Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
sich zusammen. Ich hasse Ratten.
Die Tür liegt auf der gegenüberliegenden Seite. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass der diensthabende Magier entweder tatsächlich kein Meister oder betrunken ist, und schwebe zu ihr hinüber. Was allerdings eher etwas damit zutun hat, dass ich mir nicht sicher bin, ob der Holzboden mein Gewicht tragen würde, als damit, dass er so dreckig ist. Die Tür ist abgeschlossen und das Schloss völlig eingerostet. Ich lasse es noch ein bisschen mehr rosten, drücke dagegen und fluche lautlos. Ich habe nicht daran gedacht, dass die Angeln quietschen würden. Der wachhabende Magier ist vielleicht kein Meister, aber Ohren wird er haben. Genau wie die Gefängniswärter.
Reglos stehe ich neben der halb geöffneten Tür in einem dunklen Gang und lausche mit wild pochendem Herzen in die Stille hinein. Nichts. Die Göttin Zeit hält heute Nacht ihre schützende Hand über mich. Ich habe noch einmal Glück gehabt, aber wenn ich nicht vorsichtiger bin, verspiele ich meine vielleicht einzige Chance, mit dem Erschafferjungen zu sprechen. Als ich an ihn denke, steigt sein Gesicht vor meinem inneren Auge auf, und ich beschließe, etwas zu tun, das ähnlich riskant ist wie das Fliegen. Aber dieser Kerker ist ein einziger Irrgarten und ich muss den Jungen schnell finden.
Ich gehe in die Hocke, presse den Rücken an die Wand und sende einen dünnen Bewusstseinsfaden aus. Der Großteil meines Geists verbleibt dabei jedoch in meinem Körper. Um mehr zu wagen, habe ich einfach zu große Angst. Ich konzentriere mich auf das Bild des Erschaffers und schicke den Faden durch die Gänge des Kerkers, bis ich ihn einem Bluthund gleich aufgespürt habe.
Er befindet sich einen Stock tiefer in einem verschlossenen Raum und nicht in einer der Kerkerzellen. Offensichtlich möchte Benedict ihn lebend und gesund. Der Junge liegt in einer Ecke des Raums unter einem vergitterten Fensterauf einer Pritsche. Aber er schläft nicht. Ich suche nach dem Wächter, der dem Raum am nächsten ist. Es ist eine Frau. Sie patrouilliert durch die Gänge und folgt auf ihrer Route dem immer gleichen Muster. Ich präge es mir gut ein und kehre dann in meinen Körper zurück.
Keine fünf Minuten später stehe ich vor der Tür des Erschaffers. Mir bleiben ungefähr fünf weitere Minuten, bis die Wächterin wieder in Sicht- und Hörweite ist. Genügend Zeit, um das Schloss mit meinem Geist zu berühren und die Metallstifte, die es verriegeln, zur Seite zu schieben. Ein leises Klicken ertönt. Behutsam drehe ich den schweren Türknauf und schlüpfe in den Raum.
Wie einfach das war. Ein triumphierendes Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Vielleicht würde die Diebesgilde mich ja doch aufnehmen und … Plötzlich wirft sich jemand auf mich, und ich spüre, wie sich ein Arm um meinen Hals schlingt. Ich versuche noch etwas zu sagen, aber der Arm drückt so unerbittlich zu, dass mein Instinkt unwillkürlich das Kommando übernimmt. Ich verdichte die Luft zwischen dem Angreifer und mir und stoße ihn mit aller Kraft fort. Sobald der Junge rückwärtstaumelt, sende ich einen Ball magischen Lichts aus, der zwischen uns rotiert. Mein Atem geht stoßweise, was nicht allein an der Kraftanstrengung liegt. Seit jener schicksalhaften Nacht in der Bibliothek ertrage ich es nicht, berührt zu werden. Ich gebe dem Erschaffer mit einem warnenden Blick zu verstehen, so etwas nicht noch mal zu versuchen.
Mein magisches Licht spiegelt sich in seiner Iris und färbt sie so blau wie das Federkleid eines Eisvogels. Bei seinem Anblick, seiner Nähe schnürt mir etwas die Kehle zu. Ersteht in leicht gebückter Haltung da, die Arme kampfbereit erhoben, und funkelt mich finster an. Das Einzige, was seine Angst verrät, ist der rasende Puls an seiner Halsschlagader. Vielleicht ist es die bedrohliche Situation, ich weiß es nicht, jedenfalls kann ich plötzlich kaum noch atmen. Er schaut von dem magischen Licht in mein Gesicht und Entsetzen spiegelt sich in seinen Zügen wider, das jedoch schnell einem viel vertrauteren Ausdruck weicht: Hass.
»Was willst du, Magierin? « Er stößt das Wort hervor wie einen Fluch.
»Dir helfen.«
Jetzt, wo ich dem Erschaffer von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe, wird mir klar, wie dumm ich gewesen bin. Warum sollte er mir trauen oder meine Fragen beantworten? Was aber noch viel schlimmer ist – ich kann ihm nicht trauen. Unter keinen Umständen darf ich ihm sagen, dass ich Benedicts Tochter bin und im Palast meines
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