Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
weiß. Ich stehe tief in deiner Schuld, Magierin Zara.« Er greift nach meinen Händen und drückt sie so fest, dass es wehtut. Das Lächeln ist aus seinem Gesicht verschwunden, und er sieht mich mit einem Ausdruck in denAugen an, der so aufgewühlt ist wie der Himmel in einer stürmischen Nacht. »Pass auf dich auf. Komm wieder, Mädchen. Versprich es.«
Ich löse meine Hände aus seinen und beuge mich über ihn, als wollte ich ihn auf den Mund küssen. Seine Lippen öffnen sich einladend, und ich spüre, wie mir heiß wird. Das Blut rauscht in meinem Kopf und fast … fast lasse ich mich dazu hinreißen, diese leidenschaftlichen Lippen zu berühren. Doch im letzten Moment drehe ich den Kopf zur Seite und küsse ihn auf die Wange. Ein freundschaftlicher Kuss. Ich versuche nicht zu lachen, als Meisterin Quint in die Kammer zurückkommt und ich die Enttäuschung in seinem Blick sehe.
»Ich verspreche es«, rufe ich ihm über die Schulter zu, als sie mich zur Tür hinausscheucht.
Den Rest des Tages verbringe ich damit, Twiss zu suchen. Sie hat sich vor mir versteckt und huscht wie ein Geist durch die Katakomben. Während ich Tunnel und Kammern nach ihr durchsuche, fällt mir auf, dass die Atmosphäre sich verändert hat. Die Neuigkeiten über den Wolfshund – und dass ich ihm das Leben gerettet habe – sind bis in den letzten dunklen Winkel der Höhle vorgedrungen. Überall, wo ich hinkomme, richten sich verstohlene Blicke auf mich, aber die meisten sind nicht mehr feindselig, sondern nur neugierig. Irgendwann heftet sich mir eine kleine Horde Halblinge an die Fersen und folgt mir wie der lange, zerzauste Schwanz eines Straßenhunds. Begleitet von aufgeregtem Geflüster, Kichern und dem Tapsen nackter Füße, suche ich weiter nach Twiss.
Ich stöbere sie schließlich in dem Erdloch auf, in das man mich nach meiner Ankunft hier gesteckt hat. Sie ergreift sofort die Flucht, als sie mich kommen sieht, und ich bin so müde und frustriert, dass ich nur mit Mühe der Versuchung widerstehen kann, ihre Füße an den Boden zu heften.
»Rede mit mir, Twiss!«, rufe ich. »Das bist du mir verdammt noch mal schuldig.«
»He, Twiss!«, schreit einer der Halblinge. »Hast wohl keinen Mumm mehr in den Knochen, oder was?«
Sie wirbelt herum, die Hände zu Fäusten geballt, und ich bin froh zu sehen, dass wenigstens noch ein bisschen Kampfgeist in ihr steckt. Bevor sie erneut das Weite suchen kann, eile ich auf sie zu, bleibe jedoch vorsichtshalber zwei Schritte von ihr entfernt stehen. »Ich würde gern etwas mit dir besprechen«, sage ich so unverfänglich wie möglich. »Es wird nicht lange dauern.«
Twiss zögert und schaut nervös zu den Halblingen, die uns lauernd beobachten. »Verzieht Euch!«, zischt sie, dann sieht sie mich kurz an und nickt widerwillig. »Von mir aus. Aber hier sind mir zu viele Ohren. Lass uns woanders hingehen.«
Ich bedeute ihr, mir zu folgen. Die Halblinge nehmen Reißaus, als ich an ihnen vorbeikomme. Es fällt mir schwer, mich nicht umzudrehen, um mich zu vergewissern, dass Twiss mir folgt, aber eine innere Stimme sagt mir, dass sie davonlaufen wird und jede Hoffnung für immer verloren ist, wenn ich es tue. Ich kann keine Schritte hinter mir hören, aber das hat bei einer so geschickten Diebin wie Twiss nichts zu bedeuten. Steh mir bei, Zeit, bete ich. Mach, dass sie mir folgt. Sie ist Aidans und meine letzte Chance.
Als ich Philips Kammer erreicht habe, klopft mir das Herz bis zum Hals, und das Verlangen, über die Schulter zu blicken, ist beinahe übermächtig. Aber ich schaue erst auf, nachdem ich eingetreten bin und mich an den mit Zeichnungen und Pergamentrollen übersäten Tisch des Erkenntnissuchenden gesetzt habe.
Sie ist da. Steht mit großen, ängstlichen Augen im Türrahmen und sieht aus wie ein wildes Kätzchen, das jeden Moment fauchend die Krallen ausfährt und Reißaus nimmt.
»Ich glaube, es ist besser, wenn uns niemand zuhören kann, Twiss.«
Ich lausche meinem eigenen Atem, bis ein kleiner Ruck durch ihren Körper geht und sie endlich in die Kammer tritt und die Tür hinter sich schließt. Zögernd kommt sie an den Tisch und setzt sich mir gegenüber. Dieses Mal weicht sie meinem Blick nicht aus, aber ich habe das Gefühl, dass ihr selten etwas so schwergefallen ist.
»Ich brauche deine Hilfe«, beginne ich ohne Umschweife. »Ich gehe nach Asphodel. In den Palast. Um den Erschaffer zu befreien.«
Der verzweifelte und schuldbewusste Ausdruck in ihrem Gesicht weicht
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