Zauber der Begierde
»Grimm?«
»Hmm?«
»Sag ihm, er soll bei der Arbeit seine Kleider
anbehalten. Und das ist ein Befehl.«
Doch Hawk konnte die Sache nicht auf sich beruhen
lassen. Ihm wurde erst bewußt, wohin seine Füße ihn getragen hatten, als er
unter den hochgewachsenen Eschen in den bernsteinfarbenen Schein von Adams
Schmiedefeuer trat.
»Willkommen, Lord Hawk of
Dalkeith-Upon-the-Sea.«
Hawk fuhr herum und sah sich Auge in Auge mit dem
schweißglänzenden Hufschmied, der es irgendwie fertiggebracht hatte, in seinen
Rücken zu gelangen. Es gab nicht viele Männer, die den Hawk überrumpeln
konnten, und einen Moment lang war Hawk ebenso fasziniert wie auch irritiert
von dem Schmied.
»Ich habe dich nicht eingestellt. Wer bist du?«
»Adam«, antwortete der Schmied kühl.
»Und weiter?«
Der Schmied dachte nach, dann flog ein durchtriebenes
Lächeln über sein Gesicht. »Adam Black.«
»Wer hat dich angeheuert?«
»Ich hörte, daß Ihr jemanden sucht, der einen Schmiedeofen
bedienen kann.«
»Halt dich fern von meiner Frau.« Hawk erschrak über
die
Worte, die ihm über die Lippen kamen. Bei allen Heiligen, er klang wie ein eifersüchtiger Ehemann. Eigentlich hatte er nur klären wollen, wer den Schmied überhaupt eingestellt
hatte, doch offensichtlich hatte er mittlerweile genausowenig Gewalt über seine
Worte wie über seine Füße; zumindest nicht, wenn es um seine Frau ging.
Adam lachte boshaft. »Ich werde nichts tun, was die
Lady nicht will.«
»Du wirst nichts tun, was ich nicht will.«
»Ich hörte, die Lady wollte Euch nicht.«
»Sie wird.«
»Und wenn nicht?«
»Alle Frauen wollen mich.«
»Komisch. Ich habe genau dasselbe Problem.«
»Du bist ungewöhnlich unverschämt für einen Schmied.
Wem hast du zuletzt gedient?«
»Mir ist noch keiner begegnet, den ich als Herrn
anerkennen konnte.«
»Komisch, Schmied. Ich habe genau dasselbe Problem.«
Die Männer standen Auge in Auge. Stahl in Stahl.
»Ich kann Befehl geben, dich von meinem Land zu verweisen«,
sprach Hawk.
»Ah, aber dann würdest du nie Gewißheit haben, ob sie
dich oder mich vorzieht, richtig? Und ich habe den Verdacht, daß es in deinem
tiefsten Inneren dieses Gefühl für Anstand gibt, das nach altmodischen Werten
wie Ritterlichkeit, Ehre und Gerechtigkeit schreit. Törichter Hawk. Schon bald
werden alle Ritter tot sein, wie der Staub von Träumen im wankelmütigen Lauf
der Zeit.«
»Du bist anmaßend. Und von jetzt an bist du arbeitslos.
«
»Du hast Angst«, wunderte sich der Schmied.
»Angst?« gab Hawk ungläubig zurück. Dieser Narr von
Schmied erdreistete sich, auf seinem Grund und Boden
zu stehen und ihm, dem legendären Hawk, zu unterstellen, er habe Angst? »Ich
habe vor nichts Angst. Bestimmt nicht vor dir.«
»Allerdings. Du hast
gesehen, wie dein Weib mich ansah. Du hast Angst, daß du sie nicht davon
abhalten kannst, zu mir zu kommen.«
Ein bitteres,
verächtliches Lächeln legte sich auf Hawks Lippen. Er war nicht der Mann, der
sich dem Selbstbetrug hingab. Er hatte Angst,
daß es ihm nicht gelingen könnte, seine Frau von dem Schmied fernzuhalten. Es
wurmte ihn, machte ihn wütend, und außerdem hatte der Schmied recht gehabt, als
er von seiner grundlegenden Anständigkeit sprach. Anständigkeit, die
verlangte, daß er, wie Grimm vermutet hatte, keinem Mann die Lebensgrundlage
entzog, nur weil er die Treue seiner Frau in Frage stellte. Der Hawk hatte die
seltene Schwäche, edelmütig zu sein, durch und durch. »Wer bist du wirklich?«
»Ein einfacher Schmied.«
Hawk musterte ihn im
Mondlicht, das durch die Eschen schimmerte. Es machte es ihm nicht leichter.
Schemenhafte Bilder trieben auf einem Hauch von Erinnerung durch seinen Kopf,
doch er konnte ihrer nicht habhaft werden. »Ich kenne dich, oder etwa nicht?«
»Jetzt kennst du mich.
Und bald wird auch sie mich kennen.«
»Warum forderst du mich
heraus?«
»Du hast mich zuerst
herausgefordert, als du meine Königin betört hast.«
Der Schmied spie die
Worte heraus und wandte sich brüsk ab.
Hawk durchforstete sein Gedächtnis nach einer Königin,
die er betört hatte. Er konnte sich an keinen Namen erinnern; doch das war
nichts Besonderes. Irgendwo, irgendwann hatte Hawk der Frau dieses Mannes den
Kopf verdreht. Und dieser Mann wollte ihm das jetzt heimzahlen, indem er das
gleiche mit seiner Ehefrau anstellte. Ein Teil von ihm versuchte sich in
Gleichgültigkeit, doch von dem Augenblick an, als sein Blick auf die verrückte
Janet gefallen war,
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