Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
ernähren sich von den Nüssen und Früchten des Waldes. Sie handeln hauptsächlich mit dem Drei-Schiffe-Volk, um Fische, Stoffe und lebensnotwendige Ding zu erwerben.«
Sie gingen an zwei Hütten vorbei, die im Schatten eines Zedernwäldchens standen. »Ich wusste nicht, dass es so viele sind«, stammelte Ronica.
Rache lachte amüsiert. »Jeder Neue Händler, der in Eure Stadt kam, hat mindestens zehn Sklaven mitgebracht. Kindermädchen, Köche und Lakaien für den Haushalt und Landarbeiter für Felder und Obstplantagen. Sie sind nie in die Stadt gekommen und haben sich unter Euch gemischt, aber sie sind da.« Sie lächelte, und ihre Tätowierung verzerrte sich. »Zumindest unsere Zahl macht uns zu einer Kraft, mit der man rechnen muss. Wir sind hier, Ronica, und wir werden auch hier bleiben. Bingtown muss das akzeptieren. Wir können nicht die ganze Zeit als versteckte Außenseiter am Rand der Gesellschaft unser Dasein fristen. Wir müssen anerkannt und akzeptiert werden.«
Ronica schwieg. Die Worte der ehemaligen Sklavin klangen beinahe drohend. Weiter vorn auf dem Weg sah sie einen Jungen und ein Mädchen, aber einen Augenblick später verschwanden sie wie verschreckte Kaninchen. Ronica fragte sich, ob Rache sie absichtlich hier entlanggeführt hatte. Auf jeden Fall schien sie sich hier gut auszukennen.
Sie erklommen einen weiteren Hügel und ließen die verstreute Ansammlung von Hütten hinter sich. Immergrüne Pflanzen schlossen sich hinter ihnen und machten den bewölkten Himmel noch dunkler. Der Weg verengte sich und wirkte weniger benutzt. Aber jetzt achtete Ronica auf ihn und sah, dass andere Pfade von dem Weg abgingen. Bevor die beiden Frauen die Häuser der Drei-Schiffe-Immigranten an dem flachen Strand erreichten, wurde der Weg schmaler, bis er kaum breiter war als eine Tierfährte. Ein kühler Wind vom offenen Meer trieb sie weiter. Ronica zuckte zusammen, als sie sich vorstellte, was für einen abgerissenen Eindruck sie machen musste, aber daran konnte sie nichts ändern.
In diesem Abschnitt von Bingtown schmiegten sich die Häuser an den Strand, sodass die Drei-Schiffe-Familien sehen konnten, wie ihre Fischerboote zurückkehrten. Als Rache rasch die Straße überquerte, sah sich Ronica unauffällig um. Sie war noch nie hier gewesen. Kinder spielten auf den langen Veranden der mit Schindeln gedeckten Häuser. In der Luft hing der Geruch von brennendem Treibholz und Räucherfisch. Zwischen den Häusern spannten sich Netze, die geflickt werden mussten. Die Unruhen und Zerstörungen hatten in diesem Viertel Bingtowns wenig Spuren hinterlassen. Eine Frau eilte an ihnen vorbei. Sie trug ein Bündel flacher Fische im Arm und nickte ihnen grüßend zu.
»Hier, das ist Sparses Haus«, sagte Rache plötzlich. Das großzügige einstöckige Haus unterschied sich kaum von den angrenzenden Gebäuden. Die frisch weiß gekalkten Wände waren das einzige Zeichen für Wohlstand, das Ronica entdecken konnte. Sie traten auf die überdachte Veranda, und Rache klopfte an die Tür.
Ronica schob ihre nasse Kapuze zurück, als die Tür geöffnet wurde. Eine große Frau sah sie an. Sie war grobknochig und kräftig wie viele Drei-Schiffe-Siedler. Sie hatte Sommersprossen, und ihr blondes Haar glänzte rötlich. Einen Moment betrachtete sie die beiden misstrauisch, dann lächelte sie. »Ich erinnere mich an dich«, begrüßte sie Rache. »Du bist die Frau, die einen Fisch von Pa erbettelt hat.« Rache nickte, ohne sich von der Beschreibung beleidigen zu lassen. »Ich war zweimal hier, um euch zu treffen. Aber ihr wart beide Male mit eurem Boot fischen. Du bist Ekke, richtig?«
Ekke nickte und sagte: »Ach, kommt doch herein. Ihr seht beide nasser aus als Wasser. Nein, der Schlamm an euren Schuhen macht nichts. Wenn genug Leute Schmutz hereinbringen, dann bringt irgendjemand ihn auch wieder hinaus.«
Der Fußboden bestand aus rohen Planken, der von häufiger Nutzung abgewetzt war. Die Decke war niedrig, und die kleinen Fenster ließen nicht viel Licht herein. Eine Katze schlief neben einem räudigen Hund. Der öffnete ein Auge und betrachtete sie, während sie um ihn herumtraten. Dann schlief er weiter. Neben dem dösenden Hund stand ein massiver Tisch mit mehreren Stühlen. »Setzt euch«, forderte die Frau sie auf.
»Und zieht eure nassen Sachen aus. Pa ist nicht da, aber er kommt sicher bald zurück. Tee?«
»Dafür wäre ich sehr dankbar«, sagte Ronica.
Ekke goss Wasser aus einem Fass in einen Kessel. Als sie ihn
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