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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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dabei aber auf das Kleingedruckte, wenn Sie also so ein Papier in der Hand haben, auf das wir Ihnen vor allem mindestens fünf, eher zehn, vielleicht auch fünfzehn Prozent Profit versprechen, dann mussten sich alle Beteiligten doch vorher schon mal mindestens, aber allermindestens fünf Prozent Profit abgreifen, damit die Räder in dieser Maschine auch alle wie geschmiert laufen, oder haben Sie noch nie etwas von Boni gehört? Das heißt doch nichts anderes, als dass Ihr Papierchen, bevor Sie selbst bescheidene fünf Prozent abgreifen können, schon mal weitere fünf Prozent erst verdienen muss.
    Und zehn Prozent Profit, mein Lieber, das ist Casino, das ist Zockerei. Das kann gut gehen, muss aber nicht, geht eher nicht gut, jedenfalls nicht auf lange Sicht. Und das geht niemals gut, wenn das Papier nichts anderes als ein Wettschein auf die Zukunft ist. Und wenn der Buchmacher pleite geht, dann ist es nicht mal mehr das Papier wert, auf das es gedruckt wurde. Können Sie mir immer noch folgen?
    Super, dann verrate ich Ihnen noch ein letztes Geheimnis der internationalen Finanzmärkte: Wenn das Weltbruttosozialprodukt so rund 50 Billionen Dollar beträgt, jedes Jahr aber rein virtuelle Summen, die nur aus blinkenden Ziffern auf Computerschirmen bestehen, in der Höhe von hübschen 700 Billionen rumgeschoben werden, muss man da ein Finanzgenie sein, um zu wissen, dass es gelegentlich mal kracht? Das würde selbst ein Schimpanse kapieren, ohne sich lange am Kopf kratzen zu müssen, oder? Habe ich damit alle Ihre Fragen, wieso sich ein hübscher Teil Ihrer Kohle vom Konto verflüchtigt hat, beantwortet?
    Ich werde wirklich langsam zu alt für den Scheiß, dachte Abersold und sagte vorsichtshalber alle weiteren Termine für den Tag ab.

Neununddreißig
    Hugentobler saß der Stellvertreterin des Bundesministers gegenüber.
    Die sieht ja aus wie ein Eichhörnchen auf Speed, dachte er, während er ihr in die weit aufgerissenen Augen blickte.
    »Vielen Dank, Herr Hugentobler«, sagte sie gerade, während sie an ihrem Foulard nestelte und ihn, ohne zu zwinkern, anstarrte, denn er hatte gerade im Namen der EBS die besten Genesungswünsche für ihren Kollegen überbracht, den ein kleiner Herzstillstand mitten aus der Bewältigung der Finanzkrise gerissen hatte.
    »Nun, dieser bedauerliche Vorfall unterbrach leider meine Ausführungen über ein klitzekleines Problem, dem sich die EBS ausgesetzt sieht.«
    »Klitzeklein höre ich gerne«, sagte die Stellvertreterin, »endlich mal eine realistische Sicht in dieser ganzen Schwarzmalerei und dem Herbeireden einer Krise.«
    Hugentobler war etwas überrascht, die ist ja noch blöder als ein Eichhörnchen auf Entzug, dachte er, aber mir soll’s recht sein: »Also eigentlich sind es 68000 klitzekleine Probleme, hochverehrte Dame, denn so viele Kundendaten möchten die etwas forschen Amerikaner von uns haben.«
    Hoffentlich fällt ihr jetzt nicht das Foulard runter, dachte Hugentobler, aber weit gefehlt: »Ich konnte mich noch nicht vollständig in dieses Dossier einarbeiten«, sagte das Eichhörnchen stattdessen und schenkte ihm ein breites Lächeln, »wenn Sie mich da ganz knapp orientieren wollen.«
    Beeindruckende Schaufelzähne, dachte Hugentobler, vielleicht gleicht sie doch eher einem Kaninchen auf Speed. »Aber gerne. Die amerikanische Steuerbehörde behauptet, wir hätten US-Staatsbürgern in der genannten Zahl bei Steueroptimierungen geholfen. Ohne da ausschließen zu wollen, dass einzelne unserer Mitarbeiter möglicherweise etwas über die Stränge geschlagen haben, womit sie selbstverständlich gegen klare interne Richtlinien verstoßen hätten, ist dieser Vorwurf natürlich völlig unsubstanziiert, wie ich Ihnen als Anwältin ja nicht weiter ausführen muss.« Das Eichhörnchen, oder war es doch nicht eher ein Kaninchen, nickte geschmeichelt. »Wie auch immer, das alles unterliegt ja dem Schweizer Bankkundengeheimnis, und deshalb weigern wir uns selbstverständlich, gegen Schweizer Gesetze zu verstoßen, und halten die Tresortüre sozusagen gut verschlossen.«
    »Sehr gut«, sagte das Bundeshörnchen, »als souveräner Kleinstaat mit ewiger Neutralität wollen wir uns nicht in fremde Händel, in diesem Fall zwischen US-Bürgern und der US-Regierung, einmischen.«
    Das wird nicht ganz einfach, dachte Hugentobler, vielleicht hätte ich eine Karotte mitbringen sollen, denn er war zur Überzeugung gelangt, nach dem zweiten Zähneblecken über dem Foulard, dass es sich doch

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