Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
Vom Netzwerk:
17 Mio verwalten durfte, von denen sich aber auch schon 2 Mio in Luft aufgelöst hatten, denn die aktiv gemanagten Superhedgefunds der Kreditunion, in die er die Kohle reingehauen hatte, waren nach dem Abgang von Kuster ja auch nicht besser geworden.
    Viel mehr schmerzte Kuster aber, dass sich zudem für laufende Kosten mehr als 100000 von seinem eigenen, sauer erarbeiteten Geld verkrümelt hatten. Alleine sein strategischer Entscheid, sich als Brioni-Mann von Kopf bis zu den Schuhen zu repositionieren, hatte beeindruckende Zusatzkosten verursacht. Dabei hatte sich Kuster noch zu seiner Sparsamkeit gratuliert. Denn zunächst hatte er eher an Tom Ford gedacht. Und als Kuster das erste Mal seit vielen Jahren seine Kreditkartenabrechnung angeschaut hatte, früher hatte das Müller abgelegt, damit es aus den großen Töpfen der Kreditunion beglichen wurde, war er zusammengezuckt.
    Aus alter Gewohnheit hatte er im Sala of Tokyo zuerst für zwei das Ô-Toro Sashimi genommen, dann seinen Gast zum Shabu-Shabu überredet und selbst den Teriyaki-Steak Course bestellt, vom Kobe-Rind natürlich, dazu ein paar Fläschlein Mazusake im Holzkistli. Wie immer hatte er die Kreditkarte gezückt, unbesehen unterzeichnet und noch einen Fünfziger draufgelegt. Und jetzt schlug das, neben Dutzenden anderen Positionen, mit 617 Franken zu Buche. Und der Kunde hatte nicht nur dran rumgemeckert, dass er trotz Tischgrill mit eingebauter Absaugvorrichtung seine Kleider in die chemische Reinigung bringen müsse, und australisches Kobe-Rind sei dann schon nicht das Gleiche wie echtes aus Japan. Sondern erst nach dem Extrafläschlein Sake hatte er sich breitschlagen lassen, von den von Kuster erwarteten 11 Tonnen mal 3 rüberzuschieben.
    »Probehalber«, hatte der Geizkragen gesagt und vorwurfsvoll in sein Jackett hineingeschnuppert. Und dabei war das der größte Erfolg seiner Akquisitionstätigkeit gewesen. Kaum einer der anderen Kunden hatte mehr als 500000 aufgeworfen, Peanuts, hätte Kuster früher von Müller erledigen lassen. Und dann diese Ansprüche, »da erwarte ich dann aber eine Super-Performance«, hatte Biedermann wichtig verkündet, als ob der noch nie etwas von der internationalen Finanzkrise gehört hätte und als ob man mit Biedermanns schlappen 300000 große Sprünge machen könnte, von Kommissionen, Fees und Courtagen ganz zu schweigen.
    Damit sind wir haargenau 83 Mio vom Ziel entfernt, fasste Kuster zusammen, und dabei wollte ich nach dem Startstress dann mal eine Woche ausspannen. Nach dem kleinen Reinfall in Mikronesien hatte er mehr an eine nette Privatinsel in der Karibik gedacht. Aufgrund von längeren Evaluationen hatte er mit Necker Island geliebäugelt, dem kleinen Paradies von Richard Branson. Kostete zwar knackige 37000 Dollar pro Tag, aber dafür wurden bis zu 28 Gäste von 50 Bediensteten rund um die Uhr verwöhnt, Spitzenküche inbegriffen.
    Think big, hatte Kuster gedacht, wenn ich da wenigstens 20 Potencials einlade, habe ich zwar rund 200000 Dollar rausgehauen, dafür klingeln dann aber mindestens 100 Tonnen Neuvermögen in der Kasse, wenn ich aus jedem bloß schlappe 5 Mio rausleiere, so beim Absackerchen im Sonnenuntergang. Aber bislang hatte er bloß vier lauwarme Zusagen einbuchen können, und zwei davon nur unter der Bedingung, dass er auch einen erstklassigen Escort-Service drauflegte. Also stand zwischen hellblauem Wasser, weißem Sandstrand und angenehm temperierter Palmhütte mit Butlerservice und Kuster noch dieser Anruf bei Wladimir. Wenn der mitkommt, mach ich’s, dachte Kuster, ist dann sowieso viel intimer. »Jetzt keine Anrufe oder Störungen«, bellte er zu Müller aus alter Gewohnheit in die Gegensprechanlage. War sicher gut für ihn, dass er nicht sah, wie Müller die Augen nach oben rollte, seit vorgestern hatte niemand angerufen. Kuster überprüfte den Sitz seiner Krawatte, setzte sich aufrecht in seinen Chefsessel, schob sich ein Lächeln ins Gesicht und wollte auf die Wähltaste des Blackberry drücken. Halt, dachte er da, hier ist der Empfang nicht immer optimal, nehme doch lieber das Festnetz. Ermutigt durch diesen korrekten Entscheid in letzter Sekunde tippte er Wladimirs Nummer ins Telefon. Halt, dachte er noch mal, da muss ich aber topfit und ruhig sein. Also zog er seine Schublade mit der Bordapotheke, löschte die Nummer und orderte von Müller ein Glas Wasser, still. Dann warf er ein Diazepam rein, überlegte einen Moment, schob noch ein zweites hinterher und schluckte

Weitere Kostenlose Bücher