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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ging, und seine Stiefel klackten zielstrebig auf dem Steinboden.
    Serilla sah ihm nach. Sobald er weg war, schlug sie die Hände vors Gesicht. Es ist nicht deine Schuld, versuchte sie sich zu trösten. Niemand hätte unbeschadet das überstanden, was sie hatte ertragen müssen. Es war nicht ihre Schuld…
    Wenn man eine Stadt gut kennt, bedeutet das noch lange nicht, dass man sich auch im Umland auskennt, dachte Ronica bitter.
    Mit einem schweren Seufzer betrachtete sie den tiefen Spalt, der ihren Weg kreuzte. Sie hatte sich dafür entschieden, Rache hier entlang zu führen, durch die Wälder hinter Davads Haus.
    Wenn sie von hier bis ans Meer weitergingen, würden sie in dem bescheidenen Viertel von Bingtown herauskommen, wo die Drei-Schiffe-Immigranten sich niedergelassen hatten. Sie hatte es oft auf dem Plan in Ephrons Arbeitszimmer gesehen.
    Aber darauf war leider diese Schlucht nicht eingezeichnet gewesen, die sich quer durch den Wald schlängelte, und auch nicht das moorige Wasser am Grund. Sie blieb stehen und blickte hinunter. »Vielleicht hätten wir doch die Straße nehmen sollen«, sagte sie zu Rache. Sie wickelte ihren regennassen Schal fester um ihre Schultern.
    »Auf der Straße hätten sie uns im Nu eingeholt. Nein. Es war klug von Euch, diesen Weg zu nehmen.« Die Dienerin ergriff plötzlich Ronicas Hand, legte sie auf ihren Arm und tätschelte sie tröstend. »Folgen wir einfach dem Lauf des Wassers. Entweder kommen wir an eine Furt, an der die Tiere hinübergehen, oder wir gelangen direkt an den Strand. Von dort aus können wir an der Küste entlang zu der Stelle gehen, wo die Fischerboote herausgezogen werden.«
    Rache ging voraus, und Ronica folgte ihr dankbar. Widerspenstige, kahle Büsche zerrten an ihren Röcken, aber Rache schob sich zielstrebig durch Schwertfarn und Büschen hindurch. Zedern erhoben sich in schwindelnde Höhen und fingen den meisten Regen auf. Aber gelegentlich prasselte von einem niedrigen Ast die nasse Ladung auf sie herunter. Sie hatten nichts mitgenommen. Es war keine Zeit geblieben, etwas zusammenzupacken. Wenn die Drei-Schiffe-Leute sie wegschickten, dann würde sie heute im Freien schlafen müssen, ohne viel mehr Schutz zu haben als ihre eigene Haut.
    »Du brauchst bei dieser Sache nicht mitzumachen, Rache«, sagte Ronica. »Wenn du mich verlässt, dann findest du sicher Zuflucht bei den Tätowierten. Roed hat keinen Grund, dich zu verfolgen. Du wärst in Sicherheit.«
    »Unsinn«, erklärte die Dienstmagd. »Außerdem kennt Ihr den Weg zu Sparse Kelters Haus ja gar nicht. Dort sollten wir zuerst hingehen. Wenn er uns abweist, müssen wir vielleicht beide bei den Tätowierten Schutz suchen.«
    Am Vormittag ließ der Regen nach. Sie kamen zu einer Stelle, an der ein Weg steil in die Schlucht hinunterführte. Zwischen den Spuren der Huftiere erkannte Ronica plötzlich den Abdruck eines nackten Menschenfußes. Anscheinend benutzten nicht nur Tiere diesen Pfad. Sie folgte Rache unbeholfen, hielt sich an Baumstämmen und kleinen Büschen fest, damit sie nicht stürzte. Als sie unten ankamen, waren ihre Beine bis zu den Knien schlammverschmiert. Aber das spielte keine Rolle. Es gab keine Brücke über das grüne Wasser am Fuß der Schlucht. Die beiden Frauen wateten schweigend hindurch. Die Uferböschung auf der anderen Seite war weniger steil. Sie hielten sich aneinander fest und stolperten in den lichteren Wald hinein.
    Auch hier gab es einen Pfad, und sie waren noch nicht weit gegangen, als Ronica improvisierte Schutzhütten unter den Bäumen auffielen. Einmal roch sie sogar den Rauch von Holzfeuer und kochenden Haferbrei. Ihr Magen knurrte. »Wer lebt denn hier?«, fragte sie Rache, als die Dienstmagd sie weiterführte.
    »Menschen, die nirgendwo sonst leben können«, erwiderte Rache ausweichend. Einen Moment später schien sie sich zu schämen, dass sie so geheimnisvoll tat. »Es sind hauptsächlich entlaufene Sklaven der Neuen Händler. Sie müssen sich versteckt halten, weil sie weder Arbeit suchen noch die Stadt verlassen können. Die Neuen Händler haben Posten auf den Docks aufgestellt, die alle Sklaven ohne Papiere aufhalten. Das hier ist nicht die einzige Barackenstadt in den Wäldern um Bingtown. Es gibt noch viel mehr, und ihre Zahl ist seit der Brandnacht angestiegen. Hier liegt ein ganz anderes Bingtown versteckt, Ronica. Die Leute leben von den Abfällen unserer Stadt, aber es sind trotzdem Menschen. Sie wildern, haben versteckte Gärten angelegt oder

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