Zehn zärtliche Kratzbürsten
Weihnachtskrippe der nordischen Ödmarkwälder installiert, nur das Christuskind und die Weisen aus dem Morgenland würden fehlen.
Die Brandschutzbehörde hatte sich dem Projekt lange widersetzt, das Stroh war angeblich ein Sicherheitsrisiko, und erst nach vielem Hin und Her hatte sie die Genehmigung erteilt. So konnte die Au s stellung erst im letzten Moment aufgebaut werden.
Das Stroh hatte Kirsti bei einem Bauern aus Siuntio bestellt, drei große Ballen, aber die waren erst heute gekommen und lagerten im Keller.
Kirsti Korkkalainen benötigte also dringend kräftige Männer zur Unterstützung beim Aufbau ihrer Weihnachtsausstellung. Für diese Arbeit eigneten sich Weihnachtsmann Rauno Rämekorpi und Wic h tel Seppo Sorjonen bestens. Sie rühmten ihre Kräfte und sagten, sie seien stark genug, eine ganze Wagenladung Stroh aus dem Keller in die Haupthalle zu tragen. Im Herbst hatte am selben Platz das Bald a chinbett Gustavs III gestanden, in dem Rauno und Kirsti eine unve r gessliche Nacht verbracht hatten. Das königliche Bett war konse r viert worden und prangte jetzt im neuen Bettenmuseum von Kataj a nokka, in den Speichern am Kanavaranta.
Der Transport des Strohs aus dem Keller in die Haupthalle des Museums kostete trotzdem enorm viel Arbeit. Die Ballen waren schwer, die beiden Männer hatten ihre liebe Not, sie in den Fahrstuhl und dann nach oben zu verfrachten, und als die Ballen von den Schnüren befreit wurden, verteilte sich die Spreu im ganzen Saal, sodass es länger als eine Stunde dauerte, die Spuren zu beseitigen . In aller Eile setzten die Helfer ein Dutzend traditioneller Weihnacht s gehänge zusammen, und dann dauerte es wieder seine Zeit, sie an Holzlatten zu befestigen. Kirsti brachte einen Saunakübel, einen Zuber, Bierkrüge und andere alte Gerätschaften. Zwischendurch machten sie eine Pause und gingen in die zweite Etage in den Saal, der der Unterdrückungsperiode gewidmet war, denn dort gab es einen Tisch und Stühle. Wichtel Sorjonen servierte auf dem Tisch der Jägeraktivisten einen marinierten Herings-Zwiebel-Salat. Zum Hinunterspülen schlürften sie aus einem gemeinsamen Bierkrug Lapin kulta, das Kirsti wegen der Authentizität für die Ausstellung besorgt hatte.
Rauno überreichte Kirsti sein Geschenk, das in Weihnachtspapier eingewickelt war: ein goldener Kalevalaschmuck, der einer steinzei t lichen Skulptur eines Elchkopfes nachgebildet war. Es war ein Anhänger von schlichter Schönheit, ein Gruß an die Neuzeit von dem alten Volk, das vor Tausenden von Jahren lebte und dessen Nachfa h ren hier ihr bescheidenes Weihnachten feierten.
Es war schon fast Nacht. Die drei saßen in dem dunklen Saal und starrten schweigend auf die Möbel und anderen Gegenstände aus dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Hart waren die Zeiten damals gewesen, als das große und mächtige Russland die westliche Provinz in die slawische Großfamilie zwang. Da hatte nicht mal die große Protestnote des finnischen Volkes geholfen, für die in kurzer Zeit hunderttausende Unterschriften gesammelt worden waren. Der Zar in seinem Hochmut hatte die Bittschrift nicht einmal entgege n genommen, hatte aber gnädig erklärt, dass er seinen Untertanen wegen dieser befremdlichen Aktion nicht zürne.
In urfinnischer Stimmung bei Zwiebelhering und Bier schauten sie schweigend auf Eetu Istos großes erschütterndes Gemälde, auf dem der zweiköpfige russische Adler der verschreckten finnischen Jungfrau das Gesetzbuch aus den bleichen Armen reißt. Hinter schwarzen Wolken schimmert fern am Horizont ein schmaler heller Streif als Zeichen für aufkeimende Hoffnung auf eine bessere Z u kunft. Kopien dieses Gemäldes fanden um die Jahrhundertwende ihren Weg in tausende finnischer Haushalte. So verteidigten in früheren Zeiten die Finnen ihr bisschen Selbständigkeit. Blut floss nicht, wohl aber Tränen.
Als der Hering verzehrt und das Bier ausgetrunken war, kehrten sie in den Saal zurück, um letzte Hand an die Weihnachtsaustellung zu legen. Sie fegten die Strohschnitzel aus dem Fahrstuhl und dem Keller, platzierten Strohsterne und Gehänge, hängten den umg e krempelten Pelz des Knutbockes an den Holzhaken.
Als alles fix und fertig war, erklärte Wichtel Sorjonen, er wolle es nun dem Weihnachtsmann und der Museologin überlassen, das Strohlager auszuprobieren, er selbst werde zur Nacht nach Hause und zu seiner Freundin Eeva fahren. Am Morgen wäre er dann wieder zur Stelle, um weiterzufahren.
Kaum war Sorjonen weg,
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