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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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daran überlief es Serilla eiskalt. Die Nachricht war viel zu schnell eingetroffen. Kein Vogel konnte so schnell fliegen. Das bedeutete, die Verschwörung reichte bis in die Spitzen des Adels in Jamaillia-Stadt selbst. Wer den Vogel gesandt hatte, musste erwarten, dass der Satrap ermordet werden würde und die Beweise die Alten Händler belasteten. Die Schnelligkeit der Antwort legte nahe, dass man genau diese Botschaft erwartete.
    Aber wie weit reichte die Verschwörung? Selbst wenn sie die Quelle ausmachen konnte, wusste sie nicht, ob sie sie auch zerstören konnte. Wenn nur Roed Caern und seine Leute nicht so überstürzt gehandelt hätten, als sie den Satrapen überfielen.
    Hätten Davad Restate und die Vestrits überlebt, hätte man ihnen vielleicht die Wahrheit entreißen können. Sie hätten vielleicht verraten, welche jamaillianische Adligen in diese Angelegenheit verwickelt waren. Aber Restate war tot, und die Vestrits waren verschwunden. Von dieser Seite konnte sie keine Antworten erhoffen.
    Sie schob die Karte zur Seite und entrollte stattdessen einen eleganten Plan von Bingtown. Die schön gemalte Arbeit war eines der Wunder, das sie in Restates Bibliothek entdeckt hatte.
    Die alten Landschenkungen an alle Alten Händler waren mit Tinte in den jeweiligen Familienfarben fein säuberlich eingetragen. Dazu hatte Davad die vielen Landnahmen der Neuen Händler notiert. Sie musterte die Eintragungen und überlegte, ob sie ihr vielleicht irgendwelche Hinweise auf seine Verbündeten lieferten. Sie runzelte die Stirn, tauchte ihren Federhalter in die Tinte ein und machte sich eine Notiz. Die Hügel von Barberry gefielen ihr. Es wäre eine angenehme Sommerresidenz für sie, wenn all diese Streitereien endlich beigelegt waren. Es war der Besitz eines Neuen Händlers. Und vermutlich würden die Bingtown-Händler sie nur zu gern gewähren lassen.
    Als Repräsentantin des Satrapen konnte sie den Besitz natürlich einfach requirieren.
    Sie lehnte sich auf dem gewaltigen Stuhl zurück und wünschte sich kurz, dass Davad Restate etwas kleiner gewesen wäre.
    Alles in dem Raum war zu groß für sie. Manchmal kam sie sich wie ein Kind vor, das tat, als wäre es erwachsen. Manchmal schien diese ganze Bingtowner Gesellschaft diese Wirkung auf sie zu haben. Ihre Rolle war nur eine Farce. Die »Bevollmächtigung« durch den Satrapen war ein Dokument, das sie Satrap Cosgo untergeschoben hatte, als es ihm nicht gut ging.
    All ihre Macht und ihre Ansprüche auf ihren gesellschaftlichen Rang stützten sich darauf. Und die Macht des Dokuments wiederum beruhte ausschließlich darauf, dass die Satrapie von Jamaillia Bingtown rechtmäßig regierte. Sie war erschrocken gewesen, als sie zum ersten Mal bemerkt hatte, wie weit die Gespräche der Bingtowner Händler über Souveränität bereits gediehen waren. Es machte ihre Stellung unter ihnen noch unsicherer. Vielleicht wäre sie weiser beraten gewesen, sich auf die Seite der Neuen Händler zu schlagen. Doch nein, denn einige unter ihnen erkannten wenigstens, dass die Adligen in Jamaillia-Stadt versuchten, die Herrschaft des Satrapen abzuschütteln. Wenn schon die Macht des Satrapen in der Hauptstadt in Frage stand, wie dürftig war sie dann erst hier, in der entlegensten Provinz der Satrapie?
    Es war zu spät, um zurückzuweichen. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und ihre Rolle gewählt. Jetzt blieb ihr nur noch, sie so gut wie möglich zu spielen. Wenn sie Erfolg hatte, würde Bingtown bis ans Ende ihrer Tage ihre Heimat bleiben. Das war schon immer ihr Traum gewesen, seit sie als junge Frau gehört hatte, dass eine Frau in Bingtown die gleichen Rechte hatte wie ein Mann.
    Sie lehnte sich einen Moment zurück, während ihr Blick durch das Zimmer glitt. Ein gewaltiges Feuer loderte im Kamin ihres Arbeitszimmers. Sein Licht und das der vielen Kerzen tauchte das polierte Holz des Schreibtisches in einen warmen Glanz. Sie mochte den Raum. Sicher, die Vorhänge waren schrecklich, und die Bücher in den vielen Regalen waren ungeordnet und schäbig, aber all das konnte man ändern. Der rustikale Stil hatte sie am Anfang etwas befremdet. Aber jetzt, da das Haus ihr gehörte, vermittelte es ihr das Gefühl, als gehöre sie wirklich zu Bingtown. Die meisten Häuser der Alten Händler, die sie gesehen hatte, sahen so aus wie dieses hier. Daran konnte sie sich gewöhnen. Sie bewegte die Zehen in den gemütlichen Lammwollpantoffeln. Es waren Kekkis gewesen, und sie waren ein bisschen eng. Ihr

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