Zauber der Begierde
dem
kochenden Wasser so gut wie nichts taten.
»Vielleicht sollten wir
die Bohnen zerstoßen, Lydia«, sagte Tavis und neigte sich zu ihr. So nah, daß
seine Lippen nur wenige Zentimeter von ihren entfernt waren, als er fragte:
»Was meint Ihr?«
Lydia strahlte. »Tavis, ich denke, du könntest des
Rätsels Lösung gefunden haben. Hol den Mörser und Stößel und laß uns loslegen.
Heute morgen möchte ich es ihr wirklich gern ermöglichen, den Tag mit Kaffee zu
beginnen.« Sie wird ihn brauchen.
»Die Sache läuft aus dem Ruder, Narr. Eine Sterbliche
ist tot«, fauchte König Finnbheara.
»Getötet durch die Hand
ihrer eigenen Rasse. Nicht durch meine«, stellte Adam klar.
»Aber wenn du nicht dagewesen wärst, wäre es nicht dazu
gekommen. Du bist gefährlich nahe dran, alles zu zerstören. Sollte der Pakt je
gebrochen werden, dann nur, weil meine Königin sich dazu entschließt, und nicht
durch deine Schwachsinnstaten.«
»Auch Ihr hattet Euren Anteil an diesem Plan, mein
Gebieter«, erinnerte Adam. »Darüber hinaus habe ich keinem Sterblichen etwas
zuleide getan. Ich habe den Zigeunern nur erklärt, daß ich erbost sei. Sie
waren es, die gehandelt haben.«
»Du bist sehr geschickt in Haarspaltereien, aber du
bist kurz davor, den Frieden zu zerstören, den wir zwei Jahrtausende lang
gewahrt haben. Das gehörte nicht zu dem Spiel. Die Frau muß in ihre Zeit
zurück.« König Finnbheara entließ ihn mit einer Handbewegung.
Adrienne ging im Garten spazieren und dachte über die
Vorzüge des sechzehnten Jahrhunderts nach, über die ruhige Gelassenheit
unverfälschter Natur, als es passierte. Es überkam sie ein fürchterliches
Gefühl des Fallens, als ob sich ein riesiger Strudel aufgetan hätte und ein
unbarmherziger Whirlpool sie einsog. Als ihr bewußt wurde, daß sie das Gefühl
bereits kannte, öffnete Adrienne den Mund und wollte schreien, aber es kam
kein Ton aus ihr heraus. Genauso hatte sie sich gefühlt, kurz bevor sie sich
auf Comyns Schoß wiedergefunden hatte; als ob ihr Körper in die Länge gezogen
und mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch eine gähnende Schwärze gerissen
wurde. In ihrem Kopf entstand ein marternder Druck, sie umfaßte ihn mit beiden
Händen und betete inbrünstig: Oh, lieber Gott, nicht
noch einmal, bitte nicht noch einmal!
Das Gefühl, in die Länge
gezogen zu werden, verstärkte sich; das Pochen in ihren Schläfen wurde zu einem
rasenden Schmerz, und gerade als sie davon überzeugt war, auseinandergerissen
zu werden, hörte es auf.
Eine Zeitlang konnten ihre Augen nur Schemen erkennen;
graue Schatten, verschwommene Formen von Mobiliar waberten in wellenförmigen
Bewegungen. Dann wurde die Welt klar, und sie schnappte nach Luft.
Erschrocken starrte Adrienne auf die flatternden
Vorhänge ihres eigenen Schlafzimmers.
Sie schüttelte den Kopf, um klar zu werden, und
stöhnte über die Schmerzwellen, die eine solch kleine Bewegung auslöste.
»Schlafzimmer?« murmelte sie sprachlos. Adrienne sah
sich völlig entgeistert um. Da war Moonshadow. Sie saß in ihrer üblichen Haltung
elegant auf dem überladenen Bett, die kleinen Pfötchen zierlich über das
hölzerne Fußteil gelegt, und starrte sie mit genauso erschrockenem
Katzengesicht an. Ihre limonengoldenen Augen waren kugelrund vor Staunen.
»Prinzessin!«
Adrienne griff nach ihr.
Adam machte schnell eine rückholende Geste mit der
Hand und blickte seinen König durchdringend an. »Sie bleibt.«
König Finnbheara schnippte ebenso schnell mit den Fingern.
»Und ich sage, sie geht!«
Adrienne blinzelte und schüttelte den Kopf, heftig.
War sie zurück in den Gärten von Dalkeith? Nein, sie war wieder in ihrem
Schlafzimmer.
Dieses Mal, entschlossen, sich Moonie zu greifen,
stürzte sie auf sie los und scheuchte damit die bereits verwirrte Katze auf.
Moonies Rücken wölbte sich wie ein Hufeisen, ihre winzigen Schnurrbarthaare
sträubten sich vor Empörung, und sie sprang vom Bett und flüchtete auf winzigen
geflügelten Pfoten aus dem Zimmer.
Adrienne folgte ihr dicht auf den Fersen. Sollte sie
durch irgendeine Wendung des Schicksals eine zweite Chance bekommen, so wollte
sie eines: Moonshadow ins sechzehnte Jahrhundert mitnehmen.
Adam schnippte ebenfalls mit den Fingern. »Glaubt
nicht, daß Ihr Euch auf halbem Wege anders entscheiden könnt. Ihr habt
zugestimmt, mein König. Es war nicht gerade meine Idee.«
Adrienne stöhnte. Sie war wieder in den Gärten.
Es passierte noch
dreimal kurz
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