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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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der Tatsache, dass die Liquidation von Lowman ja noch eine Weile …«
    »Sagen Sie mal, führen Sie bei Ihrer Blödbank eigentlich keine Kundendossiers?«, hatte ihn Stadler unterbrochen, »die Nummer hat Kuster auch schon probiert, allerdings mit 30 Prozent. Und als ich mit dem Anwalt winkte, sagte er, dass er noch mal auf mich zukomme.«
    Sandra Muggli, die den Anruf nicht nur aufzeichnete, sondern auch mithörte, hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten. Benz hatte hektisch im Kundenfile von Stadler rumgeklickt und keine entsprechende Gesprächsnotiz gefunden. Kuster, diese Schweinebacke, hatte er erbittert gedacht: »Ich kläre das intern ab und melde mich demnächst wieder bei Ihnen, Herr Stadler, wir werden da sicherlich eine Lösung finden, die …«
    »Okay«, hatte ihn Stadler wieder unterbrochen, »aber rufen Sie dann zu einer zivilisierten Zeit an.« Klick.
    Lunch time, hatte Benz erleichtert gedacht, die nächste Challenge ist ja easy. Als Vorbereitung hatte er noch kurz an seinem Daumennagel geknabbert, dann betrat er mit dem Siegerlächeln eines Extrembergsteigers sein Vorzimmer. Sandra schaute ihn erwartungsvoll an:
    »Und wie sind die Gespräche gelaufen, Ignaz«, fragte sie scheinheilig, »haben Sie die Gipfel gestürmt?«
    »Piece of cake«, sagte er, »Bürgisser kann relaxt bleiben, habe alles unter Kontrolle.«
    Sandra knipste wieder ihr strahlendes Lächeln an, womit sie keine Mühe hatte, etwas schwieriger war es schon, eine Spur Bewunderung hineinzumischen. Frauen fliegen auf Winnertypen, das war schon immer so, dachte Ignaz, das umgibt einen wie ein Parfum. Wie der die Nüstern bläht, um mein Eau de Toilette reinzusaugen, dachte Sandra, fehlt nur noch, dass er zu hecheln beginnt.
    Aber stattdessen leckte sich Ignaz die Lippen und sagte: »Darf ich Sie zu einem kleinen Power Lunch einladen, das haben wir uns wirklich verdient. Ich kenne da einen netten Italiener gleich um die Ecke.«
    Igitt, dachte Sandra, alles, nur das nicht. »Führen Sie mich nicht in Versuchung«, sagte sie, »aber ich muss auf meine Linie achten, deshalb nehme ich über Mittag nur einen kleinen Weight-Watcher-Salat.« Dabei fuhr sie sich mit den Händen an ihrer Taille entlang und verschränkte sie dann unter der Tischplatte in ihrem Schoss.
    Ignaz schluckte trocken und fuhr sich aufgeregt mit seinen Wurstfingern durch seinen Bürstenschnitt. Da wo meine Hände sind, möchtest du deine auch haben, dachte Sandra, vielleicht sollte ich sicherheitshalber den Pfefferspray zur Hand nehmen.
    Ist das ein scharfes Biest, dachte Ignaz, eine eindeutigere Einladung kann es ja kaum geben, also als Winnertyp müsste ich dich jetzt gleich auf den Schreibtisch legen, und dann als Extrembergsteiger, also was mache ich? Wenn der noch einen Schritt näher kommt, drücke ich auf die Alarmtaste, dachte Sandra und blickte unwillkürlich auf ihre weiße Bluse, weil sie befürchtete, dass die schmutzigen Gedanken von Ignaz darauf Spuren hinterlassen hatten.
    Und jetzt schaut sie auch noch provozierend auf ihre Möpse, dachte Ignaz, also Zeit für den Action-Man, die lasse ich jetzt mal einen Gipfel stürmen. Sturmangriff, hechelte er unhörbar und nestelte an seinem Hosenschlitz. Da klingelte das Telefon, Sandra ließ den Pfefferspray in ihre Jackentasche zurückgleiten und nahm ab. »CEO Bürgisser möchte Sie sprechen, Ignaz, asap.«

Dreiunddreißig
    Jetzt weiß ich endlich, wieso Investmentbanker immer Hosenträger tragen, dachte Peter Kuhn, hakte die Daumen darunter, spannte die beiden Bänder so weit wie möglich an und ließ sie los. Aber der Doppelschlag auf seinen Brustkorb machte ihn auch nicht wacher, also warf er noch mal ein Modafinil ein. Verdammt, dachte er, schon wieder den Exitmoment verpasst, High-frequency-Trading ist wirklich nur was für ausgeschlafene Banker. In den letzten 48 Stunden hatte er nur vier Stunden gepennt, denn neben dem mageren Tagessalär von 500 Franken verdiente er an seinem Umsatz, und im fensterlosen Handelsraum der Kreditunion brannten die Lichter 24 Stunden am Tag, keine Arbeitszeitbeschränkung hinderte Trader wie Kuhn daran, ohne Unterbrechung zu zocken.
    Kuhn sprang zweimal im richtigen Moment auf und wieder ab, dann setzte er einen weiteren Deal in den Sand. Plötzlich wurde die Bildschirmbatterie vor ihm dunkel, und genau vor seiner Nase poppte ein neues Fenster auf: »Game over«.
    Sehr komisch, dachte Kuhn, was soll denn das? Weniger komisch fand er es, als links und rechts

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