehr positiv tätig sein können, wie wir es jetzt sind.«
Die PM hat aufmerksam zugehört. »Ja, ich verstehe das alles. Aber was schlagen Sie dann vor?«
Marcus antwortet wohl überlegt: »Wir sind intensiv dabei, die Geheimnisse von Para-Fähigkeiten zu erforschen. Wir sind schon heute mit Prototypen in der Lage, ganze Gebäude gegen Para-Einflüsse abzuschirmen. Sonst hätten wir ja auch Ann und Richard nicht einsperren können, weil die jeden von uns mit Para-Hypnose umgepolt hätten! Das heißt aber, dass wir früher oder später Schutz gegen Para-Kräfte werden bieten können. Dann braucht niemand mehr Angst zu haben, dass seine Gedanken ohne sein Wissen gelesen werden oder so etwas.«
Die PM horcht auf: »Können Sie in Ihrer Gruppe Gedanken lesen?«
»Nein, eine solche Para-Begabung ist uns noch nicht untergekommen. Aber meine Tochter Lena kann zum Beispiel große Emotionen wie Freude, Trauer, Zorn usw. feststellen, aber nur zirka 20 Kategorien.«
»Sie wollten, glaube ich, noch mehr sagen, als ich Sie unterbrach«, meint die PM.
»Ja«, sagt Marcus, »voraussichtlich können wir gewisse Schutzmechanismen gegen Para-Begabungen entwickeln. Es zeichnet sich ab, dass wir die Para-Begabung von Personen auf Wunsch (etwa eines Gerichtes) stilllegen können. Andererseits gibt es technische Entwicklungen, gegen die wir uns schützen müssen.«
»Wie meinen Sie das?«, unterbricht die PM.
»Sie verwenden doch vermutlich ferngesteuerte Drohnen für militärische Aufklärungszwecke?« Die PM nickt.
Marcus setzt fort: »Diese werden irgendwann so klein sein, dass man mit ihnen jede Handlung jedes Menschen beobachten kann. Ich denke, das ist dann fast genauso schlimm oder schlimmer oder eben auch genauso bequem wie das Telesehen, das meine Frau beherrscht, oder Gedankenlesen, das Sie vorher erwähnten.
Mein Vorschlag und meine Bitte sind also: Lassen Sie uns jetzt noch im Geheimen weitermachen. Es wäre schön, wenn wir uns gegenseitig als Verbündete betrachten dürften. Rufen Sie uns, wann immer Sie uns brauchen. Helfen Sie uns, wann immer Sie können. Und umgekehrt. Und gleichzeitig ist uns allen bewusst, dass wir uns irgendwann outen müssen und auch outen können, nämlich dann, wenn wir genug Schutzmechanismen in ein Gesetz einbauen können, Schutzmechanismen, die auch technische Errungenschaften einbeziehen werden müssen, um besondere Errungenschaften - seien es Para- oder technische Fähigkeiten - sinnvoll einsetzen zu können, ohne damit Verbotenes machen zu können und ohne die Privatsphäre aller Menschen zu gefährden.«
Die PM schweigt. »Gute Rede«, meint sie schließlich lächelnd.
»Ja, aber Spaß beiseite, ich denke, ich bin bereit Ihnen zu vertrauen und zu glauben, dass wir so weitermachen können. Ich heiße Jenny«, sagt sie impulsiv und streckt Marcus die Hand hin. Marcus ergreift sie. Da geschieht etwas, was er noch nie beim Berühren einer Hand gespürt hat: Der Boden wankt plötzlich unter seinen Füßen, er spürt ein unbekanntes Schwindelgefühl.
»Was ist das?«, fährt es ihm durch den Kopf, »ist die PM in einer ganz unbekannten Weise para-begabt?«
Der PM geht es fast genauso. Als die Alarmsirenen aufheulen und ihr Auf- und Abschwellen Erdbebenwarnung verkündet, kann sich die PM vor Lachen nicht mehr zurückhalten:
»Und ich dachte ... und du auch, offenbar!« Beide fallen sich lachend in die Arme, was die Sekretärin, die angesichts des Erdbebenalarms ins Zimmer stürzt, nicht sehr passend findet.
Nun ist die PM wieder ganz die Regierungschefin. Von allen Seiten bekommt sie Nachrichten. Es war ein Beben der Stärke 4 nach Richter, es dürften keine großen Schäden aufgetreten sein. Von betroffenen Personen weiß man bisher nichts. Erleichtert lässt sich die PM auf einen Sofasessel fallen.
Da kommt die Hiobsbotschaft: Das Baugerüst des neuen Archivs ist eingestürzt und hat den Wirtschaftsminister Patrick Fisher verschüttet, der die Baustelle besuchte. Fisher meldete sich noch kurz, offenbar verletzt und unter großen Lasten begraben, über sein Handy, aber jetzt hat man den Kontakt verloren.
»Marcus, hol meinen Kollegen heraus«, sagt die PM fast schroff, »und wenn du deine Tarnung dabei aufgeben musst, kümmere dich nicht darum. Ich werde anschließend die Tarnung wiederherstellen. Ich habe ein Geschenk für dich, von dem ich nie dachte, dass es so wertvoll werden könnte.«
Mit diesen Worten schickt sie
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