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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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gelesen«, zischte Jacob. »Was es heutzutage alles gibt.« Er schüttelte den Kopf und grunzte wie der alte Keiler im Kaiserslauterer Wildpark. »Die Welt wird immer verrückter.«
    Heiner warf sich in Pose, räusperte sich ausgiebig und gab anschließend sein erst vor ein paar Minuten vollendetes Gedicht zum Besten:
     
    Massenmörder
     
    Die Krötendamen, dick und fett,
    Sind eigentlich ganz lieb und nett.
    Beim Wandern ohne Scheu vor jeder Qual,
    Tragen manchmal gar sieben an der Zahl
    Dieser stinkefaulen Kröterichen,
    Die am liebsten nie vom Rücken wichen.
     
    Befreit von allen Sorgen,
    Kriechen sie am frühen Morgen,
    Frohgemut zu flachen Teichen,
    Wollen gleich am ersten Tümpel laichen.
     
    Doch, oh Schreck, oh Graus,
    Es naht, gleichfalls vom Wandertrieb beseelt,
    Die Waden eisenhart gestählt,
    Der Mensch – ein donnernder Applaus!
     
    Aber es sind nicht diese netten Leute,
    Die Tunnel bauen, Eimer tragen
    Und sich in die Sümpfe wagen.
    Nein, die gehör’n zu einer andern Meute.
     
    Es sind auch keine Krötenstalker,
    Schlimmer noch: es sind Nordic-Walker!
     
    Im Gleichschritt stockbewehrt,
    Trampeln daher die Krötenmörder,
    Palavern unendlich viele Wörter
    Und spießen auf, was sich nicht wehrt.
     
    Gemeuchelt unter dicken Eichen,
    Von rücksichtslosen Menschenherden.
    Dabei wollten sie doch nichts als laichen -
    Aber niemals selber welche werden.
     
    Dankbar nahm Heiner den spärlichen Applaus seiner hungrigen Familie entgegen, dann setzte er sich ebenfalls an den Küchentisch. Während sich Tannenberg als Erster den Teller volllud, beschäftigte sich sein Vater gedanklich noch eine Weile mit dem Gedicht.
    »Diese Nordic-Walker sind wirklich komische Vögel«, posaunte er lauthals. Er lachte kehlig auf. »Das muss man sich mal vorstellen: Da stapfen Horden erwachsener Menschen im Hochsommer mit Skistöcken durch den Wald und spießen dabei Frösche auf. So was hätte es früher nicht gegeben.«
    Jacob seufzte tief. »Ja, ja, die gute alte Zeit. Da waren die Schutzleute und die Polizeiautos wenigstens noch grün und nicht blau. Blau – das ist doch die Farbe der Heilsarmee. Wer soll denn vor denen noch Respekt haben? So ein Blödsinn!«, ereiferte er sich weiter. Seine schwere Männerfaust donnerte auf die Tischplatte herab.
    Margot bedachte ihn umgehend mit einem tadelnden Blick, doch Jacob ließ sich davon nicht im Geringsten bremsen. »Wahrscheinlich lassen diese neumodischen Ministerialkasper demnächst auch noch die Feuerwehrautos rosa umspritzen. Diese Bürokratenärsche geben so lange keine Ruhe, bis sie alle unsere schönen Werte und Traditionen kaputt gemacht haben.«
    Betty, die noch ein Hühnchen mit ihrem Schwiegervater zu rupfen hatte, packte die sich bietende Gelegenheit beim Schopfe: »Du immer mit deiner ewigen Leier von der guten alten Zeit«, höhnte sie. »Da war auch nicht alles so, wie du es mit deinem albernen Nostalgie-Fimmel immer idealisierst.«
    »Alles bestimmt nicht, aber vieles war bedeutend besser«, konterte der Senior. »Zum Beispiel gab’s früher keine Söldner im Fußball. Die waren fast alle hier aus der Gegend. Und wenn einer der FCK-Spieler samstags schlecht gespielt hatte, bekam er montags entweder in der Stadt oder an seinem Arbeitsplatz anständig die Leviten gelesen. Die haben damals nämlich neben dem Fußballspielen auch noch arbeiten gehen müssen, mein liebes Mädchen.« Jacob war voll in Fahrt.
    »Nicht wie heute, wo die von überall her in die Pfalz kommen, mit dicken Autos rumfahren und auf dem Fußballplatz keine Leistung bringen. Denen ist doch der Verein und die Region völlig egal. Von denen kann man sich noch nicht einmal die Namen merken, so schnell sind die wieder weg. Und wir sitzen dann auf den Schulden rum, die uns diese elenden Faulenzer hinterlassen haben.«
    Jacobs Blick verklärte sich zusehends. »Früher waren das noch ganz andere Kerle, zum Beispiel Fritz Walter und die anderen Kaiserslauterer Weltmeister. Oder so einer wie der Briegel, die Walz aus der Pfalz. Der Hans-Peter Briegel war bodenständig und hat gekämpft bis zum Umfallen. Vor seiner Fußballkarriere war er nämlich ein sehr guter Zehnkämpfer.« Er wandte sich an seinen jüngsten Sohn: »Hast du das gewusst, Junior?«
    »Ja«, gab Wolfram Tannenberg kurz angebunden zurück.
    Der Alte war noch nicht fertig mit seinen nostalgischen Vergleichen: »Zum Beispiel kam früher einmal am Tag die Post. Und zwar ziemlich genau um dieselbe Uhrzeit. Und nicht wie heute

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