Zauber der Begierde
schon, rühr weiter, Tavis! Tu was.«
Tavis warf ihr einen mißmutigen Blick zu, während er
die Mixtur kräftig umrührte. »Diese talentierten Hände wurden gemacht, um die
wertvollsten Felle ganz Schottlands zu gerben, nicht, um den Trank einer Lady
zu rühren, will ich mal sagen«, muffelte er.
Lydia lächelte bei seinen Worten. Wie er immer wieder
von seinen talentierten Händen anfing! Man könnte glauben, sie bestünden aus
purem Gold, anstatt aus Fleisch, Knochen und ein paar Schwielen. Sie sah ihn
einen Moment lang nachdenklich an, während er das Gebräu umrührte. Der ewig
treue Tavis an ihrer Seite. Ihre Morgenstunden und Nachmittage wären nicht so
reich ohne diesen Mann. Ihre Abende, nun ja, sie verbrachte ihre Abende nun
schon seit so vielen Jahren allein, daß es ihr kaum noch auffiel - zumindest
wollte sie sich das glauben machen.
»Warum heiratest du
nicht?« hatte sie Tavis vor zwanzig Jahren gefragt, als er noch ein junger Mann
war. Aber er hatte nur zu ihr hochgelächelt, während er vor den Trögen kniete,
in denen er ein Hirschfell butterweich gegerbt hatte.
»Ich habe hier alles,
was ich brauche, Lydia.« Er breitete seine Arme weit aus, als ob er ganz
Dalkeith umarmen könnte. »Warum wollt Ihr mich verscheuchen?«
»Aber willst du denn
keine Kinder, Tavis Mac Tarvitt?« stellte sie ihn auf die Probe. »Söhne, die
deine Gerberei übernehmen? Töchter, um die du dich kümmern kannst?«
Er zuckte mit den
Schultern. »Der Hawk ist wie ein Sohn für mich. Ich könnte mir keinen feineren
Kerl wünschen, will ich mal sagen. Und jetzt haben wir noch die zwei Kleinen
herumspringen, und, nun ja... Ihr seid
wieder ohne Ehemann, Lady Lydia...« Er verstummte, langsam, und seine starken
Hände rieben und kneteten das Fell in der Salzlösung.
»Und was genau hat mein
Leben ohne Ehemann mit dir zu tun?«
Tavis legte den Kopf auf
die Seite und schenkte ihr dieses geduldige, zärtliche Lächeln, das manchmal in
ihren Gedanken auftauchte, kurz bevor sie nachts in den Schlaf fand.
»Nur, daß ich hier immer für Euch dasein werde, Lydia.
Ihr könnt Euch immer auf Tavis von der Gerberei verlassen, und das kann ich
noch tausendmal wiederholen.« Sein Blick war klar und tief, erfüllt von etwas,
das sie nicht fassen konnte. Sie hatte bereits zwei Ehemänner in zwei Kriegen
verloren, und die geliebten Heiligen wußten, daß immer ein neuer Krieg
bevorstand.
Tavis Mac Tarvitt aber,
er kam immer wieder zurück. Vernarbt und blutig kam er immer wieder zurück.
Zurück, um neben ihr in
der Küche zu stehen, während sie ihre Kräuter und Gewürze trocknete. Zurück, um
ihr hilfreich zur Hand zu gehen, wenn sie ihren fruchtbaren, schwarzen Boden
umgrub und wenn sie ihre Rosen beschnitt.
Es gab Zeiten, in denen
sie beide im Dreck knieten, die Köpfe so eng beieinander, daß sie ein Flattern
im Bauch verspürte. Und Zeiten, in denen sie am Kamin in der Küche saß und ihn
bat, ihr beim Ausbürsten ihres langen, dunklen Haares zu helfen. Er entfernte
zuerst die Nadeln, und dann löste er sanft jede einzelne Flechte.
»Hier tut sich gar
nichts, Lydia.« Tavis' Stimme ließ ihre melancholische Träumerei zerplatzen und
zwang ihre Gedanken zurück in die Gegenwart.
Sie schüttelte sich
burschikos, um ihre Gedanken zurück zu der Aufgabe zu lenken, die es zu lösen
galt. Kaffee. Sie wollte Kaffee für ihre Schwiegertochter.
»Vielleicht ist es wie
schwarze Bohnen oder getrocknete Erbsen und muß über Nacht einweichen«,
befürchtete sie und rieb sich den Nacken. Nichts klappte an diesem Morgen.
Lydia war früh erwacht
und hatte an das bezaubernde Mädchen gedacht, das ihren Sohn so geblendet
hatte. Sie hatte darüber nachgedacht, wie sich die Situation von ihrem Standpunkt aus darstellen mußte. Unheil über
Unheil war seit ihrer Ankunft über sie hereingebrochen.
Das war der Grund, weshalb sie in die Speisekammer gegangen
war und eine ansehnliche Menge dieser glänzenden, schwarzen Bohnen geholt
hatte, nach der es ihrer Schwiegertochter so sehr gelüstete. Das mindeste, das
sie tun konnte, war, für Adrienne an diesem Morgen eine Tasse Kaffee zu
besorgen, bevor sie ihr mitteilen mußte, daß der Hawk im Morgengrauen nach
Uster abgereist war. Oder schlimmer noch, die Nachricht, die Tavis vor einer
knappen Stunde erfahren hatte: daß Esmeralda versucht hatte, Adrienne zu töten,
und nun selbst tot war.
So war es dazu gekommen...
daß sie in einen Topf voller glänzender schwarzer Bohnen starrte, die in
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