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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Name ist Wintrow.«
    Die nächste Welle kam heran und schwappte etwas höher. Sie warf sich verzweifelt dagegen und schaffte es, dem Wasser ein Stück näher zu kommen. Aber es war immer noch nicht genug. Egoistisch überlegte Wintrow, ob er vielleicht weit genug von ihr wegrücken konnte, dass er endlich ihre Schmerzen nicht mehr spüren musste. Seine eigenen genügten ihm vollkommen. Dann jedoch war ihm selbst das zu viel. Er blieb einfach still liegen und wartete auf die nächste Welle. Vielleicht hob sie ihn an, und dann konnte er zurück zu seiner eigenen Art schwimmen.
    Kennit blieb wie angewurzelt stehen, als er den Schrei hörte. »Was war das?«
    Das Geräusch hallte merkwürdig nach. »Ich weiß es nicht«, antwortete Etta nervös. Sie sah sich furchtsam um. Plötzlich kam sie sich sehr klein und schutzlos vor. Der Weg und der schützende Wald lagen weit hinter ihnen. Hier waren nur noch offener Sand und Felsen, die unbarmherzige Sonne und das endlose Meer. Weit hinten am Horizont sah sie dunkle Wolken aufziehen. Der Wind wurde stärker, und es würde bald regnen. Sie wusste nicht genau, was sie fürchtete, aber ihr war klar, dass sie sich nirgends davor verstecken konnten. Dennoch sah sie nichts Bedrohliches. Der Schrei schien aus dem Nichts gekommen zu sein, und ihm folgte eine unheilvolle Stille.
    »Was sollen wir tun?«, fragte Etta.
    Kennits Augen suchten den Strand ab. Dann blickte er auf die Hochebene hinter ihnen. Dort war nichts zu sehen. »Weiter zu der Felsnische«, befahl er und hielt dann inne.
    Etta folgte dem Blick seiner Augen. Die Kreatur, die er anstarrte, war zuvor noch nicht dagewesen, davon war sie überzeugt. Sie hätte sich nirgendwo verstecken können, und trotzdem war sie jetzt da. Der aufgerichtete Teil war so groß wie Kennit, und sie zog einen schweren, schneckenförmigen Körper hinter sich her. Während Etta sie anstarrte, schwang die Gestalt die flexiblen Glieder ihres Oberkörpers. Sie waren unglaublich elegant, entfalteten sich vollkommen knochenlos und wiesen langfingrige Hände an ihren Enden auf. Zwischen den Fingern befanden sich Schwimmhäute. Ihr Körper war graugrün und glänzte feucht, wo er nicht von einem blassgelben Umhang bedeckt wurde. Ihre flachen Augen sahen sie drohend an. »Geht zurück!«, warnte sie. »Geht zurück! Sie gehört uns!« Die zischenden, summenden Laute klangen gefährlich. Selbst der Gestank der Kreatur war einschüchternd, auch wenn sie nicht wusste, warum. Sie wusste nur, dass sie so weit von ihr weg wollte wie möglich. Sie war zu fremd. Zu anders. Sie packte Kennits Arm. »Weg von hier«, bat sie und zog an ihm.
    Genauso gut hätte sie an einer Statue herumzupfen können. Er spannte die Muskeln an und widersetzte sich ihr. »Nein. Bleib stehen, Etta, und hör mir zu. Es ist Magie, ein Zauber, den es auf uns wirft. Dadurch kommst du auf die Idee, es zu fürchten. Gib dem nicht nach. Es ist längst nicht so furchteinflößend.« Er lächelte überlegen und tippte gegen das Amulett an seinem Handgelenk. »Ich bin immun dagegen. Vertrau mir.«
    Sie versuchte, seinen Worten zu glauben, aber es gelang ihr nicht. Der Wind wehte den Gestank der Kreatur zu ihr herüber, ein Geruch, den sie jetzt instinktiv erkannte. Tod und verwesendes Menschenfleisch. Er widerte sie an, genauso wie der Blick dieser flachen Augen. Sie wollte sich verstecken, sich vor diesen Augen in Sicherheit bringen. »Bitte!«, flehte sie Kennit an, aber er blickte dem Anderen in die Augen. Er schüttelte sie mit einer Kraft ab, die sie verblüffte. Er hatte sie vergessen. Sie konnte ja weglaufen, wenn sie wollte.
    Sie wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, still stehen zu bleiben und zuzusehen. Kennit widersetzte sich dem Anderen mit einem Mut, den sie undenkbar fand. Er klemmte sich die Krücke unter den Arm und machte einen Schritt auf die Kreatur zu. Sie richtete sich weiter auf und breitete die wurmartigen Glieder aus. Etta erkannte die Schwimmhäute zwischen den Fingern. »Geht zurück!«, warnte ihn das Geschöpf.
    Kennit grinste nur und zuckte mit den Schultern. »Hier entlang«, sagte er und führte sie zu dem Pfad, der durch den Wald ging. Sie war erleichtert. Als er durch den Sand auf die Einmündung des Pfades zuging, trottete sie neben ihm her. Kennit sah dabei unablässig über die Schulter zu dem Geschöpf zurück. Sie konnte es ihm nicht verdenken, aber sie ertrug den Anblick dieses Wesens nicht. Etta fasste Kennits Ärmel, und er erlaubte ihr, sich

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