Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
und einem Heim entwickelt hätte, würde seine Vorstellung von ihr als eine schwache und hilflose Frau sie immer demütigen.
»Ich sollte jetzt gehen«, sagte sie abrupt.
»Es ist dunkel«, protestierte er. »Ihr könnt jetzt nicht gehen.«
»Die Herberge ist nicht weit entfernt, wenn ich die Brücke überquert habe. Ich werde langsam reiten. Und das Pferd scheint sehr zuverlässig zu sein.«
Grag drehte sich zu ihr um und sah sie an. Seine Augen waren groß und blickten sie flehentlich an. »Bleibt«, meinte er. »Bitte. Bleibt und redet mit mir. Wir können das lösen.«
»Nein, Grag, das glaube ich nicht.« Noch vor einer Stunde hätte sie seine Hand berührt, hätte ihn zumindest zum Abschied küssen wollen. Jetzt aber war ihr klar, dass sie die Barrieren zwischen ihnen niemals überwinden konnten. »Ihr seid ein guter Mann. Ihr werdet eine Frau finden, die zu Euch passt. Ich wünsche Euch alles Gute. Und wenn Ihr Ophelia wiederseht, bestellt Ihr meine besten Wünsche.«
Er folgte ihr in den Lichtkreis der Laterne. Sie nahm ihr Weinglas vom Tisch und trank den letzten Schluck. Als sie sich umsah, wurde ihr klar, dass es hier nichts mehr für sie zu tun gab. Sie war bereit.
»Althea.«
Beim Ton seiner Stimme drehte sie sich um. Grag sah plötzlich sehr jung aus. Mutig blickte er ihr ins Gesicht und versuchte nicht, seinen Schmerz zu verbergen. »Das Angebot bleibt bestehen. Ich warte, bis Ihr wiederkommt. Werdet meine Frau. Es ist mir egal, was Ihr getan habt. Ich liebe Euch.«
Sie suchte nach aufrichtigen Worten, die sie ihm sagen konnte. »Ihr habt ein gutes Herz, Grag Tenira«, sagte sie schließlich. »Lebt wohl.«
23. Konsequenzen
Serilla hatte die Kajüte des Kapitäns nicht mehr verlassen, seit man sie hierher geschleppt hatte. Sie fuhr mit den Händen durch ihr wirres Haar und versuchte sich daran zu erinnern, wie lange das her war. Sie zwang sich, Ereignisse heraufzubeschwören, aber ihre Erinnerungen kamen nicht in der richtigen Reihenfolge. Sie sprangen hin und her, vermischten sich, und die Momente des Entsetzens und des Schmerzes drängten sich vor, selbst wenn sie sich weigerte, daran zu denken.
Sie hatte sich gegen den Matrosen gewehrt, der sie hierher brachte. Serilla hatte würdevoll gehen wollen, aber selbst das hatte man ihr nicht gegönnt. Sie hielt sich zurück, bis er sie zerrte. Doch als sie ihn schlug, packte er nur ihre Fäuste und warf sie über seine Schulter. Er stank. Ihre Anstrengungen, ihn zu schlagen und zu treten, amüsierten nicht nur ihn, sondern auch die anderen Mannschaftsmitglieder, die herumstanden und zusahen. Ihre Hilfeschreie wurden ignoriert. Die Reisegefährten des Satrapen, die ihre Entführung mit ansahen, standen tatenlos daneben. Die meisten wandten sich einfach ab und bemühten sich um ausdruckslose Mienen, und andere schlugen einfach die Türen wieder zu, aus denen sie herausgelugt hatten. Aber Serilla konnte vor allem die Mienen von Cosgo und Kekki nicht aus ihrem Gedächtnis verbannen. Als sie weggeschleppt wurde, hatte Cosgo triumphierend gelächelt, während Kekki sich aus ihrem berauschten Zustand hochgerappelt und erregt zugesehen hatte. Ihre Hand lag dabei auf Cosgos Schenkel.
Ihr Häscher hatte sie in einen unbekannten Teil des Schiffes getragen. Er schob sie in die dunkle Kabine des Kapitäns und verriegelte die Tür hinter ihr. Serilla wusste nicht, wie lange sie dort gewartet hatte. Es kam ihr wie Stunden vor, aber konnte man in einer solchen Lage die Zeit wirklich erfassen? Wut, Verzweiflung und Entsetzen wechselten sich in ihr ab. Angst hatte sie immer. Als der Mann schließlich erschien, war Serilla bereits erschöpft vom Schreien, vom Weinen und vom unablässigen Hämmern gegen die Tür. Bei seiner ersten Berührung war sie zusammengebrochen und beinahe ohnmächtig geworden. Nichts in ihrer Ausbildung oder in den Tagen bei Hofe hatte sie auf so etwas vorbereitet. Er überwand mühelos ihre Versuche, ihn wegzuschieben. In seinen Händen ähnelte sie einem fauchenden Kätzchen. Er vergewaltigte sie. Nicht grob, sondern ganz nüchtern und sachlich. Als er entdeckte, dass sie noch unberührt gewesen war, stieß er einen überraschten Schrei aus und fluchte in seiner eigenen Sprache. Dann vergnügte er sich weiter mit ihr.
Wie viele Tage waren seitdem vergangen? Sie wusste es nicht. Die Kajüte hatte sie seit diesem Ereignis nicht mehr verlassen. Die Zeit bemaß sich danach, ob der Mann da war oder nicht. Manchmal benutzte er sie. Dann
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