Zaster und Desaster
Neukunden, Massaker in den Anlagen der bestehenden Kunden, die Deutschen haben Schaum vor dem Mund wegen Steinbrück, und bei den Amis nützt dir nichts, dass du dich von Franz in Frank C. umbenannt hast, die haben so einen Bammel, dass sie nicht mal Anrufe von dir entgegennehmen. Und vor allem keine Einladungen mehr, keine VIP-Events, keine reservierte Loge im Fußballstadion mehr, kein »Schatz, wird heute Abend etwas spät, wichtiger Kunde« mehr. Sie goss sich noch einen Schluck des Sauternes ein und arrangierte ihre Haare. Den Coiffeurtermin bei Pierre sage ich aber morgen nicht ab, dachte sie finster entschlossen. »Worüber denn, mein Schatz«, sagte sie dann so zuckersüß wie der Schluck Weißwein, mit dem sie sich gestärkt hatte.
Künzli betrachtete missmutig das Maisbrot auf seinem Teller, schon wieder leicht angekokelt, das portugiesische Hausmädchen muss ich mal runterbürsten. Ist fett, phlegmatisch und kann nicht mal eine Maisbrotscheibe toasten. Auf den ersten beiden Eigenschaften hatte seine Frau bestanden, gegen die letzte konnte er aber was unternehmen.
Er schob den Teller zurück und überlegte sich, ob er sich einen Schluck von diesem fantastischen Rum aus Venezuela, einen Pampero Riserva Exclusiva im schmucken Ledersäckchen, gönnen sollte, den er Besuchern nicht mehr anzubieten traute, seit dieser Irre Chavez dort am Gerät war. Später, entschied Künzli, das braucht jetzt etwas Konzentration: »Wir sollten vielleicht unsere Ausgabenstruktur etwas optimieren«, begann er.
»Kannst du nicht das Bankergerede mal lassen und dich so ausdrücken, dass dich ein normaler Mensch auch versteht?«
Du und normal, dachte Künzli, ohne die ständigen Anstrengungen von Dr. Märki und den modernsten Erzeugnissen unserer großartigen Psychopharmaindustrie säßest du nicht mal hier am Tisch, sondern wärst wieder in der Klinik am See, so wie letztes Jahr, bevor ich dir diese Schmuckboutique gleich hinter dem Paradeplatz gemietet habe. »Ich drücke mich sehr verständlich aus«, sagte Künzli beleidigt, »aber um es für dich in einfache Worte zu fassen: Wir sollten weniger Geld ausgeben.«
»Wir?«, fragte sie spitz, »heißt das wir oder ich? Also bei mir kann man nicht viel einsparen, ich habe nicht zwei Weinkeller, einen Porsche, ein Segelboot, einen Personal Trainer, eine Uhrensammlung von Breguet bis Omega, drei Krokodillederaktentaschen, einen …«
Jetzt reicht’s, dachte Künzli und stand auf, um sich aus einem seiner beiden Weinkeller den Rum zu holen.
»Ich dachte, du wolltest mit mir reden«, begrüßte ihn seine Gattin, als er sich setzte und einen Doppelten einschenkte, wobei er das Ledersäckchen und seine Krawatte bekleckerte. »Ach, und deine Krawattensammlung habe ich ganz vergessen«, fuhr sie fort, »da sähe ich auch Optimierungsbedarf, um es so auszudrücken, dass auch du es verstehst.«
Wie habe ich es nur so lange mit der ausgehalten, dachte Künzli bitter, aber eine Scheidung kam ja für einen seriösen Private Banker nicht in Frage. »Ich habe bereits die Order für den Aston Martin DB9 gecancelt, obwohl du weißt, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte und wie hart ich dafür gearbeitet habe.«
Hart gearbeitet, dachte seine Gattin, bloß weil ein Russe im Vollsuff einer Totalumstrukturierung seines Depots zugestimmt hat, an der du dir eine goldene Nase verdientest, wie du triumphierend erzählt hast, nachdem du aus deinem Rausch wieder aufgetaucht warst. »Also gut«, sagte sie, »was kann man bei mir groß sparen? Mein Yoga-Lehrer kostet 200 Franken die Sitzung, Pedicure und Coiffeur zusammen 600 im Monat, da hätten wir dann schon 1000 Franken gespart, großartig. Ich kann mir ja auch die Haare selber waschen und mir die Nägel schneiden, kein Problem, wenn es uns wirklich so schlecht geht.«
Künzli goss sich das Glas noch mal voll, damit er seine Betriebstemperatur für die kommende Schlacht erreichte: »Das sind ja Peanuts, nein, ich rede von deiner Boutique. Die kostet alleine an Miete jeden Monat 12000 Franken, und …«
»Meine Boutique«, kreischte seine Gattin, »das Einzige im Leben, das mir wenigstens etwas Spaß macht, meine Boutique, in die ich so viel Liebe, Herzblut und Energie gesteckt habe, meine Boutique willst du mir wegnehmen, du Unmensch?«
»Der Aston Martin …«, wollte sich Künzli verteidigen, aber das war offenbar ganz falsch: »Weißt du, wo du dir deinen Aston Martin hinstecken kannst«, rief seine Gattin so laut, dass sich Künzli
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