Zauber der Begierde
über die Hälfte der nach Osten
gelegenen Wand. Er war reichhaltig mit kunstvollen Silberarbeiten verziert;
filigran ausgearbeitete Körbe und kunstvoll geschmiedete Rosen, die wie
gegossenes Silber glänzten, wobei jede Blüte einzigartig war und samten
schimmerte. Oberhalb des ausladenden Simses aus grob gearbeitetem Eichenholz
hing eine Jagdszene, die einen blutigen Sieg dokumentierte.
Das Knirschen der Tür
beendete abrupt ihre Studien. Erschrockenes Luftholen und das jähe Verstummen
der plappernden Stimmen zwang sie zu einem Blick über die nackte Schulter, und
auch ihr entfuhr ein Laut des Schreckens. Der Grobian mit dem Filzteppich im
Gesicht! Sie errötete vor Verlegenheit und ließ sich tiefer in die Wanne
gleiten.
»Mylord, es ist nicht
rechtens -«, begann ein Dienstmädchen.
Die Ohrfeige schallte
durch den Raum, ließ ihren Protest verstummen und erstickte jegliche Gegenwehr
im Keim. Der große, schmierige Unhold aus ihrem Alptraum ging mit lüsternem
Blick vor ihrer dampfenden Wanne in die Hocke. Schmale blaue Augen trafen auf
stählernes Grau, als Adrienne seinem unverschämten Blick standhielt.
Seine Augen ließen ab
von ihren, sein Blick fuhr über die Wasseroberfläche und drang tiefer. Beim
Anblick ihrer rosafarbenen Brustwarzen grinste er, bevor sie die Arme verschränkte
und sich eng umschlungen hielt.
»Ich denke, er hat es
gar nicht so schlecht getroffen«, murmelte der Mann. Dann richtete er seine
Augen vom Wasser auf ihr errötetes Gesicht und befahl: »Von diesem Moment an
ist dein Name Janet Comyn.«
Stolz sah ihm Adrienne
ins Gesicht. »Mein Name«, fuhr sie ihn an, »ist Adrienne de Simone.«
Klatsch!
Ungläubig hielt sie sich
die Wange. Ein Dienstmädchen stieß eine unterdrückte Warnung aus.
»Versuch es noch
einmal«, empfahl er leise, und so sanft seine Worte auch klangen, seine blauen
Augen zeigten unnachgiebige Härte.
Schweigend rieb sich
Adrienne ihre schmerzende Wange. Und er hob die Hand und schlug erneut zu.
»Mylady! Ich flehe Euch
an!« Eine schmächtige Magd fiel neben der Wanne auf die Knie und legte ihre
Hand auf Adriennes entblößte Schulter.
»So ist es recht, gib
ihr einen guten Rat, Bess. Du weißt, was mit Mädchen passiert, die dumm genug
sind, sich mir zu widersetzen. Sag es«, wiederholte er zu Adrienne. »Sag, dein
Name ist Janet Comyn.«
Als seine fleischige
Hand erneut zuschlug, traf sie Bess brutal ins Gesicht. Adrienne schrie auf,
als er weiter auf das Dienstmädchen einschlug.
»Stopp!« schrie sie.
»Sag es!« antwortete er,
während er unvermindert weiterschlug. Bess schluchzte und ließ sich auf die
Steinfliesen sinken, doch der Mann ging mit ihr zu Boden, die Hand jetzt zur
Faust geballt.
»Mein Name ist Janet
Comyn!« schrie Adrienne und erhob sich halb aus der Wanne.
Comyns Faust hielt inne,
und er richtete sich auf. In seinen Augen leuchtete der Sieg. Der Sieg - und
dieser abstoßend ausgiebige Blick auf ihren Körper.
Adrienne errötete bei
der unverhohlenen Geilheit seiner fahlen Augen und tauchte ihren Oberkörper
zurück ins Wasser.
»Nein, er macht wirklich
kein schlechtes Geschäft. Du bist um einiges reizvoller als meine eigene
Janet.« Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich wünschte, ich hätte
selbst die Muße, deine Kissen zu zerwühlen, aber du bist gerade im letzten
Moment gekommen.«
»Wohin gekommen?«
»Woher gekommen, frage ich«, entgegnete er. In diesem
Augenblick erkannte Adrienne, daß es ein gravierender Fehler wäre, diesen
monströsen Kerl zu unterschätzen. Denn hinter den schäbigen Umgangsformen und
dem ungepflegten Äußeren steckten ein eiskalter Charakter und ein messerscharfer
Verstand. Der fleischige Arm, der die Schläge ausgeführt hatte, verbarg seine
Muskelkraft. Den hellen, ruhelos umherwandernden Augen entging nichts. Er hatte
Bess nicht blindwütig bestraft. Er hatte sie kühl berechnend geschlagen, um von
Adrienne zu bekommen, was er wollte.
Sie schüttelte den Kopf,
und ihre geweiteten Augen zeigten Bestürzung. »Wirklich, ich habe nicht die
leiseste Ahnung, wie ich hierhergekommen bin.«
»Du weißt nicht, woher
du kommst?«
Bess schluchzte leise,
und Adriennes Blick verfinsterte sich, als sie beobachtete, wie sich die Magd
zu einer Kugel zusammenrollte und den Versuch unternahm, sich unbemerkt von
Comyn wegzustehlen. Seine Hand schnellte hervor und packte den Knöchel des
Mädchens. Bess wimmerte verzweifelt.
»O nein, meine Hübsche.
Ich brauche dich vielleicht noch.«
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