Zaertliche Eroberung im Herrenhaus
Versprechungen machen, wenn Sie nicht die Zeit und die Absicht haben, diese zu erfüllen. Charlie vergisst nie etwas – nicht einmal die Dinge, an die er sich lieber nicht erinnern sollte.“
Der letzte Satz beunruhigte Jarrett mehr als der Vorwurf. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, aber bald würde er Sophia fragen, was sie damit meinte. Außerdem wollte er wissen, warum es ihr nicht leidtat, verwitwet zu sein. Und auch ihr Gespräch über ein glückliches Leben hatte Fragen aufgeworfen.
Er stand auf. „Wie kommen Sie darauf, dass ich mein Versprechen nicht halten werde?“ Sophias Zweifel hatten ihn getroffen.
„Charlie wurde bereits so oft von Leuten enttäuscht. Ich möchte einfach nicht, dass er sich schon wieder Hoffnungen macht, die nicht erfüllt werden.“
„Nicht alle Menschen brechen ihre Versprechen. Vielleicht sollten Sie etwas mehr Vertrauen haben.“
„Zu Ihnen?“, entgegnete Sophia. „Ich kenne Sie doch kaum!“
„Das lässt sich ja ändern.“
Sie zuckte die schmalen Schultern, doch Jarrett sah auch, dass sie ein Lächeln unterdrückte. Zufrieden ging er die Stufen der Veranda hinunter und begann, mit Charlie Werfen und Fangen zu üben.
Als er eine Weile später in die Küche ging, um neue Getränke zu holen, sagte seine Schwester: „Ich habe dich mit Charlie spielen sehen. Das scheint dir ja richtig Spaß zu machen. Bis Sophia aufgetaucht ist, wirktest du ziemlich gelangweilt, und dann warst du plötzlich bester Laune.“ Sie lächelte liebevoll. „Es freut mich, dass du ihre Gesellschaft so genießt.“
„Ja, Sophia fasziniert mich. Und Charlie ist ein wirklich netter kleiner Kerl.“
Beth, die gerade Gläser gespült hatte, trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. „Irgendetwas scheint Sophia zu quälen. Ihre Augen wirken so traurig, und sie ist sehr darauf bedacht, ihren Sohn zu beschützen.“
„Das ist doch kein Verbrechen“, verteidigte Jarrett sie.
„Natürlich nicht. Aber als sie vorhin gezögert hat, Charlie im Garten spielen zu lassen, fanden einige Gäste das doch sehr übertrieben.“
Er wurde wütend, versuchte aber, ruhig zu bleiben. „Ach ja?“, fragte er.
„Jarrett, es ist doch ganz normal, wenn die Leute Mutmaßungen anstellen“, beschwichtigte Beth ihn. „Immerhin ist Sophia wie aus dem Nichts hier aufgetaucht und in das begehrteste Haus weit und breit gezogen, bevor es überhaupt zum Verkauf angeboten wurde. Natürlich fragt man sich da, ob eine Verwandtschaftsbeziehung besteht – und wenn ja, warum nicht darüber gesprochen wird. Diese Verschwiegenheit weckt Misstrauen. Ich vermute, dass etwas Tragisches in ihrem Leben passiert ist, bevor sie hierher zog. Vielleicht etwas, das mit Charlies Vater zu tun hat.“
Einen Moment lang war Jarrett sprachlos. Dann seufzte er. Vermutlich hatte Beth recht. Vielleicht hatte Sophias Mann Depressionen gehabt und sich das Leben genommen? „Wenn sich das als richtig erweist, dann sollten die Leute freundlich und mitfühlend sein, ohne Sophia zu verurteilen.“
„Das ist sicher richtig“, gestand Beth ein. „Hat sie dir gegenüber etwas gesagt?“
„Nein. Aber warum sollte sie mir auch etwas so Privates anvertrauen? Sie hat mich ja gerade erst kennengelernt. Und jetzt hole ich uns etwas zu trinken und gehe wieder raus zu ihr.“
„Du findest Sophia aber nicht nur attraktiv, weil ihr High Ridge Hall gehört, oder?“
„Wie bitte?“
„Nimm mir die Frage bitte nicht übel“, bat seine Schwester. „Aber ich weiß schließlich, dass dein Herz an dem Gutshaus hängt. Vielleicht hoffst du ja darauf, dass sie es dir verkauft, wenn ihr euch anfreundet.“
„Ich glaube, wir sollten unser Gespräch jetzt besser beenden.“ Beths Frage ließ den Eindruck entstehen, dass sie in ihm nicht ihren liebenswerten Bruder sah, sondern lediglich den nüchternen, zuweilen skrupellosen Immobilienbesitzer, als der er bekannt war. Jarrett war sehr wichtig, wie seine Schwester über ihn dachte, und so wirkte der sonnige Nachmittag plötzlich deutlich düsterer. Er vergaß ganz, dass er bis vor Kurzem ja tatsächlich darauf spekuliert hatte, Sophia vielleicht zum Verkauf von High Ridge Hall überreden zu können.
Er füllte die beiden Gläser auf und ging nach draußen, wobei er alle Versuche der Gäste ignorierte, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Überrascht blickten sie ihm nach, als er direkt zu der hübschen Frau ging, die noch immer auf der Gartenbank saß.
Jarrett stellte die Gläser ab und
Weitere Kostenlose Bücher