Zaster und Desaster
definitiv um ein Kaninchen handelte. »Ganz Ihrer Meinung«, schleimte er weiter, »obwohl ich das nicht so pointiert ausdrücken könnte. Das klitzekleine Problem besteht nun allerdings darin, dass die US-Regierung ein paar eher unfeine Drohungen ausstößt, auf die auf Regierungsebene reagiert werden muss.«
»Was für Drohungen«, sagte das Bundeskaninchen und legte die Löffel an, »und welchen Handlungsbedarf sehen Sie da?«
»Nun, man kann es sich zwar kaum vorstellen, aber die Cowboys dort drüben behaupten doch tatsächlich, die ehrwürdige EBS habe organisiert und systematisch Beihilfe zu Steuerbetrug geleistet, absurd, was bedeuten würde, dass es sich bei der EBS um eine, ähem, kriminelle Organisation handle, deren Banklizenz in den USA bis zur Abklärung dieses Vorwurfs kassiert werden müsste.«
Das Bundeskaninchen riss die Augen noch etwas mehr auf, wenn das überhaupt möglich war, und schnaufte entrüstet: »Das ist ja unerhört! Ja was erlauben die sich eigentlich? Da rufe ich doch gleich mal meinen Kollegen in Washington an, ja hat man denn Worte.«
Na, ob der einen Anruf aus Swasiland oder Switzerland so einfach durchstellen lässt, dachte Hugentobler amüsiert, während die Stellvertreterin wichtig auf einen Knopf ihrer Telefonanlage drückte und sagte: »Machen Sie mir eine Verbindung mit dem amerikanischen Finanzminister. Ja, dem von den USA. Nun, so in einer Viertelstunde. Wie bitte? Ach so, in Washington ist es erst kurz nach drei Uhr nachts, na dann halt um neun Ortszeit. Danke.«
Vierzig
»Aber Sie sind für diese Position doch deutlich überqualifiziert«, wunderte sich der Direktor der Regionalbank Oberbümpliz, dem Peter Kuhn eines der letzten vorzeigbaren Exemplare seiner Bewebungsunterlagen auf den Tisch gelegt hatte. »Als Sachbearbeiter Kontoablage müssten Sie doch nur kontrollieren, ob die elektronisch erfassten Bewegungen mit den Papierausdrucken übereinstimmen, und die dann im Archiv versorgen. Also ich hatte da eher an einen Anfänger mit kaufmännischer Ausbildung gedacht, aber mit Ihrem Palmarès …«
»Das ist ein guter Einwand«, unterbrach Kuhn etwas hektisch und schob sich verstohlen die Manschette seines Hemdes unter den Jackettärmel, damit man nicht sah, dass sie nicht nur ausgefranst, sondern auch etwas schmuddelig war. »Aber ich möchte gerne zu den währschaften Werten des Banking zurückkehren, weg von den virtuellen Geschäften, hin zum wirklichen Leben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Ja, schon«, sagte der Direktor zögernd, »aber Sie wohnen doch in Zürich, wir hier im Emmental in der Nähe von Bern, also alleine der Arbeitsweg …«
»Kein Problem«, unterbrach ihn Kuhn aufs Neue, »ich möchte auch von der Hektik der Großstadt weg, all dieser Beton und Lärm, stattdessen beschaulich auf dem Land, glückliche Kühe, habliche Häuser, man grüßt sich noch auf der Strasse, man kennt seine Kunden …«
»Ja, aber als Sachbearbeiter hätten Sie dann schon keinen großen Kundenkontakt, Herr Kuhn«, sagte der Direktor leicht befremdet, »und vielleicht stellen Sie sich das Leben in Oberbümpliz da etwas zu idyllisch vor, wir sind ja mehr so eine Schlafgemeinde, nicht wahr, und eine glückliche Kuh habe ich hier schon lange nicht mehr gesehen. Also ich befürchte, dass …«
»Aber ich brauche diesen Job«, sagte Kuhn mit einem leichten Unterton von Verzweiflung in der Stimme und lockerte sich etwas die Krawatte, wobei es dem Direktor nicht entging, dass der oberste Hemdenknopf fehlte. Leicht verlegen blätterte der Direktor im Bewerbungsdossier herum, und langsam beschlich ihn ein leiser Verdacht. »Sagen Sie mal, Herr Kuhn, ich sehe hier, Sie haben einen makellosen Strafregisterauszug beigelegt, aber habe ich das überblättert oder fehlt da ein Betreibungsauszug?«
Der freigelegte Adamsapfel von Kuhn hopste hoch und runter, als er leer schluckte und sich räusperte: »Nun, äh, den kann ich natürlich gerne nachreichen, aber Sie wissen ja selbst, wie schnell man heutzutage betrieben werden kann, da hat es einige bedauerliche Missverständnisse gegeben, die ich natürlich erklären kann, aber verstehen Sie, man hat nie eine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen, und da dachte ich …«
»Tja, Herr Kunz«, sagte der Direktor deutlich reserviert, »wir in unserer Bank legen schon großen Wert auf eine makellose finanzielle Vergangenheit unserer Mitarbeiter, korrektes Verhalten in Gelddingen ist ja die Basis unseres
Weitere Kostenlose Bücher