Zehnmall Männerliebe
leider auch sehr echt und Bronski hatte Mühe, sein Unwohlsein zu verbergen. Jorge grinste und hieb ihm mit dem Ellbogen in die Rippen.
„Du ... zu weich“, murmelte er und warf die Eingeweide in einen Eimer.
Bronski begriff erst nach Minuten, dass Jorge nicht seinen Speckgürtel, sondern sein Gemüt meinte. Daraufhin musste er lachen und der Bann war gebrochen.
Sie saßen im Sand, aßen den Fisch, tranken abgekochtes Leitungswasser und radebrechten, was das Zeug hielt. Die Sterne glitzerten und Bronski hatte sich noch nie so wohl gefühlt. Jorge erzählte von dem Glaubenszwang, der auf der Insel herrschte, seinem Unmut, weil er eben Männer lieber als Frauen mochte und dem Druck, der auf ihm lastete.
Irgendwann fanden sich ihre Hände und Jorges Finger krallten sich in Bronskis. Er seufzte und wandte ihm das Gesicht zu.
„Du gut ... anders ... i love to talk with you.“
„Ich mag das auch“, flüsterte Bronski und er war noch nie in seinem Leben so ehrlich und zufrieden gewesen.
Später gingen sie vom Strand zurück zur Hütte und wieder bot sich Jorge an, doch Bronski schüttelte den Kopf.
„Jorge“, sagte er und trotz seiner Erregung hielt er sich zurück, „you are ... verdammt ... du bist mehr als ein Stück Fleisch. Ich mag dich und hab keine Ahnung, ob du mich verstehst, aber ich ... ich ... ich …“, er schluckte, „… das war ein schöner Abend. Lass es uns nicht vergeigen, okay?“
„Ver-gei-gen?“, fragte Jorge und guckte verwirrt.
„Ich mag dich“, sagte Bronski und lächelte den Fischer an. „Ich mag dich sehr. Ich will, dass dieser Abend schön endet. Auch für dich.“
Jorge starrte, überlegte, dann schob er sich die Hose von den schmalen Hüften.
„I understand. Du ... ich. Schön.“, sagte er und packte Bronski im Nacken.
Am nächsten Morgen wurde Bronski früh wach. Er stierte eine Weile an die Decke, wandte dann seine Aufmerksamkeit Jorge zu und das Gefühl, das dabei in seinem Magen ziepte, war eindeutig Verliebtheit. Nun war Bronski keine sechzehn mehr, weshalb er die Zähne zusammenbiss, seine Klamotten überstreifte, alle Geldscheine aus seiner Börse nahm, sie neben Jorge auf das Kopfkissen legte und leise die Hütte verließ.
Am Hafen wurde er von einem Polizisten aufgegriffen und zu dem Schiff geleitet, das ihn zurück zu seiner Frau bringen würde. Es erschien Bronski, als wäre es der Gang zum Schafott und jeder Meter, den er zwischen sich und Jorge brachte, schmerzte.
Ilse war ganz aus dem Häuschen, als sie ihren Gatten wieder in die Arme schließen konnte. An ihren feisten Busen gedrückt, dachte Bronski an Jorge. Er erklärte, dass er sich verirrt hätte und irgendwann am Strand eingeschlafen sei, und sie gab sich damit zufrieden.
Nach einer Woche waren sie zurück in Deutschland und Bronski ging wieder zur Arbeit, doch er fühlte sich, als wäre er ein anderer Mensch. Die Tage dehnten sich und ständig dachte er an Jorge. Inzwischen hatte er sich alle Informationen, die es über die Malediven gab, beschafft und immer wieder glotzte er Fotos an und die Sehnsucht fraß ihn fast auf.
Doch mit der Zeit wurde die Erinnerung blasser und er konnte mit seinem Zustand besser umgehen. Vielleicht hätte er wirklich bis zur Rente, sogar bis zu seinem Tode so weitergemacht wie bisher, wenn er nicht eines Tages Ilse leblos auf dem Küchenfußboden gefunden hätte.
Der Notarzt konnte nur noch ihren Tod feststellen, sprach Bronski sein Beileid aus und ein Bestatter kam, um den Leichnam fortzuschaffen. Ein wenig leid tat Ilses plötzliches Ableben Bronski schon, schließlich waren sie lange verheiratet gewesen und hatten sich sogar mal ganz gern gemocht. Doch es überwog das Gefühl, eine Last losgeworden zu sein. Noch am selben Abend machte er Pläne und seine Freiheit beflügelte ihn so sehr, dass er aufblühte.
Vier Wochen später saß er im Flugzeug und schwankte zwischen Freude und Angst. Würde er Jorge wiederfinden? Wie würde dieser reagieren? Der Fischer hatte Bronski erzählt, dass er gerne woanders leben würde, in einem Land, in dem seine Neigung respektiert oder zumindest toleriert wird. War das alles nur ein Lippenbekenntnis oder entsprach es Jorges wirklichem Wunsch?
Als die Inseln in Sicht kamen, knotete sich Bronskis Magen vor Erwartung zusammen. Vier Monate war es her, seit er Jorge getroffen hatte, doch es erschien ihm, als sei es gestern gewesen. Er hatte noch ganz genau das freundliche Gesicht des Mannes vor Augen
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