Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
untergehen!«
Der Satrap riss die Augen auf und starrte sie überrascht an. Er blinzelte, und plötzlich glomm der Funke selbstgerechten Ärgers in ihnen auf. Ausgezeichnet. Sie holte tief Luft.
»Selbst auf diesem alten Kahn sollte man Euch besser versorgen können! Residiert der Kapitän in einer kahlen Kajüte, ohne Komfort und Luxus? Das bezweifle ich. Isst er diesen Schiffsfraß und raucht er Stroh? Welchen Balsam für seine Seele auch immer er genießt, denselben hätte man Euch bieten müssen, als Ihr an Bord gegangen seid. Tag um Tag habt Ihr geduldig darauf gewartet, dass man Euch so behandelt, wie es sich geziemt. Wenn nun der geballte Zorn von Jamaillia über sie kommt, haben sie sich das selbst zuzuschreiben. Ihr habt wahrlich eine Geduld geübt, die der von Sa kaum nachsteht. Jetzt werde ich verlangen, dass sie dieser Schande endlich ein Ende machen.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie lautet das chalcedeanische Wort für Kapitän?«
Er sah sie verwirrt an. »Leu-fay« , antwortete er schließlich.
»Leu-fay« , wiederholte sie. Sie hielt inne und musterte den Satrapen genauer. Er hatte Tränen in den Augen, ob aus Selbstmitleid oder Verblüffung konnte sie nicht sagen. Sie deckte ihn zu und steckte die Decke unter seinem Körper fest, als wäre er Selden. Eine merkwürdige Entschlossenheit keimte in Malta auf. »Ruht jetzt, edler Herr. Ich werde mich vorbereiten und dann dafür sorgen, dass Ihr so behandelt werdet, wie der Satrap von Jamaillia es verdient.«
Als ihm die Augen wieder zufielen, stand sie auf und machte sich ans Werk. Sie trug noch das Kleid aus der Nacht, in der sie Trehaug verlassen hatten. Einmal hatte sie es an Bord der Galeone waschen können. Der Saum war zerfranst, und es wies deutliche Spuren des langen Gebrauchs auf. Malta zog es aus und riss die herunterhängenden Fetzen ab. Dann schüttelte sie es sorgfältig aus und rieb den schlimmsten Schmutz ab, bevor sie es wieder anzog. Ihre Beine waren zwar vom Knie abwärts entblößt, aber daran konnte sie nichts ändern. Aus den Fetzen des Kleides flocht sie einen langen Strang, mit dem sie sich das Haar zurückband und es sich dann zu einem Dutt auf den Kopf legte, nachdem sie es umständlich mit den Fingern gekämmt hatte. Vielleicht machte es sie älter, wenn sie ihr Haar bedeckte, und außerdem verbarg es einen Teil der Narbe. In dem Krug befand sich noch etwas Wasser. Sie benutzte einen Fetzen Stoff als Waschlappen, um sich Gesicht, Hände und anschließend Füße und Beine zu säubern.
Sie lächelte unwillkürlich, als ihr wieder einfiel, wie sorgfältig sie sich auf ihren Einführungsball vorbereitet hatte und wie aufgebracht sie über ihr umgearbeitetes Kleid und ihre Slipper gewesen war. »Haltung und Benehmen«, hatte ihr Rache geraten. »Glaubt, dass Ihr schön seid, und alle anderen werden das auch tun.« Damals hatte sie der Sklavin nicht glauben können. Jetzt waren deren Worte Maltas einzige Hoffnung.
Nachdem sie ihr Bestes versucht hatte, sammelte sie sich.
Steh gerade, Kopf hoch. Stell dir vor, du trägst zierliche Brokatslipper an den Füßen, hast Ringe an den Fingern und eine Blütenkrone im Haar. Sie richtete ihren Blick ärgerlich auf die Tür. »Leu-fay!« , sagte sie entschlossen. Malta atmete mehrmals durch, und nach dem dritten Atemzug ging sie zur Tür, schob den Riegel zurück und trat hinaus.
Sie ging einen Gang entlang, der nur von einer schwankenden Laterne am anderen Ende erhellt wurde. Die Schatten tanzten im Licht und erschwerten es ihr, die königliche Haltung beizubehalten. Sie schlängelte sich an der verstauten Fracht vorbei. Die Vielfalt der Ladung machte sie stutzig. Ehrliche Handelsschiffe führten nie so viel verschiedene Fracht mit, und dort würde man sie auch nicht so willkürlich verladen. Es musste sich hier um Piraten oder Plünderer handeln, auch wenn die Chalcedeaner sich vermutlich selbst nicht so sahen. War der Satrap für sie nichts anderes als eine Beute, die man an den höchsten Bieter verschacherte? Bei diesem Gedanken hätte sie beinahe kehrtgemacht. Doch dann sagte sie sich, dass sie ihn auch in diesem Fall gut behandeln mussten. Solch eine wertvolle Handelsware würde doch sicherlich einen besseren Preis erzielen, wenn sie im bestmöglichen Zustand war.
Sie stieg eine kurze Leiter hinauf und fand sich in einem Raum voller Männer wieder. Es stank nach Schweiß und Rauch. Überall pendelten Hängematten, und in einigen lagen ihre schnarchenden Besitzer.
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