Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
das, was ihr am Ende eurer Reise sein müsst, denn wenn dieses Ende kommt, werdet ihr feststellen, dass es nur ein neuer Anfang ist.«
Althea seufzte. »Jetzt klingst du wie Amber«, beschwerte sie sich.
»Nein. Jetzt klinge ich wie ich selbst. Das Selbst, das ich unterdrückt und versteckt habe, das ich irgendwann wieder sein wollte, wenn ich bereit dazu wäre. Ich habe aufgehört zu wollen. Ich bin.«
Althea schwieg und schüttelte den Kopf. Sie war einfacher mit Paragon zurechtgekommen, als er noch mürrisch gewesen war. Sie liebte ihn, aber es war anders als ihr Band mit Viviace.
Paragon benahm sich oft wie ein geliebtes, aber schlecht erzogenes und schwieriges Kind. Manchmal war es einfach zu schwer, mit ihm umzugehen. Selbst jetzt, wo er anscheinend auf ihrer Seite stand, konnte seine Intensität einem Angst einflößen.
Althea schob diese Gedanken beiseite und versuchte, sich von dem leichten Rollen des Schiffes entspannen zu lassen. Aber der Friede währte nicht lange.
»Wenn dir danach ist, kannst du mir jetzt sagen: Ich hab's ja gleich gesagt.« Ambers Stimme hinter ihr klang müde und bitter.
Althea wartete, bis die Schiffszimmerin neben ihr an die Reling trat, bevor sie ihre Vermutung bestätigte. »Hast du mit dem Kapitän über Lavoy und Clef gesprochen?«
»Allerdings.« Amber zog ein Taschentuch hervor und wischte sich die Stirn ab. »Es hat nichts genutzt. Brashen hat mir nur gesagt, dass Lavoy der Maat ist, Clef der Schiffsjunge und dass er sich nicht einmischen würde. Ich verstehe das nicht.«
Althea lächelte. »Hör auf, an ihn als Brashen zu denken.
Wenn Brashen auf der Straße entlangginge und sähe, wie Lavoy einen kleinen Jungen niederschlüge, würde er sich sofort einmischen. Aber wir sind nicht auf der Straße. Wir sind auf einem Schiff, und er ist der Kapitän. Er darf sich nicht zwischen den Ersten Maat und die Mannschaft stellen. Täte er das auch nur einmal, würde die Mannschaft sofort den Respekt vor Lavoy verlieren. Sie würden sich endlos über ihn beschweren und ständig dem Kapitän hinterherlaufen. Er hätte so viel damit zu tun, sich um die Männer zu kümmern, dass er keine Zeit mehr hätte, Kapitän zu sein. Brashen gefällt Lavoys Verhalten genauso wenig wie dir. Aber der Kapitän weiß, dass die Disziplin auf einem Schiff wichtiger ist als ein paar blaue Flecken eines Schiffsjungen.«
»Wie weit würde er Lavoy gehen lassen?«, knurrte Amber.
»Das geht nur den Kapitän etwas an, nicht mich«, antwortete Althea und fügte lächelnd hinzu: »Ich bin nur der Zweite Maat.« Als Amber sich erneut die Stirn und den Hals abwischte, fragte Althea sie: »Geht es dir gut?«
»Nein«, erwiderte Amber nachdrücklich. Sie sah Althea nicht an, aber diese musterte das Profil der Schiffszimmerin. Selbst in dem schwachen Licht sah sie, wie gespannt Ambers Gesichtszüge wirkten. Ihre Hautfarbe war immer so merkwürdig, dass Althea ihr sowieso nicht viel entnehmen konnte, aber heute erinnerte sie sie an altes Pergament. Sie hatte ihr hellbraunes Haar mit einem Tuch im Nacken zusammengebunden.
Althea schwieg, bis Amber weitersprach. »Aber ich bin nicht wirklich krank. Ich leide von Zeit zu Zeit an einer Krankheit.
Sie bringt mir Fieber und Müdigkeit. Ich erhole mich bald wieder.« Als Althea sie entsetzt ansah, fuhr Amber hastig fort: »Es ist keine ansteckende Krankheit. Sie betrifft nur mich.«
»Trotzdem solltest du dem Kapitän von deinem Problem berichten. Und am besten in unserem Quartier bleiben, bis es vorbei ist.«
Sie zuckten beide zusammen, als Paragon sich einmischte.
»Selbst das Gerücht einer Seuche an Bord eines Schiffes kann eine Mannschaft höchst nervös machen.«
»Ich kann es für mich behalten«, versicherte ihr Amber. »Außerdem bezweifle ich, dass jemand außer Jek und dir meine Krankheit bemerkt. Jek hat es schon vorher gesehen. Ihr macht das keine Sorgen.« Sie drehte sich plötzlich zu Althea um.
»Und du? Hast du Angst, in meiner Nähe zu schlafen?«
Althea erwiderte ihren Blick. »Ich werde deinem Wort glauben, dass ich nichts zu befürchten habe. Aber du solltest es trotzdem dem Kapitän erzählen. Vielleicht kann er deine Dienste so einteilen, dass du mehr Ruhepausen hast.« Sie verkniff es sich hinzuzufügen, dass er Amber vermutlich isolieren würde, um ihre Krankheit geheim zu halten.
»Der Kapitän?« Amber lächelte. »Denkst du wirklich die ganze Zeit so an ihn?«
»Das ist er nun mal«, antwortete Althea förmlich. Nachts, in
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