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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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gegenüber des Eingangs war ein verschmutztes Fenster, rechts zog sich ein schiefes Regal über eine Wand, darunter stand ein Tisch mit weißer Kunststoffplatte, darauf eine halbleere Mineralwasserflasche. Daneben lag eine Packung Halspastillen. Über einem Holzstuhl, der schon beim Hinsehen wackelte, hing Assmanns Jackett. Ein dreitüriger, deckenhoher Schrank nahm die gegenüberliegende Wandseite ein. Alles wirkte schäbig und alt, und der Geruch war nicht besser als der eines Wäschekorbes mit gebrauchten Hemden und Hosen.
    Assmann sank auf den Stuhl. Er knarrte. Der Mann roch nach Schweiß, und sein Gesicht glänzte im Licht einer Neonröhre.
    Ehrlinspiel trat ans Fenster. Links lag das rote Sandsteingebäude der Philosophischen Fakultät der Universität, das jetzt, um fast halb neun Uhr, so grau aussah wie die drei Betonpfeiler und das Gerippe des Krans, die vor ihm emporragten. Er lehnte sich gegen das Fensterbrett.
    Freitag baute sich vor Assmann auf. »Frau Berger ist eine wichtige Kollegin, nicht wahr? Wir haben uns gut unterhalten.«
    Günther Assmann trank einen großen Schluck Wasser und wischte sich mit dem Rüschenärmel über den Mund. »Sie ist die Chefdramaturgin. Natürlich ist sie wichtig.«
    »Sie protegiert Sie.«
    Assmann knallte die Flasche auf den Tisch, dass Wasser herausspritzte. »Was, bitte, wollen Sie von mir? Was hat Frau Berger mit meinen … mit Marius und Rebecca zu tun?«
    »Sie waren gut befreundet.«
    »Zum Teufel!«
    »Lene, Edith, ihr Ehemann Uwe und Sie waren unzertrennlich. Zwei Paare. Sie haben zusammengehalten wie Mephistos Pech und Schwefel. Sie haben sogar eine Doppelhochzeit gefeiert.«
    »Und?«
    Freitag legte einen Finger auf die Unterlippe. »Genau das frage ich mich auch. Ihre Freundschaft ist nach dem Verschwinden Ihrer ersten Tochter zerbrochen. Warum?«
    »Freunde wechseln.«
    Freitag schob die Hände in die Hosentaschen. »Kennt Frau Berger Ihre Kinder?«
    »Natürlich.«
    »Und sie kannte Annika.«
    »Sie glauben, dass Edith etwas damit zu tun hat? Vergessen Sie’s.« Er stand auf und öffnete den Schrank. »Wenn Sie entschuldigen, ich möchte mich jetzt umziehen.«
    »Frau Berger hat Ihnen nach Annikas Verschwinden sehr geholfen.«
    Er nahm Hose und Pullover aus dem Schrank. »Ist das verboten?«
    »Welcher Art war diese Hilfe?«
    »Gespräche.« Er zog den Umhang aus und warf ihn achtlos auf den Tisch. »Und wenn Sie es genau wissen wollen: Edith war der einzige Mensch der Welt, der immer zu uns gehalten hat.«
    Freitag wiegte den Kopf. »Zu
Ihnen.
«
    »Ja, zu
mir.
« Er fuhr herum. »Hat sie Ihnen auch gesagt, dass sie mir die Rolle verschafft hat? Ja? Stimmt.« Er riss ein Papiertaschentuch aus einer Pappschachtel und rieb sich mit ruckartigen Bewegungen über das Gesicht. Schwarze Streifen verschmierten seine Wangen. »Es war ein … Freundschaftsdienst. Und jetzt gehen Sie. Mehr gibt es nicht zu sagen.«
    Ehrlinspiel atmete tief durch. »Wenn Sie sich da nicht täuschen. Bitte, Herr Assmann, wenn Sie nur
einen
Funken Mitgefühl haben, dann helfen Sie uns.« Als Assmann nicht reagierte, sagte der Hauptkommissar: »Vielleicht unterhalten wir uns ja besser in der Polizeidirektion. Wer weiß, ob Ihnen dort doch noch einfällt, was Verantwortung bedeutet. Und dort können wir auch wunderbar besprechen, was Sie morgen Abend auf den Brettern zum Besten geben, die anscheinend die einzige Welt für Sie bedeuten.«
    »Ganz recht. Bretter, die
meine
Welt bedeuten«, zischte Assmann.
    »Bretter, die das Leben zweier Kinder bedeuten.
Ihrer
Kinder. Biologisch oder nicht.«
    Assmann rieb sich weiter über das Gesicht, auf und ab, immer schneller, als könne er die Worte des Kommissars damit abwaschen.
    »Sie haben die beiden als Baby im Arm gehalten«, sagte Freitag. »Sie haben sie abends zugedeckt, ihnen vielleicht Geschichten vorgelesen oder ein Kinderlied gesungen. Sie waren an ihrem ersten Schultag genauso aufgeregt wie Marius und Rebecca selbst, haben die Schultüte mit Schokolade, Buntstiften, vielleicht einer Hör-CD und all den Dingen gefüllt, mit denen Sie Ihren Kindern Gutes tun wollten. Sie haben darauf geachtet, dass Rebecca nichts geschieht. Sie haben sie ins Krankenhaus gebracht, als sie zu Beginn ihrer Krankheit immer schwächer wurde, müde, als sie fast das Bewusstsein verlor und Tag und Nacht trinken wollte.«
    Ehrlinspiel hoffte, dass Freitag recht hatte und Assmann von seinen Worten berührt wurde.
    »Sie haben die beiden großgezogen. So wie ich

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