You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
stützte, sich gegen eine Zeugenaussage wehrte, und „auch wenn er vor Gericht erschienen wäre, haben wir andere Zeugen, denen er verriet, dass es niemals geschehen war und dass er niemals wieder mit seine Eltern reden wird, weil sie ihn zu der Aussage gezwungen haben“. (Der Junge hatte seit elf Jahren nicht mehr mit den Eltern geredet.)
Kein Wunder also, dass sich Michael durch Toms Anwesenheit gestärkt fühlte, als der Fall schließlich vor Gericht verhandelt wurde!
Es war Ende Februar 2005.
Am ersten Tag des Prozesses hielt sich die Familie in Neverland auf. Michael stand schon früh auf, um sich mental vorzubereiten, seine Haare zu machen, sich anzukleiden und von Karen Faye das Make-up auflegen zu lassen. Wir waren alle in unsere Gedanken versunken und aßen nur ganz wenig. Man konnte das beinahe mit der Vorbereitung auf ein Konzert vergleichen. Wir mussten bei einer Show erscheinen, die wir nie gewollt hatten. In diesem Moment fanden wir heraus, was uns als Familie, als Brüder und Schwestern verband. Alles wogegen wir uns immer sträubten, was wir stets vermieden hatten, kam in den nächsten Wochen auf uns zu. Wir waren gezwungen, direkt in das hässliche Gesicht der Wirklichkeit zu schauen. Hier drehte sich nichts mehr um unglaublichen Erfolg oder Ruhm, darum, der Beste sein zu wollen, oder um Michaels Image als King of Pop – wir mussten das alles am Eingang zum Gericht abgeben. Im Gerichtssaal stand die unverblümte menschliche Natur im Vordergrund – das Gute, das Böse und das Hässliche – und eine Situation, die wir nicht kontrollieren konnten.
Am ersten Tag, als wir uns direkt in Sneddons „Kartenhaus“ setzten, sah ich zu Michael hinüber, der eine Militärjacke mit einem roten Armband trug, und war beeindruckt von der glasklaren Präsenz und der Haltung, mit der er auszudrücken schien: „Macht schon. Gebt euer Bestes!“ Er trat mit erhobenem Kopf in den Saal … und roch gut! Michael hatte nämlich das Dolce & Gabbana-Parfüm aus dem Fläschchen mit dem roten Verschluss aufgelegt, das zu meinen Lieblingsdüften zählt. Wenn ich es heutzutage in der Nähe von Prince und Paris trage, meinen die beiden: „Du riechst wie Daddy!“
An einem späteren Tag, auf der Fahrt zum Gericht, besprühte sich Michael damit seine ganzen Klamotten– er nebelte sich regelrecht ein. Mutter – die immer meinte, sie sei gegen Parfüms allergisch – begann zu husten. „Du benutzt doch viel zu viel! Ich kriege gar keine Luft mehr! Hör damit auf …“
Michael begann zu lachen und versprühte noch mehr. „Das duftet doch gut, Mutter … willst du auch was, Jermaine?“
Ich nahm ein wenig und trug es auf den Nacken auf. Mutter mokierte sich und versuchte ernst zu wirken, musste aber ebenfalls lachen, weil wir sie mal wieder aufzogen. Momente wie dieser halfen dabei, die Spannung ein wenig zu mildern, die ein Tag vor Gericht mit sich bringt.
Wir fuhren oft mit einer schwarzen Geländelimousine zu den Verhandlungen. Die Security saß ganz vorne, Joseph eine Reihe dahinter und Mutter, Michael und ich in der hinteren Reihe. Beim Verlassen von Neverland sahen wir die vielen am Tor stehenden Fans, die Spruchbänder mit den Worten „Liebe“ und „Unschuldig“ hochhielten und uns Mut machen. Ich werde niemals den Augenblick vergessen, in dem Michael den Fahrer bat, anzuhalten, da er ein Bild gesehen hatte, mit dem eine Frau winkte. Er öffnete die Scheibe, schüttelte ihre Hand und nahm das Foto ihres Babys, um es näher zu betrachten. „Es ist wunderschön … was für ein schönes Kind“, meinte er mit sanfter Stimme.
„Ich liebe dich, Michael“, sagte die Frau.
„WIR LIEBEN DICH MICHAEL!“, schrie die Menge, während wir langsam davonfuhren. Michael nahm oft auf dem rechten Sitz Platz, lehnte den Kopf gegen das schwarz getönte Fenster und steckte die Kopfhörer in die Ohren, um Musik zu hören. Ich hatte ihm in der ersten Woche meinen CD-Player gegeben.
„Hör dir das mal an … das ist ein starker Song“, meinte ich.
Ich hatte „Run Johnny Run“ lange vor der Durchsuchung Neverlands für Tito geschrieben, doch das Thema schien die Realität widerzuspiegeln, denn der Titel handelt von einem Schwarzen in einer alten Stadt im Süden, der ungerechterweise beschuldigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. „Johnny“ muss flüchten, da alle von seiner Schuld überzeugt sind: „You telling me and I know you didn’t touch her / But the white man don’t trust ya / He’ll
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