Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
hinaufzusegeln.
    Die Chalcedeaner hielten jetzt den Hafen und die umliegenden Gebäude. Damit hatten sie das Herz von Bingtown in ihren gierigen Händen. Jeden Tag stießen sie weiter ins Landesinnere vor und zerstörten systematisch alles, was sie nicht wegtragen konnten. Reyn hatte noch nie eine solche Vernichtung erlebt.
    Gewisse wichtige Gebäude, Lagerhäuser, in denen sie ihre Beute aufbewahrten, und Häuser aus Stein, in denen man sich gut verteidigen konnte, ließen sie intakt. Aber den Rest legten sie in Schutt und Asche. Alte Händler, Neue Händler, Fischer, Kaufleute, Huren oder Sklaven: Die Chalcedeaner machten keine Unterschiede. Sie mordeten und stahlen ohne viel Federlesens. Die Gebäude des Drei-Schiffe-Volkes waren alle niedergebrannt worden. Und ihre kleinen Schiffe waren zerstört und die Menschen getötet oder vertrieben worden. Sie mussten bei ihren Nachbarn Schutz suchen. Gefangene wurden in Ketten gelegt und in einer großen Galeere festgehalten. Sie würden irgendwann weggebracht werden – und ein neues Leben in Chalced als Sklaven beginnen. Wenn die Invasoren jemals Verbündete in Bingtown gehabt hatten, dann hatten sie sie verraten. Niemand wurde von der Verheerung verschont.
    »Sie wollen hier bleiben«, sagte Grag leise, aber deutlich.
    »Nachdem sie alle in Bingtown getötet oder versklavt haben, werden sich die Chalcedeaner hier niederlassen, und die Bucht von Bingtown wird nur noch ein weiterer Teil von Chalced sein.«
    »Habe ich Euch geweckt, weil ich mich so herumgewälzt habe?«, fragte Reyn.
    »Nein. Ich kann nicht richtig schlafen. Ich habe das Warten so satt. Ich weiß, dass wir unseren Widerstand organisieren müssen, aber es fällt mir schwer, die Verwüstungen zu ertragen, die in der Zwischenzeit passieren. Und jetzt, da der Zeitpunkt endlich gekommen ist, zerrt jeder Moment an den Nerven. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit für die Vorbereitungen gehabt. Und mir wäre es lieber, wenn Mutter und die Mädchen in die Berge fliehen würden. Vielleicht könnten sie sich dort verstecken, bis das hier alles vorbei ist.«
    »Inwiefern vorbei?«, fragte Reyn gereizt. »Sicher müssen wir diesen Ausfall wagen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Erfolg haben. Wenn wir sie von unseren Stränden vertreiben, werden sie sich einfach auf ihre Schiffe zurückziehen und einen zweiten Angriff starten. Solange sie den Hafen kontrollieren, kontrollieren sie Bingtown. Wie sollen wir ohne Handel existieren?«
    »Das weiß ich nicht. Man darf einfach die Hoffnung nicht aufgeben«, erklärte Grag eigensinnig. »Wenigstens hat uns diese Katastrophe zusammengeführt. Die gesamte Bevölkerung sieht jetzt ein, das wir nur überleben können, wenn wir zusammenhalten.«
    Reyn bemühte sich, positiv zu klingen, versagte aber. »Es gibt eine Hoffnung, aber sie ist sehr schwach. Wenn unsere Lebensschiffe zurückkehren und sie im Hafen einschließen, könnte sich ganz Bingtown auf sie stürzen. Wenn wir eine Möglichkeit finden, sie zwischen Strand und Hafenmündung in die Zange zu nehmen, könnten wir sie alle töten.«
    Grags Stimme klang besorgt. »Ich wünschte, wir wüssten, wo unsere Schiffe sind oder wie viele überhaupt noch schwimmen.
    Ich vermute, dass die Chalcedeaner sie weggelockt haben. Sie sind geflohen, und wir haben sie verfolgt. Vielleicht sogar irgendwohin, wo eine größere Streitmacht sie vernichten konnte.
    Wie konnten wir nur so dumm sein?«
    »Wir sind Händler, keine Krieger«, erwiderte Reyn. »Unsere größte Stärke ist auch unsere größte Schwäche. Wir verstehen nur etwas vom Handeln und Verhandeln, und genau daran sind unsere Feinde nicht interessiert.«
    Grag stöhnte. »Ich hätte an diesem Tag an Bord der Ophelia sein sollen. Ich hätte bei ihnen sein sollen. Es ist eine Qual, warten und hoffen zu müssen und nicht zu wissen, was aus meinem Vater und unserem Schiff geworden ist.«
    Reyn schwieg. Er war sich zu deutlich bewusst, wie schmerzhaft die scharfe Klinge der Unsicherheit die Seele eines Menschen zerschneiden konnte. Er wollte Grag nicht dadurch beleidigen, dass er ihm sagte, er wüsste, wie er sich fühlte. Jeder Mensch fühlte den Schmerz anders. »Wir sind beide wach«, sagte er stattdessen. »Also können wir auch aufstehen. Reden wir in der Küche weiter, damit wir Selden nicht aufwecken.«
    »Selden ist wach«, sagte der Junge ruhig und richtete sich auf. »Ich habe mich entschieden. Ich gehe mit euch. Ich werde auch kämpfen.«
    »Nein«, erwiderte

Weitere Kostenlose Bücher