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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Du weißt doch genau, dass du in der Vergangenheit schon oft genug ohne meine tatkräftige Unterstützung total aufgeschmissen gewesen wärst.«
    »Na, nun übertreib mal nicht gleich.«
    »Ist aber doch wahr!«, empörte sich der Senior. Aber gleich darauf entspannten sich seine Gesichtszüge und er schob in versöhnlichem Ton nach: »Komm, Junior, ich biete dir einen fairen Deal an.« Er grinste über beide Backen. »Wie ein Ami wohl sagen würde.«
    »Ach, der gute, alte Hobbydetektiv wittert mal wieder eine Chance, leicht an Geld zu kommen«, gab sein jüngster Sohn schmunzelnd zurück.
    »Pass auf, wir wetten um 20 Euro«, fuhr Jacob fort. Er knetete voller Vorfreude die Hände. »Einverstanden?«
    »Eine Wette worauf, du alter Zocker?«
    »Ich wette, dass ich über Informationen zu deinem neuen Fall verfüge, von denen du bis jetzt noch nichts gehört hast.« Er stockte einen Augenblick und zog die Stirn in Falten. »Beziehungsweise, die du damit noch nicht in Verbindung gebracht hast. Und für diese läppischen 20 Euro teile ich sie dir sogar mit. Ist das kein Schnäppchenpreis?«
    »Doch, doch«, erwiderte Tannenberg schmunzelnd. Er nickte und klemmte die Hände unter die Achseln. »Gut, von mir aus. Da ich ja sowieso gleich verhungere, kann ich vorher auch noch 20 Euro verspielen. Also, was weiß der Sherlock Holmes aus der Beethovenstraße, was ich angeblich noch nicht weiß?«, fragte er, während er sich amüsiert zurücklehnte.
    Jacob zog theatralisch die grauen, buschigen Augenbrauen hoch und ließ sie oben verharren: »Hast du schon einmal etwas von einem Sniper gehört?«
    Da der Senior das englische Wort so aussprach, wie es geschrieben wird, verstand ihn sein Sohn zunächst nicht. »Nee, was’n das?«
    Betty, von Beruf Englischlehrerin, sah sich zum fachkompetenten Einschreiten genötigt. Sie sprach den Begriff betont korrekt aus und verkündete in bester Pädagogenmanier: »Sniper spricht man mit ›ei‹, mein lieber Jacob, wie Schnei-der, also: Snei-per.«
    Sie holte gerade tief Luft, um das Wort nun auch noch zu übersetzen, doch der Senior war schneller und fuhr ihr über den Mund. »Blas dich mal nicht so auf hier, du Pseudo-Engländerin, du Freizeit-Ami«, höhnte er. Zufrieden beobachtete er, wie sich Bettys Teint immer deutlicher ihrer Haarfarbe anglich. »Sniper leitet sich von ›snipe‹ her«, erläuterte Jacob seinem Sohn, wobei er trotzig seine Art der Aussprache beibehielt. »Und, weißt du, was eine ›snipe‹ ist?«
    »Nein, keine Ahnung«, erwiderte Tannenberg, der nur mühevoll seine Schadenfreude unterdrücken konnte.
    »Snipe ist das englische Wort für die Schnepfe.« Mit einem hämischen Seitenblick auf seine Schwiegertochter fügte er mit einem frechen Grinsen hinzu: »Also die tierische Schnepfe.«
    Wieder ließ er einen Augenblick verstreichen, erst dann vollendete er seinen kleinen Vortrag. »Und die ist ein scheuer und sehr gut getarnter Vogel. Deshalb bezeichnet man einen Präzisionsschützen, der in der Lage ist, dieses schwer zu erlegende Federvieh sicher zu treffen, als Sniper.«
    »Und du meinst, ein Sniper könnte hinter diesem Anschlag stecken?«, fragte sein Sohn.
    »Ja, ganz bestimmt, mein Junge.«
    Tannenberg schürzte die Lippen. »Aber das ist doch nichts Neues, Vater. Es ist doch sonnenklar, dass ein ausgebildeter Scharfschütze das Attentat verübt haben muss. Wer denn sonst? Auf diese Idee sind sogar wir schon gekommen. Außerdem benötigt man dazu ein Spezialgewehr, das man nicht in irgendeinem Spielwarengeschäft kaufen kann.«
    »Und wenn dieser Sniper ein Jäger ist? Hast du daran auch schon gedacht?«
    »Sicher. Auch das ist eine Möglichkeit.«
    »Hmh«, brummte der Senior. »Wenn du bereits alles weißt, dann weißt du ja auch sicher, was die Beltway Sniper Attacks waren.«
    »Die was?«
    Während Jacob die drei Worte in seiner eigenwilligen Aussprache wiederholte, räusperte sich Tannenberg verlegen. »Da hast du mich wohl gerade auf dem falschen Fuß erwischt«, gestand er. Mit einem sehnsüchtigen Blick betrachtete er die nach wie vor unangetasteten Leckereien auf dem Tisch. Erneut lief ihm das Wasser im Munde zusammen. »Vor lauter Hunger bin ich nämlich derzeit so geschwächt, dass mein Gedächtnis ein regelrechtes Sieb ist.«
    »Na, für deine 20 Euro helfe ich dir doch gerne auf die Sprünge«, meinte Jacob mit einem triumphalen Lächeln auf den Lippen. »Dann hör mal gut zu, was dein alter Vater so alles weiß: Im Oktober des Jahres 2002

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