Zauberin von Darshiva
zum Unterrichtszentrum. Bedauerlicherweise wandten sich einige melcenische Gelehrte Geheimwissenschaften zu. Ihre Beschwörung von bösen Geistern war weit mehr als der Hokuspokus der Morindim oder der Karandeser. Das führte zu immer stärkerer Beschäftigung mit Mächten der Finsternis. Sie machten Fortschritte in Schwarzer Magie und Nekromantie. Doch ihr Hauptinteresse lag auf dem Gebiet der Alchimie.
Zum ersten Zusammenstoß mit den Angarakanern kam es während dieser Epoche. Obgleich die Melcener daraus als Sieger hervorgingen, erkannten sie, daß die Angarakaner sie allein durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit schließlich niederwerfen könnten.
Während die Angarakaner sich hauptsächlich mit der Errichtung der da-lasischen Protektorate beschäftigten, herrschte ein unsicherer, von Miß-
trauen geprägter Frieden. Die Handelsverbindungen zwischen den beiden Staaten führten zu einem etwas besseren gegenseitigen Verständnis, allerdings amüsierten sich die Melcener insgeheim darüber, wie sehr sich selbst die weltlichsten Angaranker mit Religion befaßten. Während der nächsten achtzehnhundert Jahre verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den beiden Reichen; es kam immer wieder zu Kriegen, die jedoch nie länger als ein bis zwei Jahre dauerten. Beide Seiten vermieden es peinlichst, ihre ganzen Kräfte einzusetzen. Offenbar wollte keine einen großen Krieg.
Um mehr über den anderen zu erfahren, beschlossen beide Nationen, Kinder verschiedener Führer auf eine gewisse Zeit auszutauschen, was sich zur Tradition entwickelte. Die Söhne hochstehender melcenischer Bürokraten wurden nach Mal Zeth geschickt, um bei Familien angarakanischer Generale zu leben, während die Söhne von Generalen in die Reichshauptstadt gesandt wurden, um dort erzogen zu werden. Das Ergebnis war eine Gruppe junger Männer mit kosmopolitischer Einstellung, was mit der Zeit zur Norm für die herrschende Klasse des Malloreanischen Reiches wurde.
Ein solcher Austausch gegen Ende des vierten Jahrtausends führte schließlich zur Vereinigung der beiden Völker. Kallath, der Sohn eines hohen angarakanischen Generals, wurde mit zwölf Jahren nach Melcene geschickt, um dort im Haus des Außenministers des Reiches erzogen zu werden. Dieser Minister verkehrte sowohl dienstlich wie gesellschaftlich regelmäßig im Kaiserpalast, und Kallath wurde bald gern gesehener Gast der kaiserlichen Familie. Kaiser Molvan war nicht mehr der Jüngste, und von seinen Kindern lebte nur noch seine Tochter Danera, die etwa ein Jahr jünger als Kallath war. Die Beziehung zwischen den beiden Halbwüchsi-gen entwickelte sich auf nicht unübliche Weise, bis Kallath mit achtzehn nach Mal Zeth zurückgerufen wurde, um seine militärische Laufbahn zu beginnen. Mit achtundzwanzig erhielt er bereits seine Ernennung als Ge-neralstatthalter des Bezirks Rakuth und war so der jüngste Mann, der je in den Generalstab aufgenommen wurde. Ein Jahr später reiste er nach Melcene, wo er und Prinzessin Danera heirateten.
In den folgenden Jahren widmete Kallath seine Zeit in gleichem Maß Melcene und Mal Zeth und baute sowohl da wie dort seine Macht aus. Als Kaiser Molvan 3829 starb, war er bereit. Es hatte zwar andere Thronan-wärter gegeben, doch die meisten waren gestorben – meist unter ungewöhnlichen Umständen. Jedenfalls wurde Kallath, trotz des heftigen Wi-derstandes vieler hoher Familien in Melcene, 3830 zum Kaiser von Melcena ernannt – die Einwände verstummten dank der Brutalität von Kallaths Anhängern. Danera hatte Kallath inzwischen bereits sieben gesunde Kinder geschenkt, um die Erhaltung seines Geschlechts zu sichern.
Als Kallath im darauffolgenden Jahr nach Mal Zeth reiste, nahm er die melcenische Armee bis an die Grenze von Delchin mit, wo sie sich bereit-hielt. In Mal Zeth stellte Kallath dem Generalstab ein Ultimatum. Seine Streitkräfte schlossen die Armee seines eigenen Bezirks von Rakuth ein sowie die der östlichen Fürstentümer von Karan, wo die angarakanischen Militärstatthalter ihm den Treueid geleistet hatten. Zusammen mit der Armee an der delchinischen Grenze gab ihm das die absolute militärische Überlegenheit. Er verlangte, zum Oberbefehlshaber der Armeen von Angarak ernannt zu werden. Es gab Präzedenzien, schon früher war hin und wieder einem General dieses Amt zuerkannt worden, doch viel üblicher war, daß der Generalstab gemeinsam herrschte. Aber Kallaths Forderung brachte etwas Neues zur Sprache. Seine Stellung als Kaiser
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