Yoga-Anatomie
Körpergewicht auf den Knien, den Schienbeinen und den Fußrücken. Beim Knien ist der Körperschwerpunkt näher am Boden als beim Stehen, aber weiter weg vom Boden als beim Sitzen. Sowohl Fersensitz als auch Kniestand sind für Babys wichtige Übergangsstadien zwischen Sitzen und Stehen.
Diese Körperhaltung symbolisiert Selbsterniedrigung, wie sie mit Unterwerfung oder Verehrung einhergeht. Wahrscheinlich entstand das aus dem Umstand, dass man im Knien leichter verwundbar ist als im Stehen, besonders bei gesenktem Kopf. Sogar die stolze, aufrechte Haltung von Königen und Pharaonen wird gemildert, wenn sie demutsvoll zum Gebet niederkniend dargestellt werden.
In der Kniehaltung zeigt sich auch entspannte Wachheit und es lassen sich Kraft und Bereitschaft in diese Position legen, beispielsweise bei Vajrasana oder Virasana (Seite 198). In der Kampfkunst ist das Knien oft eine vorbereitende Position, aus der man schneller aufstehen kann als aus dem Schneidersitz. Beim Aikido werden sogar Würfe aus dem Knien geübt.
Beim Yoga werden Haltungen im Knien eingesetzt, um die Hüftgelenke zu öffnen. Wenn zwischen Rumpf und Standfläche die Beweglichkeit von Füßen und Beinen nicht mehr gegeben ist, kann man sich besser auf die Bewegungen der Hüftgelenke, der Beckenhälften und des Beckenbodens konzentrieren.
Haltungen im Knien bieten außerdem eine stabile Basis, über der der Körperschwerpunkt sich erheben kann, damit sich die Wirbelsäule streckt. Sehr schön zu sehen ist das beispielsweise bei Ustrasana oder bei Eka Pada Rajakapotasana.
Vajrasana Der Blitz
wadsch-RAAS-ann a | vajra = Blitz, Diamant
Virasana Der Held
wir-AAS-anna | vira = Mann, Held, Anführer
Gelenkaktionen
Wirbelsäule
Beine
neutrale oder axiale Extension
Hüfte: Flexion, Innenrotation und Adduktion
Knie: Flexion
Fußgelenk: Plantarflexion
Hinweise
Das Ziel ist genau wie bei vielen Sitzhaltungen (etwa Sukhasana, Siddhasana oder Padmasana, Seite 156 f.) Stabilität und Leichtigkeit – oder Sthira und Sukha, die grundlegenden Eigenschaften aller Asanas, wie sie Patañjali in den Yoga-Sutras formuliert hat. Virasana und Vajrasana zeichnen sich dadurch aus, dass sie Wirbelsäule und Schädel sicheren Halt geben, sodass man die Aufmerksamkeit für Pranayama oder die Meditation nach innen richten kann (wie auch bei den genannten Sitzhaltungen).
Manchen Menschen fallen diese Kniehaltungen leichter als der Schneidersitz, weil die Hüftgelenke nicht auswärts gedreht und adduziert werden müssen wie bei Siddhasana oder Sukhasana.
Kniehaltungen sind auch symmetrischer, da sich beide Beine in der gleichen Stellung befinden und nicht eines vor das andere gekreuzt wird. Das Kreuzen der Beine erzeugt asymmetrische Gelenkaktionen im Becken, die langfristig zu Schäden führen können.
Balasana
Die Kindhaltung
ba-LAAS-ann a | bala = jung, kindisch, nicht ausgewachsen
Klassifikation
Symmetrische Vorbeuge im Knien
Gelenkaktionen
Wirbelsäule
Beine
Flexion
Iliosakralgelenk: Nutation
Hüfte: Flexion und Adduktion
Knie: Flexion
Fußgelenk: Plantarflexion
Hinweise
Die Schwerkraft zieht den entspannten Körper tiefer und tiefer. Bei dieser Haltung besteht die Herausforderung darin, die Sitzbeinhöcker an die Fersen und die Stirn auf den Boden zu bekommen. Dazu müssen sich einige Muskeln längen: die Rückenstrecker, der große Gesäßmuskel ( M. glutaeus maximus ), der birnenförmige Muskel ( M. piriformis ) und andere Rotatoren, die ischiokrurale Muskulatur (Oberschenkelrückseite), der mittlere und kleine Gesäßmuskel ( Mm. glutaeus medius und minimus wegen der Hüftadduktion), der vordere Schienbeinmuskel ( M. tibialis anterior ), der dritte Wadenbeinmuskel ( M. peroneus tertius ), kurzer und langer Zehenstrecker ( Mm. extensor digitorum longus und brevis ) sowie in den Füßen kurzer und langer Großzehenstrecker ( Mm. extensor hallucis longus und brevis ).
Es gibt Varianten, bei denen die Knie geöffnet sind (Hüftabduktion) – damit eine neutralere Extension in der Wirbelsäule möglich ist und der Bauch mehr Platz hat – und die Arme über Kopf gestreckt sind, mit den Händen die Fersen gegriffen werden, der Kopf auf verschränkten Armen ruht und der Kopf zur Seite gedreht wird.
Manchmal sind die Hüftgelenke blockiert, weil die Hüftbeuger versuchen, den Rumpf an die Oberschenkel zu ziehen, anstatt diese Arbeit der Schwerkraft zu überlassen. Das Loslassen kann mit Hilfsmitteln erleichtert werden.
Auch im Fußrücken kann Spannung
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