Zauber des Orients
er sie nicht so hätte drängen sollen. Er hätte sie erst gar nicht gegen ihren Willen hierherbringen dürfen! Aber er brauchte sie so sehr, dass es ihn fassungslos machte.
Seit jener Nacht in Paris, in der er Jamilah sein tiefstes Geheimnis anvertraut hatte, war seine Leidenschaft für sie noch heftiger geworden. Sie war die einzige Person, der er jemals von den Erlebnissen seiner Kindheit erzählt hatte. Doch sein unstillbares Verlangen hatte jede Angst davor, wie sie dieses Wissen verwenden konnte, ausgeblendet. Und natürlich hat sie es nicht gegen mich benutzt, dachte er. Unwillkürlich lächelte er.
Jamilah war die Sonne, die ihn wärmte. Aber er wusste, dass er nur eine begrenzte Zeit mit ihr verbringen konnte. Sie würde ein normales Leben wollen. Ein Leben mit einem Mann, der nicht die furchtbarsten Bilder der Erniedrigung und des Schmerzes in sich trug.
Wie könnte sie nicht? Salmans Herz krampfte sich zusammen, als er an die Kinder dachte, die sie mit einem anderen Mann haben würde. Er unterdrückte die Sehnsucht und die tiefe Trauer, die ihm den Atem raubten, und legte seine Hand ganz sanft auf Jamilahs seidige Locken. Er würde das Glück mit ihr genießen, so lange es dauern konnte.
11. KAPITEL
Zwei Abende später sah Salman Jamilah über den Tisch hinweg an. Am liebsten hätte er vor Glück laut aufgelacht. Er fühlte sich plötzlich unsagbar leicht, obwohl das stets vorhandene Verlangen nach Jamilah in pulsierenden Wellen durch ihn hindurchwogte.
Er verfluchte sich selbst für die Wahl der Kleidungsstücke, die er für sie mitgebracht hatte. Heute Abend trug sie ein zart gerüschtes Seidenkleid mit dünnen Spaghettiträgern und tiefem Ausschnitt, und sie sah fast noch unwiderstehlicher aus als gestern.
Das Kleid betonte raffiniert Jamilahs weibliche Kurven und fiel in weiten Falten bis zu den Knien hinunter, wo es ihre wohlgeformten Waden und ihre schlanken nackten Füße enthüllte. Das Haar hatte sie locker im Nacken zusammengefasst, ihr Gesicht war ungeschminkt.
Unwillkürlich dachte Salman daran, wie sie am Nachmittag in einem abgeschiedenen Teich gebadet hatten. In der unberührten Natur hatte Jamilah wie eine Göttin gewirkt.
Doch jetzt holte ihre gereizte Stimme ihn abrupt in die Gegenwart zurück: „Jedes Mal, wenn ich über etwas auch nur entfernt Persönliches spreche, verschließt du dich sofort!“ Sie sah ihn mit zusammengezogenen Brauen finster an.
Salman seufzte. „Ich glaube eher, dass ich bereits viel zu viel gesagt habe.“
„Ja“, sagte Jamilah mit täuschend sanfter Stimme. „Über die Dinge, die du als Kind erlebt hast. Aber was ist mit allem anderen? Mit Nadim, zum Beispiel, oder deinem Job. Ich weiß nichts über dein Leben!“
Salman spürte, wie er sich verkrampfte. Jamilah hatte recht, er vermied, über persönliche Dinge zu reden. Aber er fühlte sich bereits jetzt, als wüsste sie schon viel zu viel über ihn.
„Da gibt es nichts zu erzählen“, erwiderte er ausweichend. „Nur banale und langweilige Dinge. Schon seit meinem achten Lebensjahr wollte ich aus Merkazad herauskommen. Seit damals habe ich immer Nadim einen Teil der Schuld für … für meine Erlebnisse gegeben. Ich weiß genau, wie ungerecht das ist, aber ich konnte einfach nichts dagegen tun! Ich liebe meinen Bruder, und genau deshalb kann ich nicht in seiner Nähe leben.“ Salman zuckte seine Achseln. „Mit meinem Job verdiene ich eine Menge Geld, und das ist auch schon alles, was es über mich zu wissen gibt.“ Er beugte sich vor und ergriff ihre Hände. „Bitte versuch nicht, mich zu analysieren, Jamilah. Du hast einmal gesagt, mein Leben sei seelenlos. Du hast vollkommen recht gehabt, und genauso will ich es.“
Jamilah schauderte. Bei Salmans Lächeln wurde ihr eiskalt. Sie wusste, sie sollte seine Warnung akzeptieren und aufhören, doch sie konnte die Worte nicht zurückhalten: „So seelenlos, dass du nicht noch einmal verletzt werden kannst? Das ist unmöglich, Salman. Wir öffnen uns in jeder Minute unseres Lebens der Verletzlichkeit, Salman, aber genauso öffnen wir uns damit dem Glück. Du kannst nicht das eine ohne das andere haben.“
Für einen Moment konnte er nichts erwidern. Glück war ihm fremd. Zumindest hatte er das immer geglaubt. Aber hatte er nicht hier, zusammen mit Jamilah, einen Schimmer davon kennengelernt?
Sofort tadelte er sich selbst. Er verdiente es nicht, glücklich zu sein. Und vor allem durfte er nicht die Kontrolle verlieren. Jamilah drängte ihn
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