Zauber des Orients
zu sehr an einen Abgrund heran, der drohte, seine ganze Welt zu verschlingen.
Abrupt stand er auf. Bevor Jamilah eine Ahnung hatte, was passierte, hob er sie mit einer geschmeidigen Bewegung hoch. Mühelos trug er sie zu der Badewanne hinter dem Wandschirm, die vorbereitet worden war, während sie gegessen hatten.
Jamilah errötete, als sie sich fragte, was die Dorfbewohner von ihnen denken mussten. Die letzten zwei Tage waren mit einer täuschenden Leichtigkeit vorbeigeglitten, die ihr Angst einjagte.
Salman und sie waren in eine Seifenblase der Sinnlichkeit eingebettet. Die echte Welt dort draußen konnte gerade in Flammen aufgehen, doch sie wüssten nicht davon, und sie wollten auch nichts davon wissen. Trotzdem bereute Jamilah für keine Sekunde, dass sie ihm nachgegeben hatte.
Manchmal ergriff sie eine dunkle Angst vor einer Zukunft ohne Salman, aber damit würde sie sich auseinandersetzen, wenn es so weit war. Sie schloss die Augen, als Salman sie mit quälender Langsamkeit entkleidete und ins seidig warme Wasser gleiten ließ. Dann beobachtete sie, wie er seine eigene Kleidung ablegte.
Als er zu ihr kam, stöhnte sie leise auf und ließ den Zauber des Augenblicks geschehen.
Am nächsten Morgen saß Jamilah auf einer Bank vor dem Zelt und sah zu, wie einige Jungen aus dem Dorf die Pferde in den nahe gelegenen Unterständen versorgten.
Sie lächelte schief, als sie daran dachte, wie sie vor wenigen Tagen noch gedroht hatte, auf einem der Pferde zu flüchten, und wie Salman ihr gebieterisch erklärt hatte, dass er den Dorfbewohnern verboten hatte, ihr ein Pferd zu überlassen.
Bei dem Gedanken an Salman, der in den frühen Morgenstunden neben ihr in tiefen Schlummer gefallen war, verblasste ihr Lächeln. Wie konnte er nur so tief und ruhig schlafen? Heute war der dritte Tag, und sie mussten nach Merkazad zurückkehren.
Jamilah wusste, dass sie zwei Möglichkeiten hatte. Entweder würde sie Salman erneut meiden und hoffen, dass es ihrer psychischen Gesundheit guttat. Oder sie konnte ein viel größeres Risiko eingehen und versuchen, ihre Affäre mit ihm weiterzuführen. Wenn sie sich für die zweite Möglichkeit entschied, würde sie alles riskieren und sicherlich erneut verletzt werden.
Aber ist das wirklich wahr? fragte sie sich. Dieser Salman war anders als der Mann, der sie damals in Paris fortgeschickt hatte.
Jamilah seufzte tief. Sie hoffte noch immer, dass er sich ändern würde, aber gleichzeitig wusste sie, dass dies nie geschehen würde. Mit ihrem Drängen nach Offenheit schob sie ihn nur immer weiter von sich. Jedes Mal, wenn sie Antworten von ihm verlangte, konnte sie spüren, wie er sich von ihr zurückzog.
In diesem Moment hörte sie ein Geräusch aus dem Zelt. Sie stand auf und ging hinein.
„Guten Morgen.“ Salman kam gerade aus dem Bad und war dabei, eine verwaschene Jeans anzuziehen. Seine Haare fielen ihm feucht in die Stirn.
Bei seinem Anblick hätte Jamilah sich am liebsten umgedreht und wäre aus dem Zelt geflüchtet. Doch gleichzeitig sehnte sie sich danach, sich in seine Arme zu schmiegen.
Als könnte er ihre Gedanken lesen, kam Salman zu ihr und hielt sie fest. Er umschloss Jamilahs Gesicht mit den Händen und bedeckte es mit kleinen, zärtlichen Küssen. Doch sie versteifte sich noch mehr. Als er sie nicht sofort losließ, kämpfte sie gegen ihn an und entzog sich seinen Armen.
„Nein, Salman. Wir sind fertig damit!“, rief sie aus. „Die drei Tage sind um. Heute gehen wir zurück nach Hause. Ganz bestimmt werde ich das Ganze nicht noch einmal mit dir durchmachen. Dieses Mal ist es wirklich vorbei.“
Salman fühlte sich innerlich wie gelähmt. „Wieso muss es denn vorbei sein, Jamilah? Ich verstehe den Grund einfach nicht. Wir harmonieren perfekt. Warum willst du dir – und mir – das antun?“
„Weil du mir schon einmal schrecklich wehgetan hast, und du hast mir selbst gesagt, dass es keine Zukunft für uns geben kann. Ich versuche, wenigstens ein kleines bisschen auf mich aufzupassen. Schon diese drei Tage waren ein entsetzlicher Fehler, den ich bestimmt noch bitter bereuen werde!“
Salman spürte, wie ihm übel wurde. „Aber es ist diesmal nicht dasselbe. Wir sind anders … du bist anders. Du weißt, warum ich damals …“
„Warum du was?“, unterbrach ihn Jamilah aufgebracht. „Warum du mich in Paris zurückgewiesen hast, obwohl du es eigentlich nicht wolltest? Du hast es aber nun mal getan! Mit einer anderen Frau in deinem Arm! Aber jetzt habe ich
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