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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Renner
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unverzüglich mit der Instandsetzung unserer heiligen Uhren zu beginnen. Dir wird die Möglichkeit gewährt, Geschichte zu schreiben, Erschaffer! Dem jahrhundertelangen Krieg Einhalt zu gebieten. Denke in deiner Zelle darüber nach. Und jetzt schaffe ihn mir aus den Augen, Otter, bevor ich die Geduld verliere!«
    Es ertönen Geräusche wie von einem kleinen Handgemenge, dann fällt eine Tür ins Schloss und es wird still. Der aufsteigende Rauch bringt nichts als Schweigen mit sich. Mein Vater wird wohl immer noch an seinem Schreibtisch sitzen – nachdenken, Pläne schmieden, lauschen –, weshalb ich es nicht wage, den Backstein in die Wand zurückzusetzen und meine Spuren zu verwischen. Ich lasse mich leise zu Boden sinken und lehne mich mit dem Rücken an die warme Backsteinwand.
    Frieden. Hätte ich es nicht mit eigenen Ohren gehört, würdeich es nicht glauben. Es scheint, als wäre mein Vater einen Waffenstillstand mit den Erschaffern eingegangen.
    Und um diesen Frieden abzusichern, haben sie ihm einen Uhrmacher als Unterpfand gegeben – einen Jungen, der unsere heiligen Uhren reparieren wird. Uhren, deren Zeiger stehen, seit die Uhrmachergilde vor fast einem halben Jahrhundert in dem Irrglauben, zu wertvoll zu sein, um getötet zu werden, einen Aufstand gegen die Magier anzettelte.
    Wenn es dem Erschaffer gelingt, die heiligen Uhren wieder zum Laufen zu bringen, kann Benedict sich der Loyalität jedes Magiers in der Stadt sicherer denn je sein. Aber … ein Waffenstillstand? Frieden? Nein, daran glaube ich nicht. Benedict will keinen Frieden. Das Einzige, wofür mein Vater sich interessiert, ist, die Erschaffer von der Erdoberfläche zu fegen, die vor fünf Generationen während des Vieh-Aufstands jeden Magier auf ihrer Seite des Großen Walls getötet haben. Dafür zu sorgen, dass sich die aufrührerischen Ideen nicht auch auf unserer Seite des Walls ausbreiten. Ich weiß, dass ich recht habe. Der Rauch hat nicht nur die Worte meines Vaters mit sich getragen, sondern auch seine dunklen Gefühlsregungen.
    Es ist weit nach Mitternacht, als die letzten Flammen im Kamin erlöschen und ich höre, wie Benedicts Schritte sich in Richtung seines Schlafgemachs entfernen. Ich setze den Backstein wieder in die Wand ein und härte den Mörtel, stelle mich dabei aber nicht besonders geschickt an. Ich bin erschöpft und von der Frage abgelenkt, die unaufhörlich in meinem Kopf kreist: Was hat mein Vater wirklich mit dem Erschaffer vor, mit diesem Jungen, dessen angstvolles und zugleich wütendes Gesicht ich nicht vergessen kann?
    Ich schlafe schlecht und wache viel zu spät auf. Mit kaltem Wasser wasche ich einen Teil der Müdigkeit fort, werfe mir meine Robe über und überhöre die knurrende Leere in meinem Magen. Das Frühstück muss heute ausfallen. Ich laufe stolpernd über den Hof und blinzle gegen die Morgensonne an. Hat es die letzte Nacht wirklich gegeben oder habe ich den jungen Erschaffer mit seinen strahlend blauen Augen und der scharlachroten Weste nur geträumt?
    Wie zur Antwort beginnt die Beule an meinem Hinterkopf zu pochen. Kein Traum. Aber jetzt ist nicht der Moment, um darüber nachzugrübeln, was Benedict mit ihm vorhat. Ich komme ohnehin schon zu spät in die Akademie und die erste Unterrichtsstunde hält heute Aluid. Das bedeutet noch einen Strafpunkt, mindestens. Ich treibe mich zur Eile an, bin aber kaum drei Schritte gelaufen, als ich ein Tribut-Kind bemerke – ein kleines Mädchen in einer verblichenen, ehemals schwarzen Tunika, das, so schnell es seine dünnen Beinchen tragen, auf mich zugerannt kommt und mit einer tiefen Verbeugung vor mir stehen bleibt.
    »B-Bitte … Eure … Eure Ladyschaft«, stammelt sie atemlos und stolpert vor Aufregung über ihre eigenen Worte. Sie kann nicht älter als sieben sein. Ihre Haare sind kurz und blond, nicht lang und dunkel, trotzdem spüre ich, wie mein Herz sich zusammenzieht. Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf, wodurch ich noch furchteinflößender auf das Kind wirken muss, aber ich kann nicht anders. Ihr Anblick schmerzt zu sehr.
    »Was gibt es?«, frage ich und versuche, meine Ungeduld zu verbergen und wenigstens meine Stimme freundlich klingen zu lassen.
    »Bitte, Lady, Seine Lordschaft, der Erzmagier Benedict, möchte Euch sehen.«
    Panische Angst durchflutet mich. »Jetzt sofort? Aber ich muss in den Unterricht und …« Ich verstumme. Zumindest wird Aluid mich nicht dafür bestrafen können, dass ich zu spät komme. Auch wenn ich

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