Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
Vom Netzwerk:
Sie falsche Schlüsse ziehen: die Einrichtung habe ich übernommen«, rief er ihr aus der offenen Küche nach, während er die primitive Handpresse bediente. »Ich habe der Einfachheit halber gleich die Ausstellungswohnung mit Inhalt gemietet. Hat mir nicht schlecht gefallen.«
    »Mir gefällt's sogar sehr gut« bemerkte sie. »Viel Platz für einen einzelnen Jungen«, fügte sie spöttisch hinzu.
    »Sie sagen es.« Der Mann lebte also tatsächlich allein hier, interessant, dachte sie. Und er schien einen ganz annehmbaren Geschmack zu haben.
    »Danke für das Kompliment«, sagte er, als er mit den Gläsern auf sie zutrat. Er überreichte ihr das kühle Getränk und prostete ihr mit verlegenem Lächeln zu: »Auf unsere erste stürmische Begegnung.« Ehe ihm bewusst wurde, dass ihm schon wieder ein Wort zuviel herausgerutscht war, antwortete sie lachend:
    »Hoffentlich habe ich Sie nicht allzu sehr schockiert.«
    »Nein, keineswegs, so was passiert mir jeden zweiten Tag«, grinste er mit rotem Kopf. Sie blickte ihn ernst an und sagte leise:
    »Im Ernst, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das Theater mitgespielt haben. Ich hoffe, dass ich den Stalker fürs Erste los bin.«
    »Das will ich ihm auch geraten haben. Trotzdem sollten Sie die Polizei einschalten, denke ich. Mit diesen Typen ist nicht zu spaßen.« Sie rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf.
    »Ich hab's natürlich gemeldet. Die netten Beamten haben alles brav notiert, und das war's dann. Ohne unwiderlegbare Beweise und schriftliche Spuren ist gar nichts zu machen. Schließlich können sie keinen Bodyguard abstellen. Das verstehe ich sogar.« Er nickte nachdenklich, sagte jedoch nichts. Er fürchtete, dass ihn sein Beschützerinstinkt zu unvorsichtigen Bemerkungen verleiten könnte. »Ich sollte mich etwas frisch machen, darf ich...«
    »Klar, hinten rechts um die Ecke.«
    Als Julie wieder aus dem Badezimmer trat, stutzte sie. Erst jetzt bemerkte sie, was im Bilderrahmen auf dem schmalen Holzkommödchen neben der Tür steckte. Photos von Nick und einer unbekannten Schönen. Eines der Bilder zeigte die beiden eng umschlungen in die Kamera lächelnd. Es musste allerdings eine ältere Aufnahme sein. Nick sah darauf wesentlich jünger aus. Umso schlimmer, dachte sie. Er war also nicht solo, wie er behauptete, und das schon seit langer Zeit. Warum hatte er ihr die Beziehung verschwiegen? Sie hatte ihm vertraut, und jetzt war sie maßlos enttäuscht. Nachdenklich ging sie ins Wohnzimmer zurück.
    »Kann ich Ihnen noch was anbieten?«
    »Nein, danke. Ich sollte jetzt gehen. Rufen Sie bitte das Taxi«, antwortete sie beinahe schroff. Er erschrak. Hatte er etwas Falsches gesagt? Warum war sie plötzlich so abweisend? Sein Herz pochte wild. Er wollte nicht wahr haben, dass dies nur eine unbedeutende Episode bleiben sollte. Aber was konnte er tun? Er konnte und wollte sie nicht unter Druck setzen. Wenn sie gehen wollte, konnte nichts in seiner Welt sie daran hindern. Traurig griff er zum Telefon, wählte die Nummer der Taxizentrale, die er nur zu gut kannte und gab ihr den Hörer. Während der kurzen Zeit, bis das Taxi eintraf, versuchte er vergeblich, Sie aus der Reserve zu locken. Die Unterhaltung stockte. Die prickelnde Atmosphäre in seiner Loft war einer unerklärlichen Spannung gewichen. In ein paar Minuten würde sie dieses Haus wieder verlassen, und er würde sie verlieren. Verzweifelt suchte er nach einer Möglichkeit, irgendwie mit dieser wunderbaren Frau in Kontakt zu bleiben.
    »Ich hoffe wirklich, dass Sie jetzt nichts mehr zu befürchten haben«, sagte er hölzern, als sie sich verabschiedete. Im letzten Augenblick fiel ihm ein, was er noch tun konnte. »Warten Sie«, murmelte er hastig und kramte in seiner Hosentasche nach einer Visitenkarte. »Nehmen Sie meine Karte. Sie können mich jederzeit unter der Handynummer anrufen, wenn die Wespe wieder Probleme macht.« Sie lächelte nur müde, doch sie steckte die Karte ein.
    Als Nick das Taxi wegfahren sah, fühlte er sich hundeelend. Ärger, Wut und Verzweiflung schlugen ihm regelrecht auf den Magen. Schlapp goss er sich einen doppelten Whisky ein und nahm einen kräftigen Schluck. Nick, du bist und bleibst ein Depp, du hast es verbockt; sie ist weg, und das war's jetzt , dachte er aufgewühlt. Das Schlimmste war, dass er immer noch keine Ahnung hatte, wer sie war. Einzig der fehlende Ehering war ihm sofort aufgefallen. Seine letzte Hoffnung war, dass sie sich nochmals bei ihm meldete, oder dass er ihr

Weitere Kostenlose Bücher