Xperten - Der Paradoppelgänger
doch zunehmend Sorgen. Regen klatscht gegen die gewölbten Fenster, Windstöße packen den Helikopter, die Sicht wird immer schlechter, der Flug unruhiger. Allmählich spricht keiner mehr. Alle halten sich irgendwo an, es ist nicht nur die Beleuchtung, die einige der Gesichter zunehmend bleich einfärbt.
Der Pilot erkundigt sich bei der PM, ob er umkehren soll. »Ich glaube, ich werde nicht den gesamten geplanten Kontrollflug machen können, das wird mein Magen nicht aushalten. Aber wenn die drei auch bei diesem Wetter auf den Pass hinaufwollen, dann fliegen wir bis dahin, aber dann zurück.« Der Wind verstärkt sich zusehends, der Regen vermischt sich mit Schnee. Als die drei nach einer unsanften Landung aussteigen, schlägt ihnen ein unfreundlicher Schneesturm entgegen. Sie und ihre Ausrüstung landen in 30 cm Neuschnee. »Seid ihr sicher, dass ihr hier hinauswollt? Letzte Chance zum Umdrehen!« Mike zögert; er weiß, dass sie überleben werden, aber es wird unangenehm werden. Soll er das seinen Freunden Maria und Marcus antun? Bevor er eine Antwort geben kann, mischen sich Maria und Marcus ein: »Wir bleiben hier. Wir schaffen das schon. Guten Rückflug und danke fürs Mitnehmen!« Nicht nur Mike ist verblüfft, auch der Pilot und vor allem die PM, denn weder Marcus noch Maria sehen aus, als hätten sie viel Wildniserfahrung. Und der Einzige, der sie hat, Mike, der hatte gezögert, weil er die Situation als Grenzfall einstufte. »Woher beziehen Maria und Marcus die Überzeugung, dass ihnen nichts passieren kann, ganz so, wie das bei einigen Rettungseinsätzen von ihnen berichtet wird?«, überlegt die PM, »sind sie einfach so bergunerfahren oder haben sie andere Gründe oder unbekannte Kräfte?«
Die PM wird an diese Überlegungen in wenigen Tagen denken müssen. Und ohne dass sie es explizit weiß, hat sie doch viel über Maria und Marcus dazugelernt. Noch ist ihr nicht bewusst, wie nahe sie an die Wahrheit mit den »versteckten Kräften« gekommen ist ...
Der Pilot zögert nicht lange, die Windböen sind so heftig, dass der Hubschrauber wild schaukelt. Als er unruhig startet und an Höhe gewinnt, schauen Maria, Marcus und Mike einige Sekunden lang nach. Vielleicht bereuen sie es ein wenig, geblieben zu sein. Mike übernimmt das Kommando: »Wir sind beim Herauffliegen ganz am Ende bei einem Felsbrocken, der hier in Passnähe liegt, vorbeigekommen. Dort müssen wir jetzt einmal hin, um aus dem Wind zu kommen. Dann beratschlagen wir, wie es weitergeht.« Die Sicht reicht durch den treibenden Schneefall nicht weiter, als man die Hand ausstrecken kann, die Augen brennen, bei jedem Schritt bricht man durch den feuchten Schnee durch auf einen alm-ähnlichen, aber unebenen Untergrund. Sie sind hier einige hundert Meter über der Baumgrenze, aber große Grasbüschel und niedriges Gestrüpp sind unter dem Schnee versteckt. Mike geht mit schlafwandlerischer Sicherheit voran. Wie er weiß, in welche Richtung er gehen muss, verstehen Maria und Marcus nicht. Aber Maria nickt Marcus zu: Mike ist auf dem richtigen Weg, sie kann mit ihren Para-Fähigkeiten durch das Schneegestöber sehen und sieht einen großen Felsen, lange bevor Mike sie nicht ganz ohne Stolz dorthin bringt: »So, das wäre es einmal«, meint er, nachdem sie sich im Windschatten des Felsens und unter einem kleinen Überhang zusammenstellen. Hier ist es vergleichsweise »gemütlich«. Andere würden sich jetzt ratlos fragen, wie es weitergehen würde. Aber nicht Mike, der hat schon im Schneetreiben genau überlegt, was zu machen ist. »Wir trinken jetzt einmal einen heißen Tee«, er schenkt ihn aus einer Thermosflasche ein (kein Wunder, dass Mikes Rucksack noch größer und schwerer ist als die anderen!), »und warten, bis das Schneegestöber nachgelassen hat. Nach der Vorhersage gibt es auch in den Bergen heute nur Schauer und nach der Schneemenge am Boden zu urteilen, dauert dieser ohnehin schon viel zu lange.« »Und wenn der Schnee nicht aufhört?« »Na, ein oder zwei Nächte werden wir aneinander gelehnt doch auch im Stehen aushalten, oder?«, antwortet Mike in seiner trockenen Art, fährt aber dann fort, als er die etwas besorgten Gesichter sieht.
»Unseren Plan den Gipfel zu erklettern müssen wir aufgeben. Die Tour ist bei diesem Neuschnee viel zu gefährlich. Talabwärts, dort, wo die allerersten Bäume oder Baumruinen zu finden sind, gibt es laut Karte einige große Felsspalten und Überhänge, wo wir einen trockenen Platz finden werden. Wir
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