Zauber des Orients
das Aussehen ihres Kindes zumindest keine Sorgen machen. Auch wenn sie den Scheich von Dubaac nicht mochte, war sie noch lange nicht blind.
Die Frauen lagen ihm vermutlich zu Füßen. Sie hatte sich ja selbst zum Narren gemacht, hatte sich von ihm küssen lassen, bis nur noch der Geschmack seiner Lippen, die Berührung seiner Hände von Bedeutung waren.
Dieser Mann würde nur eine Form von „Spende“ geben – im Bett, während die Frau ihn anflehte, sie zu nehmen.
„Woran denken Sie gerade, habiba? “
Madison schaute hastig zu ihm auf. Seine Stimme klang tief und rau; seine Augen schimmerten wie geschmolzenes Silber. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie geschworen, er habe ihre Gedanken gelesen.
Urplötzlich war die Spannung zwischen ihnen geradezu greifbar. Sie wollte wegschauen, doch sie konnte einfach nicht.
„Da ist Marmelade an Ihrer Lippe.“ Ja, seine Stimme klang eindeutig heiser.
„Wo?“, hauchte sie.
„Genau … hier“, entgegnete er und beugte sich vor.
Madison spürte seinen Atem auf ihren Lippen. Die kurze Berührung seiner Zunge. Sie schloss die Augen; ein Seufzer stieg in ihrer Kehle auf …
Sie zuckte zurück. Er ebenfalls. Tariq drehte sich um, aber erst nachdem ihr Blick nach unten geglitten war, auf seine verwaschene Jeans, die sich beachtlich nach vorn wölbte.
Er war nicht der Einzige, dessen Verlangen entbrannt war.
Sie spürte Hitze in sich aufsteigen. Ihre Brustspitzen pressten sich gegen den dünnen Stoff des Morgenmantels.
Ob er es bemerkt hatte? Am liebsten hätte sie die Arme vor der Brust verschränkt, aber sie wollte seine Aufmerksamkeit nicht auch noch darauf lenken.
Wie konnte ein flüchtiger Kuss eine solche Wirkung auf sie haben?
Rasch griff sie nach der Serviette und wischte sich sorgfältig den Mund ab. Sie wartete, bis sich ihr Herzschlag etwas beruhigt hatte. Als sie wieder aufblickte, stand Tariq am Becken und spülte das Geschirr – ganz so, als sei das für ihn die normalste Sache auf der Welt
„Also gut“, erklärte sie barsch. „Sie haben Ihre Barmherzige-Samariter-Tat vollbracht. Sie haben mir Tee und Toast zubereitet, haben danach alles abgewaschen, und ich fühle mich schon viel besser. Vielen Dank – und nun gehen Sie.“
Er drehte den Wasserhahn zu, trocknete die Hände ab, drehte sich um und blickte sie an. Was noch vor einem Moment zwischen ihnen geschehen war, schien niemals stattgefunden zu haben. Seine Augen waren die eines Fremden.
„Sie meinen, jetzt reden wir miteinander.“
„Also schön.“ Madison faltete die Hände. „Dann reden Sie. Nur lassen Sie mich nicht zu lange auf eine überzeugende Erklärung warten, warum Sie heute Abend hierhergekommen sind.“
„Das habe ich Ihnen bereits gesagt.“
Sie seufzte. Urplötzlich war sie unheimlich erschöpft. Es war ein langer Tag gewesen – angefangen mit der aufregenden Nachricht ihres Arztes am Morgen bis zu Tariq al Sayfs Einmischung in ihr Leben am Abend.
„Ja, das haben Sie. Und jetzt will ich Ihnen erklären, warum Ihre Behauptung unmöglich ist – vorausgesetzt, Sie sind wirklich ein FutureBorn – Spender.“
„So würde ich es nicht beschreiben.“
„Dann will ich Ihnen sagen, wie ich es beschreiben würde. Ich habe mir in der Datei sehr sorgfältig einen Spender ausgesucht. Sie, Euer Hoheit, waren nicht dieser Mann.“
Er lächelte freudlos. „Ich hatte auch nicht vor, der Spender zu sein.“ Er nahm einen Umschlag aus der Innentasche seines Jacketts und warf ihn auf die Frühstücksbar.
„Was ist das?“
„Öffnen Sie ihn.“
Madison blickte von dem Umschlag zu Tariq. Sein Gesichtsausdruck gab absolut nichts preis.
„Er beißt nicht, habiba . Es ist ein Brief von meinem Anwalt. Ich schlage vor, dass Sie ihn lesen, ehe Sie noch etwas sagen.“
Sie wollte nicht. Wollte ihn nicht mal anfassen. Aus irgendeinem verrückten Grund hatte sie das schlimme Gefühl, dass sie wahre Höllenhunde freilassen würde, wenn sie den Brief öffnete.
„Lesen Sie ihn“, forderte Tariq sie erneut auf, und es gab keine Möglichkeit, sich ihm zu widersetzen.
Der Umschlag war aus schwerem elfenbeinfarbenen Papier. Das Blatt, das sie herausnahm, ebenso.
Als sie den eingravierten Briefkopf las, blieb ihr kurz das Herz stehen.
Strickland, Forbes, DiGennaro und Lustig, Rechtsanwälte.
Sie kannte die Namen. Jeder, der geschäftlich in New York zu tun hatte, tat das. Die Kanzlei war beinahe so alt wie die Stadt. Ihr Ruf war nie von einem Skandal
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