Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
sich wieder an seine Arbeit macht und mit hoch konzentriertem Gesicht auf das glühende Eisen einhämmert, einen letzten Blick zu, bevor ich gehe. Ich bin eine Magierin, und meine gesamte Erziehung verlangt, ihn für sein anmaßendes Verhalten zu bestrafen. Gleichzeitig empfinde ich eine seltsame Freude darüber, dass er mit mir gesprochen hat, als wäre auch ich nichts weiter als eine gewöhnliche Diebin.
7
V or Aufregung kann ich weder schlafen noch essen. Dabei wären Ruhe und ein stärkendes Mahl genau das, was ich am dringendsten brauche, um die vor mir liegende Nacht durchzustehen. Endlich schlägt die Uhr in meinem Schrein dreimal, und ich schleiche mich an den Nachtwächtern vorbei durch die Korridore des Palasts, wobei ich mir vorzustellen versuche, wie es wäre, ein Mitglied der Diebesgilde zu sein.
Es ist gut, dass es den Mond gibt – ich will es nicht riskieren, magisches Licht zu benutzen. Mir ist kalt und ich wünschte, die Palastböden wären aus Holz statt aus Marmor. Andererseits würden Holzbohlen knarren, und ich mache auch so schon genügend Lärm, weil ich es nicht verhindern kann, dass meine Robe raschelnd die Wände streift und meine nackten Füße bei jedem Schritt ein tapsendes Geräusch von sich geben.
Twiss’ Sippe würde mich niemals aufnehmen. Bei der Vorstellung, eine Magierin würde in dieser geächteten Gilde in die Lehre gehen, muss ich lächeln. Diebe bestehlen sowohlVieh als auch Magier, und Benedict versucht schon seit Jahren, sie auszulöschen. Es ist eine seiner größten Niederlagen als Erzmagier, dass ihm das bisher nicht gelungen ist.
Ich öffne eines der Fenster, klappe die Läden auf und klettere über den Sims auf den Hof hinaus. Mein Herz klopft so schnell wie Tabithas Hammer, als ich über den offenen Platz husche. Ich ducke mich im Mondschatten der Rosenbüsche und umrunde schlanke hohe Steinsäulen, die zu den Sternen zeigen. Eigentlich glaube ich nicht an die Geschichten, die man sich über die Statuen erzählt – dass sie Gefangene sind, die im Zeitalter der Großen Magie in Marmor oder Bronze verwandelt wurden –, trotzdem ist es mir lieber, ihre Schatten zu meiden.
Ich kauere mich zu Füßen des alten Lorbeerbaums und spähe zum Eingang des Kerkers hinüber. Wer hat heute Nacht Dienst? Davon hängt alles ab. Fliegen erfordert große magische Kräfte. Wenn der Diensthabende ein Meister ist und nicht gerade seinen Rausch ausschläft, wird er spüren, wie sich die Elemente verschieben. Dann fragt er sich vermutlich, wer um diese nachtschlafende Zeit derart starke Magie ausübt, und versucht, der Sache auf den Grund zu gehen.
Aber ich muss es tun … mein Blick wandert hinauf zum Dach des Kerkers … es gibt keinen anderen Weg hinein. Mein Blut brodelt vor Aufregung. Ungehorsam! Ich erlaube mir, einen Augenblick lang in dem Gefühl zu schwelgen, etwas Verbotenes zu tun.
Ich bin eine Luftgeborene. Einfachen Magiern fällt es schon schwer, auch nur ein paar Sekunden über dem Boden zu schweben – ich dagegen fliege. Konzentration ist das Wichtigste, dann die Luft zu seinen Füßen verdichten undabheben. Allerdings fühlt es sich eher so an, als würde man auf Streben aus Federn balancieren. Jetzt bereue ich es, nichts gegessen zu haben. Diese Art der Magie verbraucht eine unglaubliche Menge an Energie, und ich bin körperlich völlig erschöpft, als ich das Gefängnisdach erreicht habe. Vor Anspannung zitternd verharre ich in geduckter Stellung und warte. Der Mond leuchtet vom Himmel herab und die schlanken, den Hof säumenden Zypressen werfen ihre Schatten auf das Dach. Stille.
Ich schlucke, um meine trockene Kehle zu befeuchten, und bewege mich so leise wie möglich zum Rand des Dachs. Auf dieser Seite des Kerkers befindet sich ein kleines Fenster. Es steht immer offen, seine Holzläden sind schon vor langer Zeit vermodert. Ein vergessenes Fenster. Tagsüber fliegen hier Tauben ein und aus, nachts Fledermäuse.
Ich trete vom Dach auf eine Strebe aus verdichteter Luft und begebe mich auf die Höhe des Fensters hinunter. Ein Geruch nach Staub, verrotteten Federn und den getrockneten Fäkalien kleiner Tiere steigt mir in die Nase. Beherzt greife ich nach dem Sims, ziehe mich hinein und lande auf einem völlig verdreckten Holzboden. Die Bohlen sind alt und morsch, und im schwachen Schein des Mondlichts sehe ich, dass ich in einer Art ehemaligem Lagerraum stehe. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie etwas an einer Wand entlanghuscht, und mein Magen zieht
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