Yendi
hinweisen.«
»Ein weiser Falke verbirgt seine Krallen«, sagte ich, »und nur der schlechte Attentäter warnt sein Opfer.«
»Wollt Ihr mich wütend machen, Vlad? Cawti bedeutet mir viel. So viel, daß ich jeden vernichten werde, der ihr weh tut. Ich fand nur, ich sollte das klarstellen, damit Ihr derartiges vermeiden könnt.«
»Wie rücksichtsvoll. Und Ihr selbst? Habt Ihr ihr nicht größere Schmerzen bereitet, als ich es je tun kann?«
Zu meiner Überraschung wurde sie nicht einmal ansatzweise wütend. Sie sagte: »So mag es aussehen, und ich weiß, ich habe ihr weh getan, aber nicht so sehr, wie Ihr es könntet. Ich habe gesehen, wie sie Euch ansieht.«
Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was das jetzt noch soll«, sagte ich. »So wie es aussieht, bin ich in ein, zwei Wochen eh tot.«
Sie nickte, erwiderte aber nichts. Sie war, wenn ich so sagen darf, nicht eben von Mitleid überwältigt.
»Wenn Ihr wirklich nicht wollt, daß man ihr weh tut, könntet Ihr mir doch helfen, am Leben zu bleiben.«
Sie mußte ein bißchen lachen. »Netter Versuch, Vlad. Aber Ihr wißt, ich habe meine Grundsätze.«
Dazu fiel mir nichts ein, also erwähnte ich etwas, das mich schon eine ganze Weile beschäftigte. »Wenn ich gehört hätte, daß er Euch gesucht hat, hätte ich alles andere beiseite geschoben und Euch selber angeheuert, und dann würde ich nicht in diesem Schlamassel stecken.«
»Derjenige, der uns angeheuert hat, mußte uns nicht suchen; er wußte, wo er uns findet, also konntet Ihr gar nicht davon hören.«
»Oh. Ich wünschte, ich wäre so privilegiert.«
»Ich habe keine Ahnung, wie er es herausgefunden hat – es ist nicht eben Allgemeinwissen. Aber das ist unwichtig. Ich habe gesagt, was ich sagen wollte, und ich glaube, unter diesen –«
Sie verstummte und sah mir über die Schulter. Ich drehte mich aus Gewohnheit nicht um.
»Was ist da los, Loiosh?«
»Die alte Kuh, die du beim letzten Mal kennengelernt hast. Die Zauberin in Türkis, oder wie die heißt.«
»Na toll.«
»Darf ich kurz unterbrechen?« ertönte eine Stimme hinter mir.
Ich sah Norathar an und zog die Brauen hoch. Sie nickte. Da drehte ich mich um und sagte: »Lady Norathar e’Lanya vom Haus der Dragon, dies ist –«
»Ich bin die Zauberin in Grün«, sagte die Zauberin in Grün. »Und ich kann mich ganz gut selbst vorstellen, Ostländer.«
Ich seufzte. »Woher habe ich nur das Gefühl, daß ich hier nicht erwünscht bin? Schon gut.« Ich verneigte mich vor Norathar, und Loiosh fauchte die Zauberin an.
Als wir uns entfernten, sagte die Zauberin gerade: »Ostländer! Es wird mir eine Freude sein, wenn Sethra die Jüngere sich die vornimmt. Euch nicht auch?«
Ich hörte Norathar noch in kaltem Tonfall sagen: »Kaum«, dann war ich Verraseidank außer Hörweite. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: ich war auf der Suche nach einem Athyra, der an der Verschwörung gegen Norathar beteiligt war. Die Zauberin in Grün war eine Athyra. Könnte doch sein, fand ich. Ich mußte mal überlegen, wie ich es beweisen oder widerlegen konnte.
Wieder bei Cawti fragte ich: »Hält dich hier noch irgendwas?«
Sie wirkte erstaunt, schüttelte aber den Kopf.
»Sollen wir gehen?« fragte ich.
»Wolltest du nicht die Liste überprüfen?«
»Diese Feier dauert vierundzwanzig Stunden jeden Tag, fünf Tage die Woche. Das kann warten.«
Sie nickte. Ich verneigte mich vor Morrolan, dann gingen wir, ohne uns von sonst jemandem zu verabschieden, durch die Tür zum Eingangsbereich. Einer von Morrolans Zauberern stand neben der Tür. Ich ließ ihn uns in meine Wohnung teleportieren. Das Gefühl der Übelkeit, das mich nach unserer Ankunft dort befiel, kam, wie ich glaube, nicht nur vom Teleport.
Meine Wohnung lag zu jener Zeit über dem Geschäft eines Wagners auf der Garschos-Straße in der Nähe der Einmündung der Kupfergasse. Für das Geld war es dort recht geräumig, weil sie unter dem Dach lag, und die Schrägen hätten einen Dragaeraner ganz schön geärgert. Meine Einnahmen vor dieser Geschichte mit Laris hatten mich mit dem Gedanken spielen lassen, was Größeres zu kaufen, aber zum Glück hatte ich es nicht getan.
Wir setzten uns auf das Sofa. Ich legte ihr den Arm um die Schulter und sagte: »Erzähl mir von dir.« Und das tat sie, doch es geht niemanden etwas an. Ich verrate nur, daß ich mit meinen Vermutungen über ihre Erlebnisse richtig gelegen hatte.
Danach haben wir über andere Sachen geredet, und dabei
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