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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Schreibtisch. So einen Knopf kenne ich, dachte Hugentobler, jetzt muss es schnell gehen: »Dafür kriegen Sie dann sicher einen Extrabonus«, sagte Hugentobler zum Assistenten, »sauber die Notbremse gezogen.« Der starrte ihn ungläubig und erschreckt an, als zwei lächerlich angezogene Bundesweibel zur Türe hereinstürzten.
    Zwei Stunden später erholte sich der Bundesminister bereits in einer Spezialklinik von seinem Herzkasperl, während Hugentobler seinem COO gegenübersaß. Der hatte inzwischen die grünen Spuren aus seinem Gesicht getilgt, die Haare einigermaßen ordentlich über die kahlen Stellen drapiert und schaute ihn durch seine schwarze Hornbrille aus immer noch blutunterlaufenen Augen kalt an: »Ich habe Sie offenbar überschätzt, Hugentobler, da haben Sie ja eine Katastrophe angerichtet. Ihr Status als Sonderbeauftragter ist per sofort terminiert, Sie sind fristlos freigestellt. Ich erinnere Sie allerdings an Ihre Schweigepflicht. Ach, und den Bankcheck wollen Sie bitte hierlassen, ich habe ihn sowieso gesperrt.«
    »Das geht bei einem Bankcheck«, wunderte sich Hugentobler, »okay, es gibt ja kaum etwas, was wir Banker nicht können. Aber ich muss Sie korrigieren, Sie haben mich nicht überschätzt, sondern unterschätzt. Wenn Sie nicht wollen, dass hier das Dach wegfliegt, dann vergessen wir ganz schnell, was Sie da gerade gesagt haben. Denn wir wollen doch beide nicht, dass es sich herumspricht, dass die EBS mit zwei Pillen für den Notfall ein Mitglied unserer Regierung außer Gefecht gesetzt hat, oder?«
    Hugentobler genoss für einen Moment das eisige Schweigen, das die Raumtemperatur spürbar absenkte, dann fuhr er fort: »Ich mache weiter, einen zweiten Versuch beim Stellvertreter des Bundeszwergs haben wir ja noch. Die 10 Millionen kriege ich jetzt in bar, keine fortlaufenden Seriennummern, keine Tricks, keine Pillen. Und übrigens, falls ich mich aus Verzweiflung aus dem Fenster stürzen sollte oder überfahren werde, inklusive Fahrerflucht: Wenn ich nicht pünktlich alle 24 Stunden eine bestimmte Telefonnummer anrufe und Entwarnung gebe, dann fliegt hier wirklich das Dach weg. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt.«
    Hatte er, denn eine Viertelstunde später rollte Hugentobler einen voluminösen Aktenkoffer aus dem Büro seines COO. Hätte nicht gedacht, dass 10 Millionen in verschiedenen Stückelungen so ein Gewicht haben, stöhnte er.

Zweiunddreißig
    Der erste Arbeitstag in seiner neuen Position als Vize Executive Junior Director Private Banking zeigte noch einen gewissen Optimierungsbedarf in der Performance, räumte Ignaz Benz selbstkritisch ein. Drei Lockrufe an Kunden, drei Nieten gezogen.
    Besonders unangenehm war der letzte gewesen, ein gewisser Stadler aus Nidwaiden. Nach den ersten zwei Niederlagen hatte Benz das Dossier aufmerksam studiert und dachte eigentlich, auf alles vorbereitet zu sein. »Hier ist Benz von der Kreditunion«, hatte er in den Hörer geflötet, »guten Morgen nach Nidwaiden. Ich habe die Ehre und das Vergnügen, Ihr Portefeuille …«
    »Nix da Nidwaiden«, hatte eine verschlafene Stimme geantwortet, »ich bin in New York, und es ist verdammt noch mal fünf Uhr morgens.«
    Benz hatte verdattert nachgecheckt, er hatte die Festnetznummer gewählt, wurde offenbar aufs Handy weitergeleitet. »Oh, dann guten frühen Morgen, Herr Stadler, wenn ich ungelegen komme, dann …«
    »Nö, jetzt bin ich eh schon wach, also bringen wir es hinter uns. Herr Kuster hatte mich vor seinem Abgang noch darüber informiert, dass die Kreditunion sicherlich Hand zu einer einvernehmlichen Lösung biete, was die zwei Mio betrifft, die Ihre Anlagegenies in Lowman-Schrottpapieren versenkten. Also, was haben Sie in der Hand?«
    Der lässt ja nichts anbrennen, hatte Benz gedacht, aber diesmal war er vorbereitet: »Nun, Sie haben ja unsere Broschüre über Risiken im Effektenhandel bekommen, Herr Stadler, darin wurden Sie ja ausführlich darüber aufgeklärt, dass …«
    »Hören Sie doch mit diesem Quatsch auf«, hatte Stadler zurückgebellt, »ich hatte einen Vermögensverwaltungsauftrag erteilt, Anlageprofil risikoarm. Die einzige Frage, die Sie mir beantworten müssen, ist: Wann bekomme ich die zwei Mio ersetzt?«
    »Nun, Herr Stadler, ich hätte da einen sehr interessanten Vorschlag. Wir kaufen Ihnen die Lowman-Papiere ab. Ohne Anerkennung jeglicher rechtlichen Verpflichtung würden wir Ihnen ein Angebot in der Höhe von 25 Prozent des Nominalwerts machen. Angesichts

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