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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Festnetzanschluss springt nur der Anrufbeantworter an und fordert
mich auf Deutsch und auf Griechisch auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Ich
lege auf und wähle seine deutsche Mobilfunknummer.
    »Herr Kommissar, mir ist bewusst, dass ich Ihnen noch etwas schuldig
bin«, meint er, sobald er meinen Namen hört. »Ich hatte Ihnen ja versprochen,
auf dem Konsulat eine [380]  Aussage zu machen, doch leider bin ich dann von
Taormina direkt nach Rom gereist und war deshalb noch gar nicht wieder in
Deutschland. Wenn ich Anfang nächster Woche zurück bin, werde ich das sofort
erledigen.«
    Kurz geht mir der Gedanke durch den Kopf, ihn zu fragen, ob es noch
andere Deutschgriechen gibt, die in Griechenland ebenfalls im archäologischen
Bereich tätig sind, doch ich verkneife es mir. Wenn er tatsächlich etwas mit
dem nationalen Steuereintreiber zu tun hätte, würden bei ihm die Alarmglocken
schrillen. Daher beschränke ich mich auf einen knappen Kommentar: »Ich möchte
Sie bitten, die Sache mit der Aussage nicht zu verschleppen, denn es ist
dringend.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Anfang nächster Woche haben Sie
alles. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    Kaum habe ich aufgelegt, beginne ich nach einem Fernsehgerät zu
fahnden, da ich die Filme so schnell wie möglich sehen möchte. In Gikas’ Büro
steht zwar ein Fernseher, aber ich möchte die DVD s
weder zusammen mit ihm noch mit irgendjemand sonst anschauen. Nicht dass ich
mir etwas Weltbewegendes davon erwarte, aber sollte sich unverhofft doch etwas
ergeben, will ich mit klarem Kopf und ohne dass mir jemand reinredet meine
Schlussfolgerungen ziehen.
    »Ein Fernsehgerät exklusiv für Sie werden Sie hier nicht finden,
Herr Kommissar. Aber ich kann Ihnen einen anderen Vorschlag machen: Warum sehen
Sie sich die DVD s nicht auf meinem Computer an?
Der Bildschirm ist zwar relativ klein, aber das spielt für Ihre Zwecke ja keine
Rolle.«
    Als Dermitsakis eintrifft, legt Koula die erste DVD in ihren Rechner ein und überlässt mir ihren
Bürostuhl. Es handelt sich um das Video zum antiken Kerameikos-Friedhof. [381]  Nachdem ich den ganzen Film gesehen habe, habe ich die Ausschnitte, die der
nationale Steuereintreiber verwendet hat, zwar wieder präsent, doch eine
konkrete Spur ergibt sich daraus nicht.
    Die zweite DVD geht über die Pnyx und
den Musenhügel. In der Machart unterscheidet sich der Film nicht von dem
ersten. Auch hier werden die Bilder von einem Sprecher kommentiert, der den
Zuschauer in die Geschichte des Ortes und der antiken Funde einführt. Gegen
Ende des Films stoße ich jedoch auf etwas Interessantes, denn plötzlich tauchen
Aufnahmen von Chomatas und seiner Werkstatt auf. Dabei handelt es sich nicht um
das Souterrain, das ich bei meinem Besuch gesehen habe, sondern um einen großen
Raum mit einer Werkbank und verschiedenen Arbeitsgeräten. Offenbar wurde der
Film gedreht, bevor Chomatas durch seinen Gefängnisaufenthalt alles verlor.
    Chomatas erläutert seinem unsichtbaren Gesprächspartner, wie er die
Gipsabdrücke des Philopapposdenkmals, das sich auf dem Musenhügel befindet, anfertigt.
Die Kamera hält dabei sämtliche Arbeitsschritte fest.
    Ich rufe Koula und bitte sie, den Film anzuhalten, damit ich mich
kurz auf meine Überlegungen konzentrieren kann. Ich hatte Chomatas zwar eine
Reihe von Fragen gestellt, doch an Nassiotis hatte ich nicht gedacht, da ich ja
nicht wusste, dass sich die beiden kannten. Deshalb beschließe ich, Chomatas
einen zweiten Besuch abzustatten. Vielleicht kommt dabei doch ein interessanter
Hinweis heraus. Meine Assistenten weise ich an, die übrigen Videos zu sichten
und sich die Stellen zu merken, die mich ihrer Meinung nach interessieren
könnten.
    [382]  Aus dem Büro meiner Assistenten fahre ich direkt in die Garage zu
meinem Seat hinunter, um so rasch wie möglich zu Chomatas zu gelangen und ihn
über seine Beziehung zu Nassiotis zu befragen. Ich habe zwar keine Vorstellung,
was dabei herauskommen wird, doch da ich es ohnedies gewöhnt bin, im Trüben zu
fischen, stört mich das nicht weiter.

[383]  50
    Problemlos finde ich Chomatas’ Souterrain wieder, nur mit
den Parkplätzen sieht es schlecht aus. Auf der Acharnon-Straße könnte man nicht
einmal einen Kinderwagen parken. Wie es aussieht, hat Vlassopoulos recht: Um
Benzinkosten zu sparen, lassen die Athener ihre Autos lieber stehen. Als ich
den Häuserblock dreimal umrundet habe und knapp vor einem Wutanfall stehe,
stoße ich schließlich in der

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