Zauber der Begierde
»Hörten wir soeben, daß Ihr Euch
unserem Befehl widersetzt?«
Hawk
zwang seinen Blick zu Boden. Er atmete tief durch. »Nein, mein König. Ich
fürchte, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt.« Hawk machte eine Pause
und schluckte. »Was ich sagen wollte war, nein, Ihr habt mir schon zuviel des
Guten getan.« Die Lüge flammte auf seinen Lippen und hinterließ den Geschmack
verbrannten Stolzes auf seiner Zunge. Aber sie brachte Sicherheit für Dalkeith.
James
kicherte, äußerst erfreut über die schnelle Kapitulation des Hawk, und
ergötzte sich an seiner weitreichenden königlichen Macht. Der Hawk erkannte
erbittert, daß wieder einmal James die Karten verteilte.
Als
James erneut das Wort ergriff, triefte seine Stimme vor Gehässigkeit. »Solltet
Ihr nicht des Comyns Tochter heiraten, Hawk Douglas, werden wir alle Spuren
der Douglas' aus Schottland entfernen. Nicht ein Tropfen Eurer Blutlinie wird
überleben, wenn Ihr Euch nicht fügt.«
Es
war die gleiche Drohung, die James immer wieder ausgesprochen hatte, um Hawk
Douglas in die Gewalt zu bekommen, und die einzige, die so unbarmherzig
effektiv war, immer wieder aufs neue.
Hawk
senkte den Kopf, um seine Wut zu verbergen.
Er
hatte sich seine Frau selbst aussuchen wollen. War das zuviel verlangt? Während
der fünfzehn Jahre seines Dienstes war es der Gedanke gewesen, sich eine Frau
zu erwählen, nach Dalkeith zurückzukehren und eine Familie zu gründen, weit weg
von der Korruption an James' Hof, der seine Träume am Leben gehalten hatte,
trotz der Versuche des Königs, sie in den Schmutz zu ziehen und zu zerstören,
einen nach dem anderen. Obwohl der Hawk nicht mehr an die Liebe glaubte, so
glaubte er doch noch an die Familie und an den Clan, und der Gedanke, den Rest
seines Lebens umgeben von Kindern mit der richtigen Frau zu verbringen war für
ihn unendlich verlockend.
Er wollte am Meeresufer
entlangschlendern und seinen Söhnen Geschichten erzählen. Er wollte niedliche
Töchter und Enkel. Er wollte die Kinderstube in Dalkeith füllen. O nein, die Kinderstube, der Gedanke daran durchbohrte
sein Herz; diese neue Erkenntnis war bitterer und schmerzhafter als alles, was
der König ihm je angetan hatte: Jetzt werde ich nie die Kinderstube füllen können -
nicht, wenn meine Frau die Saat des Wahnsinns in sich trägt!
Es
würde keine Kinder - zumindest keine rechtmäßigen - für den Hawk geben. Wie
sollte er es ertragen, niemals ein eigenes Kind in den Armen zu halten?
Hawk
hatte nie von seiner Sehnsucht nach Familie gesprochen; er war sich bewußt
gewesen, hätte James davon erfahren, hätte er all seine Hoffnung damit
zerstört. Nun, entweder war James doch dahintergekommen, oder er hatte einfach
beschlossen, daß es dem Hawk nicht besser ergehen sollte als ihm, der ebenfalls
nicht die Frau hatte haben können, die er gewollt hatte.
»Hebt
den Kopf und seht uns an, Hawk«, befahl James.
Hawk
hob langsam den Kopf und fixierte den König mit dunklen Augen.
James
sah ihn prüfend an und wandte sich schließlich mit blitzenden Augen an Red
Comyn und fügte eine letzte Drohung hinzu, um sich seiner Sache ganz sicher zu
sein: »Wir werden ebenso die Comyn vernichten, sollte dieses Dekret nicht
erfüllt werden. Hört Ihr unsere Worte, Red Comyn? Enttäuscht uns nicht.«
Burgherr
Comyn schien von James' Befehl seltsam betroffen zu sein.
Kniend
vor James' Thron unterdrückte der Hawk seine rebellischen Gedanken. Er
registrierte die mitleidigen Blicke der Soldaten, mit denen er gedient hatte;
die Sympathie in Grimms Augen; den selbstgefälligen Haß und die Häme der
Vasallen, die dem Hawk schon lange seinen Erfolg bei den Frauen verübelten, und
er akzeptierte die Tatsache, daß er Janet Comyn heiraten würde, selbst wenn sie
ein zahnloses, verwirrtes altes Weib wäre. Hawk Douglas würde jederzeit alles
tun, um Dalkeith und all seine Bewohner zu schützen.
Die
Gerüchteküche hatte endlose Geschichten über Janet Comyn aufgekocht, einer
verrückten Jungfer, die gefangengehalten wurde, weil sie unheilbar dem
Wahnsinn verfallen war.
Als
Hawk den gepflasterten Weg zu den Toren von Dalkeith entlangging, mußte er
lauthals lachen über das falsche Bild, das er sich im Kopf von der verrückten
Janet gemacht hatte. Er erkannte, daß James offensichtlich nicht mehr von ihr
wußte als alle anderen, denn James hätte niemals den Hawk an diese Frau
gebunden, wenn er gewußt hätte, wie sie wirklich war. Sie war zu schön, zu
feurig. James hatte
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