Zauber des Orients
parkähnlichen Garten des Hotels. Der Tag war klar und sonnig, und ein Hauch des verstrichenen Sommers lag noch in der Luft.
Salman führte Jamilah einen schmalen Pfad entlang zu einem kleinen Pavillon, der mit betörend duftenden Blumen berankt war. Im Inneren war ein Tisch mit Silber und Kristall festlich gedeckt.
Ein Kellner wartete bereits und führte sie zum Tisch. Noch immer sprachlos, ließ Jamilah sich von ihm eine schneeweiße Serviette über den Schoß breiten und das Menü erklären.
Bevor er sie allein ließ, füllte der Kellner ihr Glas mit Champagner und Salmans mit Wasser. Durch den dichten Bewuchs der Pflanzen drang der Straßenlärm nur gedämpft zu ihnen. Direkt über ihren Köpfen zwitscherte hell ein Vogel. Für einen Moment vergaß Jamilah, dass sie sich mitten in Paris befanden.
Dann kehrte ihre Vernunft zurück. Sie warf ihre Serviette auf den Tisch und stand auf. „Ich weiß nicht, was du vorhast, Salman. Aber zu dieser Art Unterhaltung solltest du lieber eine deiner zahlreichen Bekanntschaften einladen. An mich ist es verschwendet, und es wäre doch furchtbar, wenn du deine kleine Taverne hier ganz umsonst aufgemacht hättest.“
Salman seufzte. „Es ist nur ein Mittagessen, Jamilah! Ich dachte einfach, es wäre nett, an der frischen Luft zu essen.“ Er machte eine ausladende Handbewegung. „Ich hatte keine Ahnung, dass sie so ein Spektakel aufziehen würden.“
Jamilah zögerte. Hatte sie Salman zu viel Durchtriebenheit unterstellt? Immerhin hatte er bisher noch nie einen Hang zu pompösen Gesten gehabt.
„Wirklich?“, fragte sie misstrauisch.
Salman nickte unschuldig.
Vielleicht hatte sie wirklich ein wenig überreagiert. Obwohl Jamilah noch immer nicht ganz überzeugt war, setzte sie sich wieder an den Tisch und spielte nervös mit der Serviette. „Also gut. Wir haben ohnehin nicht viel Zeit.“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „In einer Dreiviertelstunde müssen wir zurück sein.“
Sie schlug die Beine übereinander und setzte sich so, dass sie Salman nicht ansehen musste.
In diesem Moment kam der Kellner mit den Vorspeisen zurück. Er stellte die Teller, die von hohen silbernen Hauben bedeckt waren, vor ihnen auf den Tisch, dann hob er die Deckel ab. Beim Anblick weißer Spargelstangen neben einer cremigen Soße knurrte Jamilahs Magen hörbar, und sie errötete.
Das Essen war so köstlich, wie es aussah. Seit Jamilah von der Reise nach Paris erfahren hatte, hatte sie ihren gesunden Appetit verloren. Auch heute Morgen hatte sie nur in ihrem Frühstück gestochert. Doch jetzt musste sie sich beherrschen, nicht auch noch den Teller abzulecken.
Plötzlich bemerkte sie, dass Salman sie gebannt beobachtete. Unter seinem Blick schoss ihr das Blut in die Wangen. Um ihr Erröten zu verdecken, wischte sie sich ausgiebig den Mund mit der Serviette ab.
„Du leitest jetzt also die Ställe für Nadim?“, fragte Salman sie plötzlich. „Nicht schlecht für ein Mädchen, das früher die Pferdeboxen ausgemistet hat.“
Jamilah lächelte kaum merklich. „Ich miste noch immer die Boxen aus, Salman. Allerdings nicht mehr jeden Tag.“
Salman legte den Kopf schief. „Du bist bestimmt eine gute Chefin. Hart, aber gerecht. Und ganz offensichtlich schätzt Nadim deine Meinung hoch genug, um sich hier in Paris von dir vertreten zu lassen.“
Jamilah nickte nicht ohne Stolz. Dass sie es in ihren jungen Jahren geschafft hatte, die weltberühmten Ställe von Merkazad zu leiten, war keine geringe Leistung. Selbst wenn sie ihr Studium der Tiermedizin mit Auszeichnung abgeschlossen hatte.
„Du weißt, dass ich Tiere schon immer geliebt habe. Seit ich klein war, habe ich davon geträumt, die Stallungen von Merkazad zu leiten.“
Salmans Miene gab nichts preis. „Ich weiß. Es ist gut, dass du deinem Weg gefolgt bist, anstatt deine Karriere einer Liebe in Paris zu opfern.“
Jamilah erinnerte sich plötzlich, wie oft sie Salman früher, als sie noch halbe Kinder gewesen waren, von ihren Träumen erzählt hatte. Hatte er daran gedacht, als er sie damals weggeschickt hatte?
Sie schwiegen für eine Weile, und der Hauptgang wurde aufgetragen.
Schließlich gab Jamilah ihrer Neugier nach und fragte Salman nach seiner Arbeit.
Er verzog sein Gesicht. „Ich gehöre zu der überaus verabscheuten Sippe der Banker, den angeblichen Verursachern der Finanzkrise. Und trotzdem …“, er grinste zynisch, „… so verabscheut wir auch sein mögen, das Geschäft lief nie besser.“
„Du hast
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