Zehn zärtliche Kratzbürsten
erschien an der Eingangstür des Mus e ums ein Weihnachtsmann. Kirsti ging hin, um zu öffnen, und kehrte schreiend zurück. Als Rämekorpi daraufhin an die Tür trat, erkannte er in der Maske und dem Gewand des Weihnachtsmannes den irren Doktor Heikki Korkkalainen.
Rauno: Ich sollte dir zu Ehren des Weihnachtsfestes in die Fresse schlagen.
Heikki Korkkalainen lächelte verlegen. Er fand, dass Wei h nachtsmänner keine Faustkämpfe ausfechten sollten. Er sei nicht mit bösen Absichten gekommen, wolle nur seiner Exfrau, die er jahr e lang gequält habe, ein Weihnachtsgeschenk bringen. Er empfinde schon seit langem keine Eifersucht mehr, jedenfalls nicht im Hi n blick auf Rämekorpi.
Korkkalainen bekannte, dass er seit Herbst in psychiatrischer B e handlung in einer Klinik war. Aber da in den Nervenkliniken den Patienten kein Lohn, ja nicht einmal Tagegeld gezahlt wurde, war er gezwungen, Gelegenheitsarbeiten zu machen: hier und da wisse n schaftliche Übersetzungen, und jetzt zum Fest trat er als Wei h nachtsmann auf, da er gehört hatte, dass man in dem Job gut verdi e ne.
Korkkalainen erkundigte sich, ob Rauno bei vielen Adressen als Weihnachtsmann gebucht war. Der sagte ihm, dass er zehn Stellen aufsuchte, um Geschenke zu verteilen. Auf Heikkis Liste standen fünfzehn Adressen, und für den folgenden Tag erwartete er weit mehr. Dadurch besaß er so viel Geld, dass er es gewagt hatte, Kirsti ein kleines Geschenk zu kaufen.
Der unglückliche Doktor überreichte Rauno ein kleines Päckchen, das ein halbes Dutzend Strumpfhosen in Einheitsgröße enthielt. Er wusste nämlich noch, dass er in den stürmischen Jahren seiner Ehe Hunderte von Kirstis Strümpfen zerrissen hatte.
Wegen Kirsti war er nicht mehr eifersüchtig – er hatte eine neue Frau gefunden, es war die Therapeutin in der Klinik. Sie hatten vertrauensvolle und zum Teil auch leidenschaftliche Gespräche, die sie einmal in der Woche unter vier Augen führten.
Heikki: Nur scheint mir Leila nicht ganz treu zu sein, sie hat noch viele andere Vertraute, mit denen sie Kontakt hält und auch über intime Dinge spricht …
Rauno bemerkte, dass es sich um eine Therapeutin handele, solche Gespräche gehörten nun mal zu ihrer Arbeit.
Das gab Heikki zu, behauptete aber, dass zwischen ihm und Leila eine ganz besondere Beziehung bestand …, und trotzdem unterhielt sie noch andere Kontakte, leider.
Rauno Rämekorpi ging nach drinnen und brachte Kirsti das G e schenk ihres Exmannes. Als er wieder an die Tür kam, sah er, dass der unglückliche Weihnachtsmann die Mannerheimnintie en t langtrabte.
So schnöde mochte Rauno den irren Doktor denn doch nicht ve r lassen, ohne Abschied und tröstende Worte. Er rannte hinter Heikki Korkkalainen her. Der erschrak und nahm die Beine in die Hand, dachte, er sollte wieder Prügel beziehen, wie damals im Herbst. Und so sahen die Passanten einen spannenden Wettlauf, bei dem zwei Weihnachtsmänner durch Helsinkis Hauptstraße spurteten. Rauno holte Heikki Korkkalainen am Mannerheim-Denkmal ein, haute seinem Kollegen kameradschaftlich auf die Schulter und steckte ihm mehrere Hunderterscheine zu. Dann erzählte er ihm, dass sich Kirsti für das Geschenk bedankte, und er wünschte dem Mann frohe Wei h nachten.
Der Fernsehsender MTV und die Zeitung Helsingin Sanomat b e reiteten eine teure Weihnachtswerbung vor, die die Meinung der Kratzbürsten zum Ausdruck bringen sollte, das Ziel war Rache an dem lüsternen Bock und Weihnachtsmann. Von jeder der Damen stand ein hübsches Foto zur Verfügung, sowohl fürs Fernsehen als auch für die Zeitung.
Zum Abschluss des anstrengenden Tages sank Industrierat Rauno Rämekorpi ins duftende Stroh und zog die Museologin an sich. Routiniert die Hosenklappe auf und dann rein ins Vergnügen.
Sich im Stroh zu wälzen war vermutlich das größte Vergnügen vergangener Generationen gewesen: Die Halme knisterten spannend, ihr Duft war erregend. Das war echtes historisches Bauernleben, wie es der moderne Mensch im winterlichen Finnland höchst selten noch erlebt.
20 Ulla-Maija
Am Morgen des Heiligen Abend erwachten Kirsti und Rauno ausg e ruht und glücklich auf ihrer urfinnischen Strohschütte im Hauptsaal des Nationalmuseums. Oben an der Decke pflügte Joukahainen auf Akseli Gallen-Kallelas historischem Fresko das Schlangenfeld, und Väinämöinen kämpfte heftig gegen die Nordlandswirtin, aber das konnte der friedlichen Weihnachtsstimmung nichts anhaben. Die beiden waren an diesem Ort
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